Im Abgrund der Ewigkeit
zu bekommen. Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass mich die Pferde mehrere Meter mit sich schleiften, bis es mir endlich gelang, sie zum Stehen zu bringen.
Neben mir tauchte Johannes auf. Er nahm mir die Zügel seines Schecken aus der Hand und wollte mir beim Aufsteigen helfen. Mein Fuchs sprang zur Seite weg, ich ergriff mein Sattelhorn, steckte meinen linken Fuß in den Bügel, dabei fiel mein Blick auf die Rückseite der Herberge. Johannes hatte den hinteren Ausgang mit einem hochgestellten Balken verrammelt. Schläge ertönten von innen, als die Rattenmänner versuchten, sich den Durchgang zu erzwingen. An den Küchenfenstern erschienen huschende Rattenkörper. Dazwischen schoben sich verdreckte und zerlumpte Männer, ihre Gesichter kaum mehr menschlich.
Mit einem Ruck zog ich mich nach oben, als das erste Glas klirrend zerbarst. Ein lebendiger Schwall ergoss sich daraus, die Nager überschlugen sich, stießen gegeneinander und stürzten in unsere Richtung, gefolgt vom ersten Rattenmann, der sich durch das nun offene Fenster zwängte.
Johannes saß im Sattel. Wir galoppierten los. Doch nach kurzer Zeit zügelte er sein Pferd und riss es hart herum. Mit einer fließenden Bewegung holte er den Karabiner aus dem Sattelschuh, legte an und gab drei Schüsse ab. Die Rattenmenschen, die aus dem Haus entkommen waren, wurden umgefegt, verschwanden unter der Menge der Leiber, die sich wie ein Kreisel um sie zu drehen begannen.
„Bon Appetit“, knurrte Johannes.
„Bist du irre?“, schrie ich außer mir. „Hast du nichts Besseres zu tun? Lass uns zusehen, dass wir von hier verschwinden!“
Johannes legte das noch rauchende Gewehr auf seine Schulter und blickte zu mir hinüber. Er wirkte völlig gelöst, um nicht zu sagen, amüsiert.
„Nur keine Eile“, grinste er. „Den Spaß sehe ich mir aus der Nähe an.“
Ungläubig folgte ich seinem Blick und beobachtete die Herberge. Die Tür war mittlerweile aufgebrochen, Ratten begannen herauszuströmen, selbst aus den Fenstern im ersten Stock sprangen Tiere herunter. Überall zwängten sich zerlumpte Gestalten ins Freie.
Mit einem Mal erschienen die Fenster wie von innen beleuchtet.
„Da kommt dein Freund Baal“, bemerkte Johannes. „Wie bestellt. Und jetzt halt dich gut fest.“
Das Leuchten nahm an Intensität zu.
„Bumm“, sagte Johannes trocken.
Ein riesiger Blitz, eine gewaltige Explosion folgten seinen Worten. Die Erde unter unseren Füßen hob und senkte sich, als die Schnapsfässer im Inneren des Hauses detonierten. Die Pferde bäumten sich auf. Die Herberge zerplatzte in unzählige Stücke. Holztrümmer wurden hoch in die Luft geschleudert. Dichter, schwarzer Qualm bedeckte die Stelle, an der eben noch das Gebäude gestanden hatte. Die dunkle Wolke dehnte sich immer mehr aus, kroch über den weißen Schnee.
Feuer regnete vom Himmel. Brennende, glühende Teile prasselten herab. Der Gestank nach verbranntem Fleisch drang in meine Nase. Überall lagen schwarz verkohlte Überreste von Menschen, Ratten und Holz.
In der Mitte des grauen Rauchs erschien ein undeutliches rotes Licht. Es wurde stärker, größer, nahm Formen an.
Baal stürmte unversehrt aus dem Herzen der Explosion.
Diesmal würden wir ihn nicht aufhalten können.
Kapitel 13 – Asmodeo
1
D er Abt sah wieder etwas besser aus. Seine Augen waren zwar noch von nahezu violetten Schatten umgeben und die Haut in seinem Gesicht schimmerte blass, beinahe durchsichtig, aber ein zuversichtliches Lächeln spielte um seine Lippen. Asmodeo blieb in der offenen Tür stehen und grüßte ihn kurz mit einer Geste seiner Hand.
„Na, das ist aber schön, dass du mal vorbeischaust!“
„Ich habe dich schon vor rund einer Stunde besucht, aber da hast du tief und fest geschlafen. Ich meine, ich habe dich sogar schnarchen hören“, entgegnete Asmodeo mit einem Grinsen.
Der Abt strich übertrieben sorgfältig die Bettdecke glatt, bevor er aufsah. Schalk huschte über seine Miene. „Alte Männer brauchen ihre Ruhe, besonders nach kleinen Eskapaden .“
Bevor Asmodeo antworten konnte, trat Marga hinter einem Paravent hervor. Sie hielt ein kleines Tablett in ihren Händen, auf dem sich ein Sammelsurium von Medikamenten, Salben und Verbandsmaterial befand. Zunächst beachtete sie Asmodeo kaum, aber als sich ihre Blicke kreuzten, war ihr Ausdruck wie immer frostig und hart.
Asmodeo senkte leicht den Kopf in Andeutung eines Grußes. „Marga?“, sagte er.
Die Psychologin zwang sich
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