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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Lilith sprechen können?“
    „Maximal einige Minuten. Vielleicht auch wesentlich kürzer. Überlege dir also gut, was du ihr sagen wirst.“
     

Kapitel 10
– Lilith und Johannes
     
     
    1
     
    S chweigend ritten Clement und ich durch die hereinbrechende Dunkelheit. Wir hatten den Friedhof und die kleine Kapelle hinter uns gelassen. Die Pferde kannten den Weg. Im fahlen Licht des aufgehenden Mondes trabten sie zielstrebig in Richtung Stall.
    Ich bekam von meiner Umgebung so gut wie nichts mit. Immer wieder tauchte das Bild vor mir auf, das ich nicht abschütteln konnte: Der alte Mann inmitten des rotgelben Feuerrings, an Clement geklammert, sein Gesicht schmerzverzerrt. Und Clement? Er hatte versucht, den alten Mann, der sich noch dazu als sein Onkel entpuppt hatte, zu retten. Ich hatte alles genau beobachtet. Und doch… - irgendetwas stimmte nicht. Es passte einfach nicht zusammen.
    Wer hatte versucht, den Alten anzugreifen? Wer hatte ihn weggezerrt? Der Alte war mir schon zweimal begegnet, doch hatte er mich stets friedlich verlassen. Ich hatte nicht den Eindruck gehabt, dass das rotgoldene Licht eine Bedrohung für ihn darstellte. Es war mir eher wie eine Art Transportmittel erschienen. Aber dieses Mal war die gesamte Situation von Gewalt und Todesgefahr bestimmt gewesen.
    Ich seufzte und warf Clement verstohlenen einen Blick zu. Johannes’ Bruder hatte sich bei dem Treffen mit dem Alten vollkommen verändert gezeigt. Er hatte von Reue gesprochen, von Sünden, die er beichten musste und von Absolution. Was meinte er überhaupt damit?
    Unsere Pferde kamen an eine Schneewehe und sanken bis zum Bauch darin ein. Ich trieb meinen Fuchs an, ließ ihm aber gleichzeitig genug Freiheit, damit er das Hindernis problemlos überwinden konnte.
    Snowhill – Clement hatte seinen Onkel gebeten, er solle ihn von hier wegholen, bevor er in die Hölle gezogen würde. War denn die Stadt hoch über den Wolken gelegen etwas Besonderes? Konnte man von hier aus tatsächlich in das Reich der Dämonen wechseln? Ein kalter Schauer rann mir über den Rücken.
    Nein, Gespenster und körperlose Teufel brauchte ich jetzt nicht auch noch. Die Rattenmenschen reichten mir vollkommen als Bedrohung. Diese Welt inmitten des Schnees, weitab von jeder Zivilisation, stellte die Realität dar. Unsere Aufgabe bestand darin, den Bewohnern von Snowhill zu helfen. Gundula, Arne und besonders Cecilia, verdienten es, dass wir sie nach Kräften unterstützten. Deswegen war Johannes hierhergekommen und ich hatte ihn begleitet.
    Aber welche Motive leiteten Clement? Er behauptete, der Bruder von Johannes zu sein. Sie sahen sich auch wirklich ähnlich – wie zwei Seiten derselben Medaille: Dunkelhaarig und blond, sensibel und verschlossen, gut und …böse? War Clement wirklich böse? – Vermutlich nicht. Er hatte uns bereits zweimal das Leben gerettet. Und wenn man den Charakter eines Menschen nicht im Kampf auf Leben und Tod erkennen konnte, wann dann? Clement war sicherlich nicht der sympathischste Reisegefährte, aber in einer Gefahrensituation genau der Mann, den ich mir auf meiner Seite wünschte.
    Trotzdem – das ungute Gefühl in mir verschwand nicht. Im Gegenteil, es hatte sich verstärkt.
    „Hallo? Wer da?“
    Die Stimme klang jung und selbstbewusst. In dem Moment, in dem ich sie hörte, wusste ich, dass die Mündung eines Karabiners auf mich gerichtet war. Ich zügelte mein Pferd. „Wir sind’s, Arne.“, sprach ich in die Dunkelheit. „Clement und Lilith.“
    Ein Schatten löste sich aus der Nacht. Bald konnte ich den jungen Reiter erkennen.
    „Wo treibt ihr euch denn herum? Wisst ihr nicht, dass das gefährlich ist, um diese Zeit alleine hier draußen zu sein?“
    „Das Gleiche könnten wir dich fragen“, erwiderte Clement.
    Arne senkte seinen Karabiner, sicherte ihn und steckte ihn in ein Futteral an seinem Sattel. „Ich halte Wache.“
    „Bei den Temperaturen?“, fragte ich. „Das ist doch Wahnsinn.“
    „Keineswegs“, erwiderte Arne. „Das ist kein Wahnsinn, sondern absolute Notwendigkeit. Seht doch mal, da drüben!“ Er wies nach rechts.
    Ich konnte nur schwarze undurchdringliche Nacht ausmachen. Ich strengte meine Augen an, bis sie tränten, wischte darüber und schließlich erkannte ich winzige helle Punkte, aufgereiht wie eine Perlenkette, kilometerweit weg, irgendwo im Nichts. Die Lichter bewegten sich, sie schlängelten sich auf uns zu. Und es waren sehr viele.
    „Was ist das?“, fragte ich Arne.
    „Wenn sie

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