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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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lag. Ich versank beinahe bis zu den Achseln und watete wie durch eisige Watte vorwärts. Die Schneewehen wurden kleiner, als wir die Grube erreichten, vor der Clement auf uns wartete. Er war in einen der weißen Tarnmäntel der toten Wachen geschlüpft. Gerade war er damit beschäftigt, sich die Brille mit den gelben Gläsern über den Kopf zu ziehen.
    „Das stinkt vielleicht“, meinte er angewidert.
    „Bestialisch ist der richtige Ausdruck“, antwortete ihm Johannes, der wie aus dem Nichts vor uns erschien. Auch er hatte sich als Rattenmann verkleidet. In seinen Armen trug er noch einen weiteren Mantel. An einer Stelle, hoch am Rücken, klaffte ein Loch im Stoff, welches ringsum mit Blut verschmiert war.
    Ich ließ die Zügel achtlos zu Boden fallen, rannte die paar Schritte zu Johannes, hängte mich an seinen Hals und drückte meinen Kopf fest an seine Schulter.
    „Selbst der Geruch schreckt Lilith nicht ab“, spöttelte Clement. „Das nenne ich mal eine Begrüßung“
    „Die habe ich mir auch verdient“, erwiderte Johannes.
    „Ha!“, konterte Clement. „Mit meinen zwei Wachmännern war ich schneller fertig, als du!“
    Die Antwort von Johannes kam prompt: „Aber meine waren größer.“
    Ich schob mich von Johannes zurück. „Ich mache mir riesige Sorgen um dich, und euch fällt nichts anderes ein, als diese saublöden Sprüche.“
    „Entschuldigung“, meinte Johannes und er grinste leicht verlegen. „Aber meine waren wirklich größer.“
    Ich schlüpfte aus meinem Poncho, zurrte ihn am Sattel fest und legte den Mantel an, den mir Johannes bereithielt. Meinen Hut hängte ich an den Sattelknauf, band meinen Schal fester um die Haare und zog die lederne Brille mit den gelben Linsen über die Augen. Der Gestank, der mir entgegenschlug, raubte mir den Atem. Ich bemühte mich, möglichst nur durch den Mund Luft zu holen.
    Auch Arne hatte sich inzwischen umgezogen.
    Wir führten die Pferde bis zur Hängebrücke, wo wir sie an einem der Pfosten festbanden. Dann öffneten wir unsere Geigenkästen, entnahmen die Maschinenpistolen, überprüften die Magazine, hebelten jeweils eine Patrone in den Lauf und sicherten die Waffen.
    „Sind wir soweit?“, fragte Johannes.
    Clement schien seine Frage nicht zu hören. Arne nickte beflissen und wir setzten uns in Bewegung. Einer nach dem anderen gingen wir über die Brücke, näherten uns vorsichtig dem fast kreisrunden Eingang der Höhle.
    Innen erwartete uns eine Überraschung. Die Decke des einstigen Gewölbes war eingestürzt, man konnte den Himmel sehen. Drei, vielleicht vier Dutzend Pferde standen eng beieinander in kleinen Gruppen um einen gemauerten Brunnen herum und trotzten der Kälte. Wir achteten nicht auf sie, sondern schritten an ihnen vorbei.
    Ein weiterer Eingang tat sich auf. Johannes versteckte seine Waffe unter dem Mantel. Wir folgten seinem Beispiel. Ein dunkler Gang verschluckte uns. Steil und schroff führte er nach unten, lediglich durch einige Fackeln erhellt, deren Licht über die fingerdick mit grauem Eis bedeckten Wände irrte.
    Mitunter stießen meine Füße gegen etwas Lebendiges. Ein hohes Quieken ertönte, wenn ich auf eine der Ratten trat, die hier zu Hunderten herumkrochen. Sie fanden an uns nichts Besonderes und ignorierten uns.
    Wir schritten weiter, immer tiefer in den faulig stinkenden Fels hinein. Die Kälte nahm ab, langsam aber deutlich spürbar wurde es wärmer. Ich begann zu schwitzen und befeuchtete meine Lippen, die salzig schmeckten.
    Die Luft, die wir atmeten, war verbraucht und stickig.
    Nach einer weiteren Biegung öffnete sich der Flur auf der rechten Seite zu einem größeren Hohlraum. Mehrere Fackeln brannten darin. Mir wurde übel, als ich Haufen abgenagter Knochen erkannte – darunter mehrere Menschenschädel, deren leere Augenhöhlen uns anzustarren schienen. Kleine Ratten huschten umher. Manche saßen still und waren beschäftigt. Das Geräusch ihrer schabenden Zähne ließ mein Blut gefrieren.
    Fremde Schritte kamen näher. Ich fasste den Handgriff meiner Waffe unter dem Mantel fester, als uns einige Rattenmänner entgegenkamen. Zu meiner großen Erleichterung verhielten sie sich wie ihre pelzigen Freunde und nahmen keinerlei Notiz von uns.
    Wir gelangten in eine riesige Grotte. In dem mächtigen Gewölbe klafften breite Spalten in der Decke, durch die spärliches Licht fiel. Der Gestank nahm an Intensität zu. Beißend trieb er mir das Wasser in die Augen und ließ mich krampfartig husten. Arne, der neben

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