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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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unsere Herzen in grenzenlosem Zorn und bodenlosem Kummer verbunden«, sagt Hektor. »Du trauerst um Patroklos, ich um meinen Sohn. Derzeit sind wir Brüder in unserer Wut, aber drei Stunden reichen, um selbst die Feuer der gemeinsamen Sache abzukühlen. Und du hast den fähigsten Taktiker der Welt bei dir – Odysseus, dessen Geschick und Schläue alle Trojaner fürchten. Woher soll ich wissen, ob der Laertessohn dir nicht zum Verrat rät?«
    Achilles schüttelt ungeduldig den Kopf. »Dann in zwei Stunden. Ich bringe meine vertrauenswürdigsten Generäle mit. Und alle Achäer, die mir heute nicht in den Krieg gegen die Götter folgen wollen, werden bis zum Einbruch der Nacht Schatten im Hades sein.«
    Er wendet sich von Hektor ab und packt meinen Unterarm so fest, dass ich beinahe aufgeschrien hätte. »Bring mich in mein Lager, Hockenberry.«
    Ich taste nach dem QT-Medaillon.
     
    Der Wind hat das schwebende Orphu-Ding einen halben Kilometer über den Strand und zwischen zwei langen schwarzen Achäerschiffen in die Brandung geweht, und ich muss Achilles und seine Hauptleute allein lassen, um das Gerät zurückzuholen. Dank des Schwebegeschirrs gibt es keine Reibung, und ich borge mir ein Seil von den zuschauenden Griechen, schlinge es um einen der Schwebegurte und ziehe den mit Rissen und Kratern übersäten Rumpf unter den Augen der Helden der Ilias aus dem Wasser und auf den Strand zurück.
    Im Lager der Achäer hat es offensichtlich heftige Auseinandersetzungen gegeben. Diomedes erzählt Achilles, dass die Hälfte der Männer ihre Schiffe bereit macht, um in See zu stechen, während die andere Hälfte sich auf den Tod vorbereitet. Der Gedanke, sich den Göttern zu widersetzen – geschweige denn, sie anzugreifen – ist für all diese Männer, die die Götter in Aktion erlebt haben, nicht nur Wahnsinn, sondern Blasphemie. Selbst Diomedes ist kurz davor, Achilles bei dieser Beratung zu trotzen.
    Achilles spricht mit der hervorragenden Redekunst, für die er berühmt ist. Er erinnerte sie an seinen Zweikampf mit Agamemnon und Menelaos und ruft ihnen ins Gedächtnis, dass er das rechtmäßige Kommando über die achäischen Truppen übernommen hat. Er erinnert sie an die Ermordung von Patroklos. Er rühmt ihren Mut und ihre Loyalität. Er erzählt ihnen, dass die Beute, die sie in Ilium erwartet, nichts ist im Vergleich zu den Reichtümern, die sie finden werden, wenn sie den Olymp plündern. Er erinnert sie daran, dass er jeden von ihnen töten kann und wird, wenn sie sich weigern. Alles in allem ist es eine überzeugende Rede, aber keine erfreuliche Besprechung.
    Die ganze Sache ist völlig verkorkst. Meinem Plan zufolge hätten die Helden den Göttern trotzen und den Krieg beenden sollen. Dann wären die Achäer heimgefahren, und die Trojaner hätten ihr früheres Leben wieder aufgenommen und die großen Tore ihrer ummauerten Stadt wieder für Reisende und Kaufleute geöffnet. Ich hatte mir eine Stadt des Friedens wie auf Achilles’ Schild vorgestellt. Und ich hatte gedacht – gehofft –, dass Achilles und Hektor sich demütig zum Wohle des größeren Ganzen opfern würden, statt Zehn- oder Hunderttausende andere für ihren Kampf zu rekrutieren.
    Und selbst mein Plan, Hektor und Achilles für ihre tödliche Aristie zum Olymp zu schaffen, ist zum Scheitern verurteilt. Ich hatte vorgehabt, die beiden Recken einen nach dem anderen dorthin zu bringen, ohne dass die Götter etwas von der Gefahr bemerken würden, bis sie wie ein griechisch-trojanisches Gewitter auf sie herabkäme. Aber der Angriff auf Apollo und Athene in Skamandrios’ Zimmer hat uns sogar dieses kleine Überraschungsmoment genommen.
    Also, was nun?
    Ich schaue auf meine Uhr. Ich hatte dem kleinen Roboter versprochen, ihn zu holen. Aber die große Halle der Götter und der ganze Olymp müssen jetzt ein Hornissennest sein. Die Chancen, dass ich unbemerkt hin- und wieder wegteleportieren kann, scheinen mir gegen Null zu tendieren. Was werden Hektor und Achilles tun, wenn ich nicht mehr zurückkomme?
    Das ist ihr Problem. Ich lange nach oben, um mir den Hades-Helm aufzusetzen, aber dann fällt mir ein, dass ich ihn Mahnmut geliehen habe. Seufzend stelle ich mir die Koordinaten für die Westseite des Caldera-Sees auf dem olympischen Gipfel vor und qte fort.
    Der Olymp ist ein Hornissennest. Am Himmel wimmelt es von Streitwagen, die über dem See hin und her sausen. Ich sehe Dutzende von Göttern am Ufer stehen, einige deuten auf etwas, andere feuern

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