Illuminati
schwerste.«
Langdon trat einen unsicheren Schritt vor. Der Untergrund war wirklich glitschig. Der Assassine wirkte gelassen, wie er dort mit erhobenen Händen auf der Ladefläche des Lieferwagens kauerte. Langdon zielte auf seine Brust und fragte sich einmal mehr, ob er nicht einfach schießen und der Sache ein Ende bereiten sollte. Nein. Er weiß, wo Vittoria steckt. Und er weiß, wo die Antimaterie zu finden ist. Ich brauche Informationen!
Aus der Dunkelheit des Lieferwagens starrte der Hashishin sein Gegenüber an und empfand Erheiterung und Mitleid. Der Amerikaner war mutig, das hatte er bewiesen. Doch er war nicht trainiert, das hatte er ebenfalls bewiesen. Mut ohne Erfahrung war Selbstmord. Es gab Regeln für das Überleben. Uralte Regeln. Und der Amerikaner brach jede einzelne.
Du hattest den Vorteil auf deiner Seite, das Überraschungsmoment, aber du hast es vermasselt.
Der Amerikaner war unschlüssig. Wahrscheinlich hoffte er auf Verstärkung… oder auf einen Versprecher seitens des Hashishin, der wichtige Informationen enthüllen würde.
Verhöre deinen Gegner niemals, bevor du ihn unschädlich gemacht hast. Ein in die Ecke gedrängter Feind ist ein tödlicher Feind.
Der Amerikaner redete schon wieder. Plänkelte. Manövrierte.
Fast hätte der Hashishin laut aufgelacht. Das hier ist keiner von deinen Hollywoodfilmen… hier gibt es keine lange Diskussion hinter vorgehaltener Waffe, bevor der letzte Vorhang fällt. Das ist das Ende. Jetzt!
Ohne den Blickkontakt zu dem Amerikaner zu unterbrechen, tastete der Hashishin an der Decke des Lieferwagens entlang, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Er starrte dem Amerikaner ins Gesicht. Dann handelte er.
Die Bewegung kam völlig unerwartet. Für einen Augenblick dachte Langdon, die Gesetze der Physik hätten aufgehört zu existieren. Der Assassine schien schwerelos in der Luft zu schweben, als seine Beine unter ihm hervorschossen und die Stiefel die Seite des in Ketten liegenden Kardinals trafen. Der Körper flog aus der Tür und landete im Brunnen, wo er sofort versank.
Langdon wurde von einem Schwall Wasser getroffen und erkannte zu spät, was geschehen war. Der Mörder hatte sich an einer der Dachstreben des Lieferwagens festgehalten, um sich nach draußen zu schwingen. Langdon blinzelte das Wasser aus den Augen und sah, wie der Mörder durch die Gischt hindurch mit den Füßen voran auf ihn zusegelte.
Langdon feuerte. Die Kugel traf die Spitze des linken Stiefels. Fast im gleichen Augenblick trafen die Absätze der Stiefel Langdon an der Brust und stießen ihn mit Wucht zurück.
In einer Fontäne aus Blut und Wasser tauchten die beiden Männer unter.
Das eisige Wasser hüllte Langdon ein, und seine erste Empfindung war Schmerz. Dann meldete sich der Überlebensinstinkt. Er hatte die Waffe verloren. Er tauchte tief hinunter und tastete über den Boden. Seine Hände berührten Metall. Münzen. Er ließ sie fallen und öffnete die Augen. Das von Unterwasserscheinwerfern erleuchtete Becken kochte wie ein eisiger Jacuzzi.
Trotz seines Luftmangels blieb Langdon unter Wasser und in Bewegung. Er wusste nicht, aus welcher Richtung der nächste Angriff kommen würde, doch er musste die Waffe finden! Fieberhaft tastete er mit den Händen um sich.
Du bist im Vorteil, sagte er sich immer wieder. Du bist in deinem Element. Selbst in einem voll gesogenen Rollkragenpullover war Langdon ein schneller und beweglicher Schwimmer. Du bist im Wasser zu Hause!
Als Langdons Fingerspitzen ein zweites Mal Metall berührten, war er sicher, dass das Glück nun auf seiner Seite stand. Der Gegenstand in seinen Händen fühlte sich nicht nach Münzen an. Er zerrte daran und stellte überrascht fest, dass er nicht nachgab. Das Objekt war zu schwer.
Noch bevor Langdon über dem sich windenden Kardinal war, erkannte er, dass er ein Stück der Kette gefunden hatte, die den Mann nach unten zerrte. Er verharrte einen Augenblick reglos, als er das in Todesangst verzerrte Gesicht sah, das ihn vom Boden des Brunnens anstarrte.
Angetrieben von der Erkenntnis, dass der Kardinal noch lebte, griff Langdon nach unten und packte die Ketten in dem Versuch, den Mann zur Wasseroberfläche zu zerren. Langsam gab der schwere Körper nach… wie ein Schiffsanker. Langdon zog noch fester.
Als der Kopf des Kardinals die Wasseroberfläche durchbrach, atmete der alte Mann ein paar Mal verzweifelt, dann kippte er wie ein Kegel um und versank wie ein Stein, ohne dass Langdon ihn hätte halten
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