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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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er hektisch versuchte, sich das Bild ins Gedächtnis zu rufen, wie Savi das Sonie flog und die Kontrollen aktivierte. Es wollte sich nicht einstellen.
    Beruhige dich. Ganz ruhig. Ganz ruhig. Es war seine Stimme, aber auch wieder nicht – eine ältere Stimme, gelassen, belustigt. Immer mit der Ruhe.
    Es funktionierte. Zuerst bremste er seine Atmung auf ein vernünftiges Tempo, dann zwang er sein Herz, langsamer zu schlagen, und schließlich konzentrierte er sich auf das vor ihm liegende Problem.
    Hat sie nicht irgendeinen akustischen Befehl verwendet? Das würde hier im Weltraum nicht funktionieren. Keine Luft, kein Ton – das hatte Savi ihnen erklärt. Oder vielleicht Harman. Daeman hatte in diesen Tagen von allen gelernt. Wie dann? Er zwang sich, sich noch mehr zu entspannen, schloss die Augen und versuchte, sich das Bild ins Gedächtnis zu rufen, wie Savi sie alle in jener Nacht vom Eisberg weggeflogen hatte.
    Sie hat über diese flache Verkleidung in der Nähe des Handgriffs gestrichen, um das Ding zu aktivieren.
    Daeman ahmte die Bewegung mit der linken Hand nach. Ein virtuelles Bedienungsfeld leuchtete auf. Mit den Fingern der linken Hand – nur diese konnte er bewegen – gab Daeman in dem vielfarbigen virtuellen Bedienungsfeld mehrere Befehlssequenzen ein; wenn er sich genauer erinnern musste, schloss er die Augen. Das Kraftfeld schaltete sich ein und drückte ihn in die Polsterung. Gleich darauf erschreckte ihn ein Rauschen, sodass er aufblickte, aber es war nur die Luft, die in den gesicherten Raum strömte, genau wie er es mit seinen Fingern befohlen hatte. Mit der Luft kam eine Stimme: »Manuell oder Autopilot?«
    Daeman zog seine Osmosemaske ein Stück hoch. Ihm kamen beinahe die Tränen, als er die erste frische Luft seit einem Monat atmete. »Manuell«, sagte er.
    Der Steuerknüppel erschien an seinem Platz, umgeben von einer virtuellen Aura. In Daemans linker Hand fühlte er sich massiv an.
    Daeman stieg mit dem Sonie drei Meter über die Metallterrasse, ohne an die Befestigungen zu denken, bis er sah, wie die elastischen Bänder sich losrissen und ins All flogen. Er drehte den Knüppel, gab Schub auf die Hecktriebwerke, kam vom Kurs ab und richtete die Maschine rasch wieder aus, bevor er ins Metall statt ins Fenster krachte. Er traf das halb durchlässige Quadrat mit fünfzig bis sechzig Stundenkilometern.
    Caliban wartete auf dem Sims im Innern. Das Ungeheuer sprang nach Daemans Kopf. Seine Flugbahn war perfekt, aber es prallte von dem eingeschalteten Kraftfeld ab und purzelte in die Leere im Zentrum des Turms.
    Daeman beschrieb einen weiten Bogen, gewöhnte sich an die Steuerung und drehte den Steuerknüppel, um mehr Schub zu geben. Das Sonie kam mit hundert bis hundertzwanzig Stundenkilometern auf Caliban zu, als dieser aufblickte. Die blutenden Augen des Monsters wurden groß, und der Bug des Sonies pflügte in seine Körpermitte und schleuderte es quer durch den offenen Turmraum, sodass es auf der anderen Seite in Träger und Glas krachte.
    Daeman wäre liebend gern hier geblieben und hätte mit der Bestie gespielt – das Bedürfnis war quälender als der kreischende Schmerz in seinem rechten Arm –, aber unten starben seine Freunde. Er legte das Sonie in die Kurve und tauchte senkrecht zum über neunzig Stockwerke tiefer liegenden Boden der Stadt hinab.
    Er hätte die Maschine fast nicht mehr rechtzeitig hochgezogen – das Sonie streifte den Rasen, schnitt durch Tang und schleuderte totes Gras in die Luft –, aber dann gelang es Daeman, sie auf eine ebene Flugbahn zu bringen und die Geschwindkeit ein wenig zu drosseln. Für die zwanzigminütige Schwimmstrecke von der Klinik zum Turm brauchte er auf dem Rückflug drei Minuten.
    Der Wandzugang war nicht breit genug für das Sonie. Daeman setzte mit der schwebenden Maschine ein Stück zurück, gab mehr Schub und machte den halb durchlässigen Eingang dauerhaft durchlässig. Glasscherben, Metallstücke und Kunststoffteile folgten dem Sonie, als Daeman zwischen dunklen, leeren Genesungstanks hindurchflog. Er zuckte zusammen, als er in einigen dieser Tanks die toten weißen Körper jener Menschen sah, die sie nicht rechtzeitig hatten retten können. Dann stoppte er das Sonie, schaltete das Kraftfeld ab und sprang neben zwei weiteren Körpern auf den Boden.
    Harman hatte Hannah in den letzten Minuten die blaue Thermohaut gelassen und nur die Osmosemaske behalten. Im reflektierten Licht der Sonie-Scheinwerfer sah der nackte Körper des Mannes arg

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