Illuminati
willen, Monsignore. Una bugia veniale. Eine Notlüge. Ihre Aufgabe ist es, den Frieden zu erhalten.« Olivetti wandte sich zur Tür. »Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich muss Vorbereitungen treffen.«
»Oberst Olivetti!«, drängte der Camerlengo. »Wir dürfen die verschwundenen Kardinäle nicht einfach aufgeben!«
Olivetti stand bereits in der Tür. »Auf Baggia und die anderen haben wir derzeit keinen Einfluss. Wir müssen sie gehen lassen – um des Ganzen willen. Das Militär nennt so etwas Triage.«
»Sie meinen, wir sollen die Kardinale aufgeben’?«
Olivettis Stimme klang gepresst. »Wenn es irgendeinen Weg gäbe, Monsignore… irgendeinen Weg, um sie zu finden, ich würde mein Leben dafür opfern. Doch…«Er deutete auf die Fenster, vor denen die Abendsonne auf einem endlosen Meer römischer Dächer glitzerte. »Eine Stadt mit fünf Millionen Einwohnern zu durchsuchen, liegt außerhalb meiner Macht. Ich werde keine wertvolle Zeit damit verschwenden, mein Gewissen mit einer vergeblichen Anstrengung zu beruhigen. Es tut nur Leid, Monsignore.«
»Aber… wenn es uns gelänge, den Mörder zu fassen – könnten Sie ihn zum Reden bringen?«, meldete sich Vittoria überraschend zu Wort.
Olivetti verzog das Gesicht. »Soldaten können sich nicht leisten, Heilige zu sein, Signorina Vetra. Glauben Sie mir, ich bin genauso begierig darauf wie Sie, diesen Mann zu fassen.«
»Es ist nicht nur persönlich«, entgegnete Vittoria. »Der Mörder weiß, wo die Antimaterie versteckt ist… und die verschwundenen Kardinale. Wenn es uns irgendwie gelänge, ihn ausfindig zu machen…«
»Was denn, Sie wollen ihnen in die Hände spielen?«, unterbrach Olivetti sie. »Glauben Sie mir, die Illuminati warten nur darauf, dass wir sämtliche Gardisten aus der Vatikanstadt abziehen, um Hunderte von Kirchen zu durchsuchen und unsere Kräfte und kostbare Zeit zu verschwenden – oder schlimmer noch, die Vatikanbank ohne jeden Schutz zurücklassen. Ganz zu schweigen von den Kardinalen in der Sixtinischen Kapelle.«
Das Argument war berechtigt.
»Was ist mit der römischen Polizei?«, fragte der Camerlengo. »Wir könnten sie um Verstärkung bitten. Die Polizei könnte uns helfen, den Entführer der Kardinale zu finden.«
»Noch ein Fehler«, sagte Olivetti. »Sie wissen, wie die römischen Carabinieri über uns denken. Sie würden uns ein paar Männer zur Seite stellen und halbherzig helfen, und als Gegenleistung würden sie die Medien über unsere Krise informieren wollen. Genau das, was unsere Feinde erwarten. Wie die Sache aussieht, müssen wir uns früh genug mit den Medien auseinander setzen.«
Langdon erinnerte sich an die Worte des Mörders. Ich werde Ihre Kardinale zu Lichtgestalten für die Medien machen. Ihre vier Kardinale werden sterben, jede Stunde einer, beginnend um acht Uhr. Die Medien werden sich freuen.
»Herr Oberst, wir können nicht guten Gewissens überhaupt nichts unternehmen, um die vier Kardinale zu retten!« Der Camerlengo klang ärgerlich.
Olivetti schaute ihm in die Augen. »Sie erinnern sich an das Gebet des heiligen Franziskus, Monsignore?«
Der junge Geistliche sprach den Vers mit sichtlicher Qual: »Herr, gib mir die Kraft, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.«
»Glauben Sie mir, Monsignore«, sagte Olivetti, »die Entführung der vier Kardinale gehört zu diesen Dingen.« Mit diesen Worten verließ er den Raum.
44.
Im Zentralbüro der British Broadcasting Corporation in London, westlich vom Piccadilly Circus, klingelte das Telefon. Eine junge Redakteurin nahm den Anruf entgegen.
»BBC«, sagte sie und drückte ihre Dunhill in einem Aschenbecher aus.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang rau und besaß einen arabischen Akzent. »Ich habe eine Story, die Ihren Sender interessieren dürfte.«
Die Redakteurin zückte einen Stift und nahm einen Block zur Hand. »Worum geht es?«
»Die Papstwahl in Rom.«
Sie runzelte die Stirn. BBC hatte erst am Vortag einen Bericht über die bevorstehende Wahl gebracht – mit katastrophalen Zuschauerzahlen. Die Öffentlichkeit, so schien es, interessierte sich herzlich wenig für das Geschehen in der Vatikanstadt. »Und was genau?«
»Haben Sie einen Korrespondenten in Rom?«
»Ich glaube ja.«
»Ich muss direkt mit ihm reden.«
»Es tut mir Leid, aber ohne nähere Einzelheiten kann ich Ihnen die Nummer nicht geben…«
»Das Konklave befindet sich in ernster Gefahr. Mehr kann ich Ihnen nicht
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