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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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ihn. „Als ich das Bernsteinzimmer das erste Mal sah, war ich von dessen Schönheit wie benommen.“
    Langsam ließ Asmodeo seinen Blick schweifen. Er betrachtete die antiken Möbel, Spiegel und Gemälde. „Wirklich einzigartig. Dafür würde so mancher Kunstsammler seinen rechten Arm geben. Wie habt ihr das durch den schmalen Zugang transportiert?“
    „Stück für Stück, habe ich mir sagen lassen. Meine Vorgänger mussten es oben komplett zerlegen, um es hier unten mühsam wieder zusammenzusetzen. …Hat schon seine Zeit gedauert.“
    „Das glaube ich gern. Aber warum bringst du mich hierher?“
    „Hab‘ noch einen Moment Geduld.“
    Der Abt führte Asmodeo zu einem rötlich bezogenen Sessel, der scheinbar verloren in der Mitte der Grotte stand.  „Nimm bitte Platz.“
    Asmodeo wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber der Abt bedeutete ihm mit einer energischen Handbewegung, zu schweigen. „Du musst mir jetzt vertrauen.“
    Nur kurz schien Asmodeo zu zögern. Dann setzte er sich und schlug die Beine übereinander. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Still beobachtete er den Abt, der in seiner Hand noch immer die brennende Kerze hielt.
    „Man sagte früher, dass das Bernsteinzimmer verhext sei. Dass es vom Teufel für den Teufel geschaffen wurde. Dass es Bilder zeigen kann, die nicht für die Augen von Sterblichen bestimmt sind.“
    Nach außen hin war Asmodeo die Gelassenheit in Person. Nur seine sich anspannende Wangenmuskulatur signalisierte Ungeduld. „Das ist ein Ammenmärchen. Nonsens, wenn du so willst. Ich hielt mich mehrere Male auch längere Zeit in diesem Raum auf und da war nicht die geringste Spur von Magie. Es sind lediglich schöne Steine, reine Dekoration.“
    Der Abt hob die Kerze und fixierte Asmodeo quer über die Flamme hinweg. „Und wieder kann man das so nicht sagen.“
    Asmodeo atmete tief aus und beugte sich leicht nach vorne. „Ich warte“, sagte er.
    „Ein guter Anfang!“ Das Lächeln auf dem Gesicht des Abtes verschwand und machte einem hochkonzentrierten Ausdruck Platz. „Wenn man sich in diesem Zimmer befindet, passiert nicht das Geringste. Man kann hier stundenlang verweilen, so wie du es früher getan hast. Man kann die Schönheit der Steine genießen, die exquisite Arbeit der Handwerker bewundern. Da drüben in der Vitrine“ – der Abt blickte in die linke hintere Ecke – „ist allerhand heiliger Trödel zusammengetragen. Sogar die originale Trinkflasche des Sankt Georg wird dort aufbewahrt. Das ist zwar durchaus interessant, letztendlich jedoch nichts Außergewöhnliches.“ Der Abt legte eine theatralische Pause ein. Seine nächsten Worte sprach er mit besonderer Betonung. „Aber wenn man – so wie ich – eine Kerze besitzt, die rein zufällig auch noch geweiht ist, dann…, ja dann ist alles anders.“
    Mit diesen Worten drehte der Abt Asmodeo den Rücken zu und deutete mit der freien Hand in Richtung einer der Wände. „Siehst du diese drei Bilder dort?“
    „Ja. Typische Barockmalereien. Über ihre künstlerische Qualität möchte ich mich lieber nicht auslassen. Wem es gefällt…“
    „Du hast recht. Allem Anschein nach drei ganz normale Gemälde. Aber warte einen Augenblick.“ Der Abt trat zu einer Kommode unterhalb der Bilder. Er stellte die Kerze darauf ab und bewegte sich langsam und vorsichtig rückwärts. Neben Asmodeo blieb er stehen.
    Nichts geschah. Nur die Kerze brannte still und ruhig und verteilte ihren warmen Schein über die kunstvoll gerahmten Landschaftsbilder.
    „Was zum Teufel…“, setzte Asmodeo an, dessen Geduld langsam aber sicher dem Ende entgegen ging.
    „Pst“, war alles, was er als Antwort bekam und der Tonfall, mit dem der Abt dies sagte, brachte Asmodeo tatsächlich dazu, zu schweigen.
    Das Licht der Kerze veränderte sich. Zunächst allmählich, dann immer schneller wechselte es die Farben. Die Flamme schimmerte rosa, ging über in ein dunkles Blau, welches wiederum in grelles Giftgrün verschwamm, das ohne Vorwarnung ins Rote kippte. Die Flamme fing an zu zittern und ging schlagartig aus. Ein dünner filigraner Rauchfaden erhob sich, schwebte vor die Bilder, verharrte in der Luft.
    Gleichzeitig wurden die Darstellungen in den Gemälden weicher, sie bluteten ineinander und verloren schließlich jegliche Kontur. Ein leises Seufzen ging durch die Grotte und ein helles weiches Leuchten breitete sich stattdessen in den Bilderrahmen aus.
    Die Helligkeit verwusch sich, sie wurde dunkler und gelblich. Wellen

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