Im Abgrund der Ewigkeit
Satz nicht zu Ende. Seine Augen wichen meinen aus.
„Du hast dir das Elixier von Elisabeth beschafft?“, fragte ich. „Hat sie es dir so einfach überlassen?“
Asmodeo stellte das Wasserglas auf den Nachttisch. „Elisabeth hat damit nichts zu tun. Sie ist untergetaucht. Ich habe getan, was getan werden musste.“
Unbeholfen ergriff ich seinen Arm und drückte ihn. „Ist in Ordnung.“
Asmodeo holte tief Luft. „Kennst du die … Bewandtnis , die Johannes und ich für dich haben?“
Diesmal musste ich lächeln. „Ich liebe euch beide.“
„Nein“, sagte Asmodeo bestimmt, „das meine ich nicht.“
„Der Abt hat dich eingeweiht?“
„Das ließ sich nicht vermeiden. Uns vereint das gleiche Ziel, euch aus dem Fegefeuer zu befreien.“
„Wie geht es Franz?“
„Clement hat ihn schwer verletzt, aber sein Zustand hat sich mittlerweile stabilisiert.“
„Gut“, sagte ich, um nach einer Weile hinzuzufügen: „Dann kennst du jetzt die Prophezeiung, dass ich dich und Johannes brauche, um Samael aufzuhalten.“
Asmodeo vermied es erneut mich anzusehen. „Ja“, erwiderte er einsilbig.
„Das macht dir Sorgen? Warum?“
Ich erhielt keine Antwort, aber ich kannte sie ohnehin.
„Du befürchtest, du und Johannes seid nur Mittel zum Zweck.“
Er drehte seinen Kopf und das Blau seiner Augen drang in mein Herz. Wie viele Tage, wie viele Nächte hatte ich ihn vermisst.
Er hob meine Hand, führte sie leicht zu seinen Lippen und küsste die Innenfläche. „Ist mir egal, was ich für dich bin. Nichts wird jemals etwas daran ändern, was ich für dich empfinde.“
Mein Blick verschwamm und Tränen rannen über meine Wangen. „Wenn ich zwischen euch beiden und meiner Bestimmung wählen müsste, würde ich mich immer für dich und Johannes entscheiden.“
Asmodeos Miene entspannte sich sichtlich. Die Linien um seinen Mund verschwanden. „Mein Engel“, sagte er. „Diese Einstellung ist aber extrem unklug.“
„Nenne es, wie du willst. Aber es ist die unveränderliche Wahrheit.“
Das Piepsen des EKGs änderte seine Frequenz. Es erfolgte schneller und unregelmäßig, als würde es stolpern.
Asmodeos Augen wurden hart. „Die Zeit rennt uns davon, Lilith. Uns bleiben vielleicht nur noch wenige Sekunden. Du musst mir jetzt genau zuhören und dich darauf konzentrieren, was ich dir sage.“
Ich fühlte, wie eine uferlose Müdigkeit von mir Besitz zu nehmen drohte. Verzweiflung und panische Angst raubten mir fast den Verstand. Ich krallte meine Fingernägel in Asmodeos Hand, die noch immer die meine hielt.
„Reiß dich zusammen, Lilith!“
Ich zwang meine Furcht zurück und nickte.
„Es gibt nur einen Weg für euch aus dem Fegefeuer. In der Kirche am Friedhof. In Snowhill. Dort findest du eine Falltür im Boden. Die Treppe, die sie verbirgt, führt dich und Johannes zu mir zurück. Hast du mich verstanden?“
Mein Ja klang fest und bestimmt.
Asmodeo beugte sich zu mir herab und küsste mich wie zum Abschied auf den Mund. Er richtete sich ein wenig auf.
„Wie ist sie?“, fragte er leise.
Trotz meiner Erschöpfung gelang mir mein Lächeln wie von selbst. „Sie ist tapfer, mutig, und absolut zuverlässig. Außerdem sieht sie sehr gut aus – genau wie ihr Papa.“
„Du wirst dich um Cecilia kümmern, nicht wahr?“
Ich wollte ihm antworten, aber ich konnte nicht mehr.
Der Nebel brandete auf. Diesmal ging ich freiwillig mit.
Kapitel 11 – Marga
M arga zündete sich mit dem Rest ihrer Zigarette eine neue an, zog begierig den Rauch ein und stieß den blauen Dunst genießerisch durch ihre Nase aus, bevor sie den Stummel zu Boden fallen ließ und sorgfältig mit dem Absatz zertrat.
Mit Bedacht hatte sie diesen Platz gewählt, direkt vor einem halb geöffneten Fenster der kleinen provisorischen Klinik. Seit Tagen ging sie hierher, um gemeinsam mit Frau Dr. Naumann und manchmal auch Bärbel in Ruhe zu rauchen. Es erwies sich als überaus praktisch, dass sie dabei jedes Wort hören konnte, das in dem Raum dahinter geäußert wurde. Auch diesmal war ihr nichts von dem entgangen, was Asmodeo und Lilith besprochen hatten.
Ein absolutes Wunder, dass jemand aus einem solch tiefen Koma überhaupt aufwachen konnte. Frau Dr. Naumann war wirklich eine begnadete Ärztin, das musste ihr der Neid lassen. Aber Marga bezweifelte stark, dass bei diesem Vorgang allein die Kräfte der Wissenschaft ausschlaggebend gewesen waren. Lilith hatte soeben ein Elixier erwähnt. Ein Elixier, das
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