Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
Vom Netzwerk:
verloren.
    Gedanken, und mehr noch Gefühle, wirbelten in mir durcheinander. Seit dem Treffen mit seinem Onkel benahm sich Clement… ich suchte nach einer richtigen Bezeichnung …nicht wie er selbst. Sonst absolut wortkarg und kalt, zeigte er plötzlich Emotionen und sprach sogar über seine Sorgen und Ängste.
    Hatte er lediglich lange Zeit gebraucht, um genügend Vertrauen zu finden, um das zu offenbaren, was in ihm vorging? Konnte es sein, dass ich ihn bislang vollkommen falsch eingeschätzt hatte? Oder spielte er mir etwas vor, um mich zu täuschen? …Aber welchen Nutzen sollte ihm das bringen?
    So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte keine Antwort auf meine Fragen finden. Ich spürte nur diese starke Unsicherheit in mir: Einerseits drängten sich mir Zweifel an Clement und seinen Motiven auf, andererseits war ich mir aber nicht sicher, ob ich nicht selbst nur eine starke Abneigung gegen ihn hegte und deshalb alles was er tat, von vornherein verurteilte.
    Ich seufzte. Clement verdiente es wie jeder andere auch, dass man ihm vorurteilsfrei und mit Respekt begegnete. Er mochte seine Eigenheiten haben, aber er hatte uns noch nie im Stich gelassen.
    Nach einer Weile legte ich den Striegel auf den Sattel, setzte mich auf einen Strohballen und zog die Brieftasche aus meinem Gürtel, die ich in der Kapelle auf dem Boden gefunden hatte. Das schwarze Leder war an zahlreichen Stellen von den Flammen verbrannt und geschwärzt. Vorsichtig öffnete ich den silbernen Verschluss. Ein einzelner Brief befand sich darin, stark angesengt, doch ich erkannte die Schrift sofort und mein Herz schlug mit furchtbarer Gewalt bis hoch in meinen Hals: Ich hätte Asmodeos Handschrift unter tausenden herausfinden können.
    Mit zitternden Fingern, breitete ich das poröse und von schwarzen Brandflecken durchzogene Schriftstück aus. Weit oben konnte ich bei genauem Hinsehen mit etwas Phantasie das Wort Clement erkennen. Danach hatte das Feuer die Buchstaben und Worte zerstört. Nur die letzte Zeile hatte es gnädigerweise verschont: In ewiger Liebe, Asmodeo , stand dort.
    Meine Hand bebte, ein Schluchzen drang aus meiner Kehle und Tränen rannen mir über die Wangen. Dumpf fielen sie auf die Asche, rannen über die wenige blaue Tinte und lösten die letzten Worte auf.
    Asmodeo. Er liebte mich.
    Ich war jetzt mit Johannes zusammen, ihm gehörte ich voll und ganz. Aber irgendwo in meiner Vergangenheit, oder an einem gänzlich anderen Ort, befand sich ein Mann, dem ich wichtig war, der mich vermisste und der nichts unversucht ließ, mich das wissen zu lassen. Und obwohl ich mich nicht an ihn erinnern konnte, fühlte ich, dass Asmodeo ein Teil von mir war. Manchmal in den letzten Tagen und Stunden, wenn ich zu Tode erschöpft durch die starre Eiseskälte taumelte, hatte ich es mit all meinen Sinnen gespürt. Jemand begleitete mich, mit seinen Wünschen und Gedanken.
    Asmodeo befand sich da draußen. Und wenn ich ihn brauchte, würde er für mich da sein.
     

 
    3
     
    J ohannes und Clement saßen am großen Tisch in der Herberge und aßen dunkelbraunes Fleisch mit Soße. Gundula hatte an der Spitze der Tafel Platz genommen und unterhielt sich gerade mit ihnen, während sie auf einem Brett getrocknete Kräuter kleinschnitt. Cecilia war damit beschäftigt, Holz in die offene Feuerstelle nachzulegen.
    Alle sahen auf, als ich eintrat. Das Gespräch verstummte.
    „Wo sind die anderen?“, fragte ich. Der große Raum kam mir regelrecht verwaist vor.
    „Die haben sich zuhause eingeschlossen“, erwiderte Gundula. „Es hat sich schnell herumgesprochen, dass die Rattenmenschen unterwegs sind. Wir sind auf uns alleine gestellt.“
    „Macht nichts“, sagte ich. „Dadurch wird die Sache übersichtlicher. Und fünf entschlossene Kämpfer sind nicht zu unterschätzen.“
    „Sechs“, korrigierte mich Cecilia. Sie hatte sich vom Kamin erhoben und kehrte zum Tisch zurück. „Ihr dürft Arne nicht vergessen.“
    „Wo ist der arme Kerl überhaupt?“, fragte Johannes. „Hält der bei diesem Sauwetter draußen noch immer Wache?“
    „Wir sind das gewohnt. Uns macht das nichts aus“, winkte Cecilia ab.
    „Das Essen riecht herrlich“, sagte ich.
    „Hirschragout“, erwiderte Clement. „Kann ich nur empfehlen. Komm, setz dich zu uns.“
    „Hab‘ ich selbst geschossen“, ergänzte Cecilia und in ihrer Stimme klang unverhohlener Stolz. „Es ist selten, dass sich ein solch großes Tier in unsere Gegend verirrt. Und es ist reines Glück, es

Weitere Kostenlose Bücher