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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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Bravourstück erholen.«
    Der Vorhang senkte sich langsam, und selbst als der Magier und sein Assistent abgetreten waren, setzte der Applaus sich noch eine ganze Weile fort.
    Nach und nach erhoben sich die Zuschauer und strömten ins Foyer. Ein Mann mit groben, missmutigen Zügen wandte sich Paolo zu, als er an dessen Platz vorbeikam, und hielt ihm dabei seinen dicken Bauch direkt vors Gesicht. Seine Frau, deren Hässlichkeit ein direkter Spiegel ihrer hinterhältigen Seele zu sein schien, blieb neben ihm stehen, die schmalen Lippen zur Karikatur eines Lächelns verkniffen.
    »Na, was haben sie dir für diesen Auftritt bezahlt?«, fragte der Typ in unfreundlichem Ton. »Viel kann’s ja nicht gewesen sein …«
    Paolo runzelte die Stirn und einen Moment lang hatte Jana den Eindruck, er überlege ernsthaft, ob er dem ungehobelten Kerl einen Kinnhaken verpassen sollte. Doch er beherrschte sich und stand bloß auf, stieß den Mann beiseite und verließ seinen Platz in Richtung Ausgang.
    Der Dicke sah ihm nach, offensichtlich frustriert, weil es ihm nicht gelungen war, Paolo zu demütigen. »Als Schauspieler bist du miserabel!«, schrie er ihm nach und lief vor Enttäuschung rot an. »Du bist eine Null!«
    Die Frau brach in vulgäres Gelächter aus und beide gingen untergehakt davon. Jana sah ihnen unangenehm berührt nach. Als sie hinter dem schwarzen Vorhang des Hauptausgangs verschwunden waren, begegnete sie Alex’ Blick.
    »Was für ein schreckliches Paar«, sagte sie. »Man muss schon echt gestört sein, um so zu reagieren.«
    Alex nickte, schien aber mit den Gedanken woanders zu sein. »Wie fandest du es? Beeindruckend, oder?«
    »Mehr als das: mysteriös. Ich weiß nicht, Alex, ich hatte nicht das Gefühl, dass es ein Trick war.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete er bei.
    Sie blieben einen Moment stumm, während die Gruppe Schweizer Touristen an ihnen vorüberging.
    »Wollen wir auch raus?«, fragte Jana, als sie vorbei waren. »Ich ersticke hier drin, ich brauche frische Luft.«
    Alex nickte und sah sie besorgt an. Dann gingen sie Hand in Hand den Gang entlang, leicht aneinandergeschmiegt.
    Im Foyer spulte ein Pianola eine alte, monotone Varieté-Melodie ab. Die Gruppe japanischer Touristen war vor der Abendkasse zusammengeströmt und ihr Guide begann, Pappdreiecke mit Pizzastücken darauf auszuteilen, die er aus einem riesigen Picknickkorb holte. Während die Japaner schnell und konzentriert ihr Abendessen hinunterschlangen, bildeten die übrigen Zuschauer angeregte Grüppchen, in denen der spektakuläre Trick im ersten Teil der Vorstellung kommentiert wurde.
    Alle sprachen gedämpft, als habe man Bedenken, die Stimme zu erheben.
    Alex wollte an der Bar zwei Flaschen Mineralwasser holen und musste mehrere Minuten anstehen. Als er wieder neben Jana stand, war gerade die Klingel ertönt, das Zeichen für die Fortsetzung der Vorstellung. Das Pianola war bereits verstummt. Vor den Türen zu dem Saal im Parkett hatten sich lange Schlangen gebildet, Jana und Alex gehörten zu den Letzten, die an ihre Plätze zurückkehrten.
    Bevor das Licht ausging, fiel Jana auf, dass der Platz neben Alex noch frei war. »Der ›Freiwillige‹ hatte anscheinend keine Lust mehr auf den zweiten Teil«, bemerkte sie leise.
    »Das wundert mich nicht«, erwiderte Alex genauso leise. »Mal sehen, was wir jetzt geboten kriegen.«
    Während sich der Vorhang hob, war wieder ein ohrenbetäubender Trommelwirbel zu hören, der in den Zuschauerreihen sofort einen nervösen Applaus auslöste. Armand betrat die Bühne, nach rechts und links mit seinem Zylinder grüßend, der mit grünen Pailletten besetzt war. Er hatte sich umgezogen; jetzt trug er einen glänzenden grünen Smoking, farblich passend zum Zylinder. Der groteske Fiorino begleitete ihn nicht.
    Einige der Schweizer Touristen, die in den vordersten Reihen saßen, standen auf und begannen, Rosen auf die Bühne zu werfen. Manche schleuderten ihre Blumen so heftig, dass es den Eindruck machte, sie wollten den Magier nicht ehren, sondern damit treffen.
    Armand fing eine der Rosen im Flug auf. Sie war so verwelkt, dass fast alle Blütenblätter zu Boden fielen, als der Magier sie dem Publikum zeigen wollte. Mit bekümmerter Miene bückte Armand sich nach den welken Blättern.
    »Wir Magier bewegen uns immer im Grenzbereich zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen«, überlegte er laut, darauf konzentriert, Blatt für Blatt einzusammeln. »Sie alle wissen, dass sich diese Grenze in letzter

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