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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Eucharistieraum hing. Es zeigte einen weiteren Drachentöter in einer silbrig schimmernden Rüstung. Und wieder fiel diese seltsame Flasche auf. Diesmal hielt sie der Ritter in der Hand.
    Der Abt schob einen Wandteppich beiseite und öffnete die dahinterliegende Tür - sie war klein und unscheinbar. Als er sie aufschwang, protestierten die rostigen Angeln mit einem lauten Quietschen. Dahinter kam ein fensterloses Treppenhaus zum Vorschein, das steil nach unten in die Dunkelheit führte.
    „Einen Moment.“ Der Abt bückte sich, um aus einem in der Ecke stehenden Weidenkorb eine armdicke Kerze herauszuholen. Er griff in seine Jackentasche, beförderte ein Feuerzeug zutage und zündete den Docht an.
    „Wir sind soweit“, sagte er.
    Gemeinsam betraten sie die Granitstiegen. Es roch modrig und muffig. Das Kerzenlicht tanzte über die feuchten Wände und reflektierte sich im verwaschenen Grau. Die Stufen waren ausgetreten.
    Der Abt hielt sich bei Asmodeo fest, aber dieser hatte den Eindruck, dass er geführt wurde. Franz schien mit dem Weg absolut vertraut. Es kam Asmodeo so vor, als ob die Kerze nur für ihn ihren spärlichen Schein verbreitete. Johannes Onkel hätte den Weg auch in absoluter Dunkelheit gefunden.
    Immer tiefer stiegen sie hinab. Bald drang ihr Atem in weißen Schlieren durch das trügerische Zwielicht. Die Feuchtigkeit um sie herum nahm zu. Asmodeo hörte einzelne Tropfen plätschernd zu Boden fallen.
    Mit einem Mal endete die Treppe. Ein flacher Raum breitete sich vor ihnen aus. Die Decke war so niedrig, dass sich Asmodeo und selbst der Abt bücken mussten, um nicht anzustoßen.
    Wieder schritt der Abt zügig voran. Asmodeo folgte ihm und bekam unvermittelt den Eindruck, dass sich die Wände auf ihn zubewegten. Schnell erkannte er, dass dies keine Einbildung war: sie steuerten eine spitz zulaufende Ecke an. Das feuchte Gestein rückte immer näher, bald streiften ihre Schultern die seitlichen Felsen. Schließlich konnten sie nicht mehr weiter. Sie verharrten.
    „Ach, Asmodeo?“, fragte der Abt. Seine Stimme klang beiläufig, aber das Echo, das sie in der unterirdischen Höhle erzeugte, gab ihr eine zusätzliche bedrohliche Qualität.
    „Was ist?“, antwortete Asmodeo.
    „Hast du eigentlich schon einmal vom Bernsteinzimmer gehört?“
    Asmodeo musste gegen seinen Willen kurz auflachen. „Ich habe nicht nur davon gehört, sondern ich habe es sogar einige Male gesehen. Am russischen Zarenhof. …Aber das ist schon eine Weile her.“
    „Wie dumm von mir, wie konnte ich das vergessen! Du bist ja schon etwas länger auf Erden unterwegs.“ Der Abt schüttelte unwirsch den Kopf, als wollte er sich selbst tadeln. „Dann weißt du aber auch, was man sich davon erzählt.“
    „Da gibt es viele Legenden. Märchen, Übertreibungen.“
    „Ich meine nur diese eine Legende, dass das Zimmer vom Teufel selbst angefertigt wurde.“
    Asmodeo schwieg.
    „Du hast es also gehört.“
    „Selbstverständlich. Aber das ist jetzt ohne jeden Belang. Das Zimmer ist seit dem zweiten Weltkrieg verschollen. Vermutlich ist es verbrannt.“
    Der Abt verstärkte den Druck auf Asmodeos Arm. „Das kann man so nicht sagen.“
    Asmodeo schnalzte abfällig mit der Zunge. „Franz, Franz! Ich stelle fest, diese Redewendung gefällt dir!“
    „Ach. Lass einem alten Mann sein bisschen Vergnügen. Ich habe wirklich nicht jeden Tag einen Dämon zu Besuch in meinem Kloster, dem ich auch noch etwas zeigen kann, was er nicht kennt!“
    Der Abt erhielt auf seine Bemerkungen keine Antwort.
    „Zu zweit passen wir nicht durch diesen schmalen Durchgang“, fuhr er fort und deutete nach vorne. „Du zuerst.“
    Asmodeo zögerte keine Sekunde. Er ließ den Abt zurück, ging weiter. Bald musste er sich zur Seite drehen, um überhaupt vorwärts zu kommen. Mehrmals drohte er, in der engen Gesteinsspalte stecken zu bleiben. Doch er schob sich voran. Unvermittelt wichen die Felsen von ihm zurück, er verlor fast sein Gleichgewicht, stolperte ein paar Schritte.
    Die Grotte, die sich vor ihm auftat, glich einer Kathedrale von geradezu gigantischen Ausmaßen. Durch mehrere handbreite Schächte, die sich in der hohen Decke befanden, drangen kräftige Sonnenstrahlen von dem weit entfernten Tag herein. Sie fielen auf die Wände – glitzernd und funkelnd in tausenden Facetten. Unzählige geschliffene und zu kunstvollen Intarsien zusammengesetzte Bernsteine erzeugten eine braungoldene Lichtexplosion.
    Asmodeo hielt den Atem an.
    Der Abt trat neben

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