Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
Recht hatte.
„Also gut“, gab der Prinz nach. „Holt meinen Vater, ich gehe mit Eldeban einstweilen zum Hauptportal.“
Vor dem Portal lag eine weite Halle, in der sich drei Springbrunnen befanden. Sie waren aus weißem Marmor gefertigt, und das Wasser floss in zarten Fäden über die fein ziselierten Figuren, die nichts weiter als Phantasiegebilde darstellten. Das stetige Rauschen und Plätschern des Wassers, schuf eine entspannte Atmosphäre, wenn es auch im Palast kaum einen Bewohner gab, der sich daran zu erfreuen vermochte.
Als Kind hatte Miray oft in den Springbrunnen gespielt. Manchmal so lange, bis er völlig durchweicht gewesen war. Danach hatte Effèlan ihm verboten, in den Brunnen zu plantschen. Aber da sich der König selten um seinen Sohn gekümmert hatte, war Miray trotzdem immer wieder hierher gekommen.
Durchbrochene Säulen trugen eine Decke, die von farbenfroher Malerei bedeckt war. Der Wald war hier in allen Schattierungen von Grün dargestellt. Die Säulen lieferten dazu die Rehe, Hirsche und wilden Pferde. Eine Wand, die rechts an den Treppenaufgang grenzte, war den weißen Hengsten von Eshkash gewidmet worden.
Eldeban eilte vor dem Prinzen an den Brunnen vorbei und wirkte angespannt. Miray konnte seine Nervosität beinahe körperlich spüren. Wer immer die Besucher waren, sie mussten so ungewöhnlich sein, dass sie dem hünenhaften Eldeban Angst eingejagt hatten.
Das Portal war geöffnet und bestand aus hohen, durchbrochenen Elfenholztüren. Davor lagen der vordere Teil des Palastgartens und eine zwei Meter in die Tiefe führende Marmortreppe, auf der man drei zierliche Gestalten erkennen konnte. Miray reckte neugierig den Hals. Als er Eldeban überholen wollte, hielt dieser ihn am Ellenbogen zurück.
„Mein Prinz, ich muss Euch dringend raten, auf den König zu warten.“
Miray warf dem Diener seines Vaters einen missmutigen Blick zu. Dann riss er sich los und meinte: „Ihr könnt das ja statt meiner tun. Ich bin sicher, der König wird in weniger als einer Minute hier sein. Ich werde einstweilen den Besuchern entgegentreten. Ich bin als Thronfolger durchaus in der Lage, Gäste zu empfang, Eldeban.“
„Sehr wohl“, entgegnete der Hüne erstaunlich zurückhaltend. Miray hatte damit gerechnet, dass er ihn gewaltsam daran hindern würde, aus dem Portal zu treten, aber dem war nicht so.
Der Prinz wandte sich der Treppe zu und ging neugierig ins Sonnenlicht hinaus. Drei Gesichter wandten sich ihm zu, von denen er eines sofort wiedererkannte.
„Du ...?“, stieß er hervor.
„Ich ...“, stotterte Fay.
„Was willst du denn hier und wer ...“ Mirays Blick wanderte zu Dari, woraufhin der Prinz verstummte. Er hatte noch nie zuvor eine Lichtfee gesehen. Frauen gab es hier im Palast gar keine. Einmal abgesehen von den Köchinnen, Wäscherinnen und Putzfrauen.
„Wir wollen zu Prinz Miray“, riss Lucy das seltsame Gespräch an sich, während Fay verwundert von einem zum anderen blickte.
„Ihr steht vor ihm“, erwiderte Miray kühl. Fay riss erstaunt die Augen auf. Sie warf Lucy einen bedeutsamen Blick zu, die nur irritiert die Schultern hob.
„Wir haben eine Depesche von König Tahut von Shidabayra zu überbringen“, fuhr Lucy fort, auch wenn sie ein bisschen aus dem Konzept geraten war.
In diesem Moment erschien König Effèlan hinter Miray und schob seinen Sohn beiseite.
„Was ist hier los!“, brüllte er und funkelte die drei jungen Frauen wütend an.
„Ich hoffe, Ihr erkennt eine alte Freundin“, ergriff nun Dari das Wort, und die verwunderten Blicke der Übrigen wanderten zu ihr.
Effèlan musterte sie einen Moment kritisch.
„Kaiserin!“, stieß er dann endlich hervor, was ihn sichtliche Überwindung kostete. Dann geschah etwas noch Seltsameres. Der Blick des Königs wurde weich, was allerdings nur Miray auffiel.
„Wie ich sehe, seid Ihr endlich aus Eurem Gefängnis entkommen“, fuhr Effèlan fort. „Natürlich seid Ihr willkommen, auch wenn ich nicht weiß, wer Eure beiden Begleiterinnen sind.“
„Das sind die Töchter König Tahuts“, versetzte Dari ungerührt. „Sie stehen unter meinem Schutz.“ Die Veränderung, die nun mit Effèlan vor sich ging, blieb keinem verborgen. Er wurde blass und griff sich mit der rechten Hand an die Brust. Er wankte sogar einen Moment bedrohlich, und jeder Glanz wich aus seinen Augen.
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