Im Abgrund der Ewigkeit
hingeführt, Lilith! Hier sitzen wir in der Falle!“
„So eine Ratte“, sagte ich bedächtig, „lässt sich nur schwer fangen. Und eine Rattenkönigin…“ - ich wies auf die Überreste der Mumie - „schon gleich gar nicht.“
Ich feuerte einen Schuss in den Wandspiegel. Klirrend zerbarst das Glas, regnete in Hunderten von Splittern auf die teuren Felle und das Mobiliar. Dahinter kam ein kleiner Raum zum Vorschein, in dem ein Weidenkorb stand, der zwei Menschen Platz bot. Seile waren an ihm befestigt, die nach oben verschwanden. Ich lehnte mich rückwärts an den Korb und blickte den Schacht empor. Weit entfernt sah ich ein rundes helles Loch.
„Hier geht’s ins Freie“, sagte ich.
Clement trat zu mir, sah in dieselbe Richtung, zog an den Seilen und prüfte die Festigkeit des Korbes. „Wir müssen uns aufteilen.“
„In Ordnung“, stimmte ich ihm zu. „Geh‘ du als Erster mit Arne und Cecilia. Ich bleibe mit Johannes zurück, um euch einen Vorsprung zu verschaffen.“
„Nein.“ Die Stimme von Johannes klang bestimmt. „Du, Cecilia und Arne steigt in den Korb.“
„Und mein kleiner Bruder und ich bleiben zurück, um ein bisschen unter diesen degenerierten Rattenkerlen aufzuräumen“, ergänzte Clement.
Ich wollte protestieren, doch Johannes schüttelte den Kopf und Clement grinste breit. „Keine Widerrede. Um nichts auf der Welt möchte ich diesen Spaß versäumen. Also haut schon ab!“
Die beiden stellten sich inmitten des Prunkraums auf und drehten uns den Rücken zu, ihre Waffen schussbereit auf den Eingang gerichtet.
Ich ließ meine Maschinenpistole fallen – sie war ohnehin leer. Gemeinsam mit Arne hievte ich Cecilia in den Korb, kletterte selbst nach und reichte Arne die Hand, um ihm beim Einsteigen zu helfen. Wir ergriffen das lose Seil und begannen zu ziehen.
Der Flaschenzug quietschte trocken, Staub rieselte auf uns herab.
Wir steckten fest.
Mit aller Kraft hängten wir uns an den Strick. Seine grobe Oberfläche schnitt sich in das Fleisch meiner Hände. Und dann, plötzlich, hob sich der Korb. Erst zentimeterweise, wir griffen nach, und langsam, allmählich, begannen wir unseren Aufstieg aus der Unterwelt.
Unter uns krachten Schüsse. Zuerst vereinzelt, dann ganze Salven. Ihr Echo hallte durch den Schacht, brach sich vielfach an den glatten Wänden und kehrte hämmernd zurück. Verbissen arbeiteten wir weiter. Die Fahrt wurde schneller, der Korb schwebte wie schwerelos.
Ich vermochte Arnes schweißgetränktes Gesicht zu erkennen. Das Licht wurde intensiver, die Luft frisch und rein.
Mit einem letzten Ruck erreichten wir die Oberfläche. Ich spähte über einen Mauersims und sah Pferde, die sich in Gruppen zusammendrängten, um der Kälte zu trotzen. Ich konnte unser Glück kaum fassen, als ich über die Mauer kletterte und zusammen mit Arne Cecilia über den Rand des falschen Brunnens zog, der sich im Eingangsbereich der Rattenhöhle befand.
Während sich Arne um Cecilia kümmerte, holte ich das lose Seilende heraus. Vorsichtig, aber so schnell ich konnte, ließ ich den Korb an dem Flaschenzug wieder hinuntergleiten, bis ich spürte, dass er aufsetzte.
Auf mein Geheiß fing Arne eines der Pferde ein und führte es an der Mähne zu mir. Ich knüpfte eine Schlinge an das Ende des Stricks und legte sie um den Hals des Tieres. Als ich sah, dass sich der Flaschenzug leicht bewegte, begann ich, das Pferd vom Brunnen wegzuführen. Das Seil spannte sich knirschend, der Flaschenzug ächzte. Ich klopfte dem Pferd auf die Flanken und es trottete gehorsam immer weiter.
„Genug“, sagte eine Stimme, „wir sind oben.“ Johannes kletterte behände aus dem Korb in die Freiheit, langte hinter sich und zog Clement ebenfalls heraus.
Clement schwankte stöhnend, sein Gesicht blutverschmiert.
9
I ch warf Johannes einen fragenden Blick zu.
„Er wollte nicht mitkommen. Ich musste ihn mit Gewalt in den Korb zerren.“
Clement knickte ein, sank auf ein Knie und stützte sich mühsam mit den Händen am Boden ab. „Für Reden ist jetzt keine Zeit“, presste er zwischen seinen Zähnen hervor. „Verschwindet und lasst mich hier zurück. Ich halte euch nur auf. Gebt mir eine Waffe und ich werde die Kerle schon beschäftigen, bis ihr weg seid.“
„Kommt nicht in Frage“, entgegnete Johannes, packte seinen Bruder unter einer Achsel und stellte ihn mühelos auf.
Ich half Arne mit Cecilia und wir hasteten so schnell wir konnten auf die Hängebrücke – keinen Augenblick
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