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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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Dahinter meinte sie etwas Kaltes wahrzunehmen, das lautlos auf der Lauer lag. In sehr alten Gebäuden hatte sie schon öfter die eisige Gegenwart von Toten wahrgenommen. Das hier musste ein Geist aus einer untergegangenen Welt sein, der in dem Gebäude zurückgeblieben war und sich verzweifelt danach sehnte, ins Licht einzugehen. Es konnte gut sein, dass er etwas wusste, aber solche Wesen rief man besser nicht an. Nach Jahrhunderten des Ausgeschlossenseins und ruhelosen Umherstreifens waren ihnen die Bedürfnisse der Lebenden meist zu fern, um noch Mitgefühl in ihnen zu wecken.
    Nein, auch dieser unsichtbare alte Geist, der sich in eine Ecke des Flurs duckte, war nicht das, was sie suchte. Was auch immer es war, es musste sich hier drin befinden und seine Magie musste von anderer Natur sein, viel mächtiger und bedrohlicher.
    Unter großer Willensanstrengung gelang es Jana, sich durch den Raum zu bewegen, bis sie sich genau über der Golemstatue befand. Vorsichtig streckte sie ihre Geisterhand nach ihr aus. Kaum hatte sie die Lehmskulptur mit ihren körperlosen Fingern berührt, da traten die Zeichen, mit denen sie bedeckt war, klarer hervor. Manche erkannte Jana wieder, sie waren durchaus interessant. Da gab es Symbole aus der Alchemie und der Kabbala, die auf verschiedene Traditionen innerhalb der Magie verwiesen, aber die Hand, die sie gezeichnet hatte, war menschlich und kein einziges von ihnen hatte Zauberkraft, da gab es keinen Zweifel.
    Mithilfe von fließenden Arm- und Beinbewegungen entfernte Jana sich von der Statue und gelangte so zu einem der Regale, die sie vorher mit Alex durchgesehen hatte. Sofort entdeckte sie, dass manche Bände fast unmerklich vibrierten und ein Geräusch machten wie ein in der Ferne summender Bienenschwarm. In diesen Seiten, die ihr gerade eben noch völlig unverständlich erschienen waren, steckte viel alte, wertvolle Magie. Einen Moment lang war sie versucht, in diesen Handschriften zu blättern, die mit ihren jahrtausendealten Geheimnissen nach ihr riefen.
    Doch keins davon war das Buch der Schöpfung. Nein, in diesem Raum gab es eine viel mächtigere spirituelle Präsenz als die der Bücher, das spürte sie immer stärker. Es war, als hätte ihre Seele zunächst eine Weile gebraucht, um sich an ihren körperlosen Zustand zu gewöhnen, und wäre erst jetzt empfänglich für die andere düstere Macht, die den Raum verzauberte. Als hätte sie sie endlich entdeckt …
    Nervös sah Jana sich in alle Richtungen um. Mit ihrem Astralleib bewegte sie sich inzwischen geschickt hin und her in der Absicht, das Wesen, das sich ihr so hartnäckig entzog, mit einer dieser schnellen Bewegungen zu überrumpeln. Da war etwas, das spürte sie ganz genau. Aber sie konnte nicht ausmachen, wo es sich verbarg, und wusste auch nicht, was es genau war.
    Eigentlich suchte sie doch ein Buch – wie zum Teufel konnte ein Buch immateriell sein? Sie nahm die finstere Aura wahr, die es ausstrahlte, aber zugleich spürte sie, dass sich in dieser Finsternis ein zutiefst menschlicher Schmerz verbarg. Und in diesem Schmerz, in dieser mit Leiden angefüllten Schwärze war etwas, das ihr bekannt vorkam. Aber wo hatte sie so etwas schon einmal gespürt? Und wann?
    Sie irrte einige Sekunden ziellos umher, von den Büchern zur Golemstatue, von der Golemstatue zum geschlossenen Fenster, von dort zu den brennenden Energiesparlampen, ohne sich irgendwo aufzuhalten.
    Irgendwann merkte sie, dass ihr das Schweben nicht mehr so leichtfiel. Ein bleiernes Gewicht schien sie nach unten zu ziehen. Ihr Astralleib wurde schwächer, sie musste in ihren Körper zurück. Und zwar so schnell wie möglich, sonst konnte es sein, dass sie später nicht mehr die Kraft dazu fand.
    Doch alles in ihr sträubte sich, die Suche aufzugeben, jetzt, da ihr Ziel schon zum Greifen nah schien.
    Mit ruckartigen Bewegungen steuerte sie auf die Stelle zu, wo ihr Körper leblos auf dem Boden lag. Sie verharrte einige Momente genau über Alex, der weiterhin neben ihm kniete und den Blick auf die Wand geheftet hatte.
    Da geschah etwas sehr Merkwürdiges. Es war, als würde Alex plötzlich ihre Gegenwart bemerken. Er hob den Kopf und sah sie direkt an, als wüsste er ganz genau, wo sie sich befand.
    Und dann geschah etwas noch Merkwürdigeres. Sobald Alex’ Augen Janas Geisterblick begegneten, begann sein Gesicht, leicht zu vibrieren, und wie durch Zauberei verwandelten sich seine Züge in die von Erik. Oder streng genommen sah er nicht wie Erik aus,

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