Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
Udrys zu sehen, die zwischen mächtigen Drachenbäumen durch den Wald eilten. Die weißen Pferde von Eshkash in den Wäldern von Ayn und sogar Shidabayra strahlte von einem der Teppiche herab. Fay spürte einen Kloß im Hals, als sie das lebendige Bild betrachtete.
„Du wirst dich vielleicht wundern, dass dieser Gobelin hier hängt“, sagte Firomin, der den Blick der Prinzessin bemerkt hatte. „Aber ich bin ein weltoffener Mann, und ich finde, die Burg deines Vaters ist eine Schönheit, die man nicht durch Engstirnigkeit aus diesen Hallen verbannen sollte.“
„Wir kommen als Freunde“, sagte Dari und verneigte sich vor dem Statthalter.
„Da ihr meine Bürger geheilt habt, habe ich nichts anderes erwartet“, entgegnete Firomin, der von seinem Thron aufstand und die Gäste an einen kleinen Tisch in einer Nische geleitete, in der ein Wandteppich prangte, der eine Schar Einhörner in den Wäldern von Yspiria zeigte.
„Außerdem seid ihr in Begleitung des Prinzen. Euch wird also kein Leid geschehen“, fuhr der Statthalter gutmütig fort.
Dari und Miray wechselten einen vielsagenden Blick, aber keiner der Anwesenden widersprach Firomin. Alle setzten sich zu Tisch, auf dem ein einfaches, aber üppiges Mahl bereitstand.
„Was ist mit eurem Drachenreiter, dort oben in den Lüften, will er nicht auch hereinkommen und sich zu uns setzen?“, wollte Firomin wissen.
„Er kontrolliert noch eine Weile die Stadtmauer“, erklärte die Lichtfee. „Ich hielt das für eine notwendige Vorsichtsmaßnahme.“
„Ja, Kaiserin, Ihr seid für Eure Umsichtigkeit bekannt, wie ich hörte.“
Dari neigte zum Dank den Kopf.
Eine Weile wurde schweigend gegessen, bis Miray endlich eine Frage äußerte, die ihm seit Stunden auf der Zunge brannte.
„Wie mächtig macht uns das Iluminai? Könnten wir mit seiner Hilfe nicht die Grauen Hexer in das Buch, aus dem sie entlassen wurden, zurückverbannen?“
Die Frage war an Dari gerichtet, die den Blick hob und den jungen Königssohn ansah.
„Es ist euch möglich, mit Hilfe des Zeichens die Verletzungen der Kristallpfeile zu heilen“, sagte sie, „und ihr werdet für diese Fähigkeit noch dankbar sein, denn die Hexer werden so viele Menschen wie möglich mit ihren Pfeilen vergiften wollen. D ie Pfeile sind aus den Augen der weißen Greife gemacht. In ihnen steckt so viel schwarze Magie, dass die Seele des Getroffenen vergiftet wird. Sie töten zwar nicht auf herkömmliche Weise und selbst ein durchbohrtes Herz hört nicht einfach auf zu schlagen, aber wenn man an der Vergiftung stirbt, wird die Seele des Opfers schwarz.“
Fay spürte, wie ihr eine unangenehme Gänsehaut über den Rücken eilte. Sie hatte die Begegnung mit dem Grauen Hexer noch nicht ganz vergessen. Schwarze Magie, weiße Magie, wo lag denn da der Unterschied?
Tahut hatte Recht. Wenn man sich erst einmal darauf einließ, war man verloren.
„Ich habe einen dieser Männer mit meinen Händen berührt“, stimmte Lucy Miray zu. „Er war verwundet. Vielleicht ist Mirays Vermutung richtig, und wir könnten sie mit unseren Fähigkeiten aufhalten.“
Die Lichtfee blickte die Kinder König Tahuts zweifelnd an. Sie konnte den Enthusiasmus in ihren Augen sehen und den Wunsch, für ihr Land und ihr Volk gegen diese schreckliche Bedrohung zu kämpfen. Aber das Zeichen der Drachenhüter alleine konnte diese große Aufgabe nicht bewältigen.
„Das Iluminai“, erklärte Dari und legte das Besteck beiseite, „ist keine Waffe. Seine Bedeutung hat viel verborgenere Qualitäten. So gibt es zum Beispiel viele Orte und verschlossene Verstecke, die das Zeichen zu öffnen vermag. Kein Mensch kann euch damit binden oder einsperren. Niemand kann euch sagen, was ihr zu tun habt. Das Drachenzeichen macht euch frei und kann euch ein Wissen schenken, das keiner auf der Welt besitzt. Das Wissen der Drachenvölker.“
„Und wie kommt man an dieses Wissen?“, erkundigte sich Miray.
Er sah in die schwarzen Augen der Lichtfee, und ein Schauer eilte ihm über den Rücken. Die Unendlichkeit, die in ihrem Blick lag, ließ ihn den Kopf senken.
„Das kann ich dir nicht sagen, Miray“, gab Dari zu. „Die Lichtfeen wissen nicht alles. Und das Hüten der Drachen und ihrer Geheimnisse war von Anfang an die Aufgabe der Menschen.“
Fay sah auf ihr Handgelenk nieder. Es war ein verstohlener, angewiderter Blick, der aber niemandem auffiel.
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