Ilium
steckte und kaute. Er übergab sich nicht. Das Fleisch schmeckte wie salziger, fischiger Schleim, fand er. Sein Magen verkrampfte sich vor Hunger nach mehr.
Harman gab ihm die Taschenlampe. »Leg dich an den Rand des Flusses. Das Licht zieht die Echsen an.«
Und Caliban auch?, dachte Daeman, aber er legte sich am Rand des Wassers auf den Bauch, leuchtete mit der Lampe in der linken Hand in den tiefen Teich und machte sich bereit, nach den weißen, schwimmenden Echsen zu greifen, wenn sie sich näher heranschlängelten.
»Wir werden noch genauso wie Caliban«, murmelte Daeman. Er hörte, wie Harman in der Dunkelheit hinter ihm Fleisch abriss und kaute.
»Nein«, sagte Harman zwischen zwei Bissen. »Werden wir nicht.«
Zwei Wochen später kamen sie aus den Höhlen heraus, zwei blasse, bärtige, ausgemergelte Männer mit großen, fiebrigen Augen. Sie schwammen durchs richtige Rohr nach oben, durchbrachen die Eisschicht auf dem Teich und schwebten in die relative Helligkeit der gläsernen Stadt.
Seltsamerweise war es Daeman gewesen, der darauf bestanden hatte, dass sie nach oben gingen.
»Hier unten können wir uns leichter gegen Caliban verteidigen«, argumentierte Harman. Er hatte aus einem Teil von Savis Rucksack eine Art Halfter gebastelt, in dem die Waffe steckte. Sie schliefen abwechselnd an der einen oder anderen Höhlenwand; während der eine schlief, wachte der andere mit der Taschenlampe und der Waffe.
»Das spielt keine Rolle«, sagte Daeman. »Wir müssen von diesem Felsbrocken herunterkommen.«
»Vielleicht stirbt Caliban an seinen Wunden.«
»Vielleicht erholt er sich auch gerade von ihnen.« Jetzt, wo Daeman nicht mehr so pummelig war und beiden Bärte gewachsen waren, sahen sie sich ähnlicher. Daemans Bart war ein bisschen voller und dunkler als der von Harman. »Es spielt keine Rolle«, wiederholte er. »Wir müssen hier irgendwie wegkommen.«
»Ich kann nicht in die Klinik zurück«, sagte Harman.
»Vermutlich bleibt uns nichts anderes übrig. Dort sind möglicherweise die einzigen Faxportale im Orbitalring.«
»Ist mir egal«, erwiderte Harman. »Ich setze keinen Fuß mehr in dieses Schlachthaus. Außerdem sind diese Faxportale für Körper gedacht, die heraufgeschickt und nach ihrer Reperatur wieder hinuntergeschickt werden. Die Knoten sind bestimmt auf diese Leute codiert.«
»Wenn es sein muss, ändern wir die Codes«, sagte Daeman.
»Wie?«
»Keine Ahnung. Wir sehen zu, wie die Servitoren Leute runterfaxen, und machen es ihnen nach.«
»Savi hat bezweifelt, dass unsere Codes noch faxbar sind«, meinte Harman.
»Aber sie wusste es nicht genau. Sie war schon seit über einem Jahrtausend nicht mehr in der Faxschleife. Zumindest müssen wir jedoch den Rest der Nachmenschenstadt dort oben erkunden.«
»Warum?«, fragte Harman. Der ältere Mann schlief weitaus schlechter als Daeman, und seine Moral war im Schwinden begriffen.
»Irgendwo könnte ein Raumschiff versteckt sein«, sagte Daeman.
Harman begann zu lachen, zuerst leise, aber dann so heftig, dass ihm die Tränen kamen. Daeman musste ihn in den Oberarm kneifen, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Komm«, sagte er. »Wir wissen, welches Rohr in die Stadt hinauffuhrt. Folge mir. Wenn nötig, schieße ich uns den Weg durch das Eis an der Oberfläche frei.«
Im Verlauf der nächsten zwei Wochen erkundeten sie die restliche Stadt. Sie fanden Kabäuschen und kleine Räume, in denen sie schlafen konnten. Einer hielt immer Wache, während der andere schief. Daeman träumte jedes Mal, dass er fiele; dann erwachte er abrupt, und seine Arme und Beine kämpften gegen die Schwerelosigkeit. Er wusste, dass Harman die gleichen Träume hatte, weil seine Schlafphasen noch kürzer waren, bevor er nach Luft schnappend und um sich schlagend aufwachte.
Nirgendwo in der gläsernen Stadt gab es noch Leben, aber die Türme auf der anderen Seite des kilometerlangen Felsbrockens waren kunstvoller ausgeführt und verfügten über mehr Terrassen und abgeschlossene Räume. Überall schwebten die mumifizierten, halb aufgefressenen Überreste der Nachmenschenfrauen. Die beiden Männer hatten permanent Hunger, obwohl Savis Rucksack mit abgehäuteten und zerteilten Wasserechsen gefüllt war, und manchmal knurrte Daeman der Magen beim Anblick einiger solcher fleischigen, mumifizierten Überreste. Sie wussten jedoch, dass es der Durst war, der sie etwa alle drei Tage zu einem der gefrorenen Teiche zurücktreiben würde.
Obwohl sie jedes
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