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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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erschienen, darüber baute sich golddurchwirktes Blau auf.
    Zunächst schemenhaft, dann immer deutlicher, schälten sich die Umrisse einer Person im mittleren Gemälde heraus. Eine einzelne Frau in verschlissener Lederjacke stapfte durch einen offensichtlich glühend heißen Sand, der unter jedem ihrer Schritte nachgab. Sie kämpfte sich zäh auf eine leichte Anhöhe hinauf. Vor ihr erstreckte sich bis zum flimmernden Horizont eine endlose Wüste.
    Die Frau drehte sich um und blickte angestrengt in die Richtung, aus der sie gekommen war.
    Asmodeo sprang auf. Der Sessel fiel um.
    „Lilith“, flüsterte er.

9
     
    M it drei langen Schritten stand Asmodeo vor dem Gemälde, das Lilith zeigte. Sie hatte sich mittlerweile wieder abgewandt, um in die unbarmherzige Ebene zu starren, die vor ihr lag. Asmodeo hob seine Rechte, streckte seine Finger aus, in dem Versuch, Lilith zu berühren.
    „Das würde ich nicht tun.“ Der Abt trat neben ihn. „Glaub mir, es täte dir ganz sicher nicht gut. Und das ist eine grandiose Untertreibung.“
    Asmodeos Hand begann zu zittern, bis sich seine Finger zu einer Faust verkrampften. Er zog den Arm zurück und ließ ihn sinken. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Enttäuschung, Schmerz und hilflose Wut.
    „Du darfst auf keinen Fall mit der Zwischenwelt in Kontakt treten. Das wäre dein Ende.“
    Asmodeo blickte zu Boden. Dann nickte er einmal.
    „Die Zwischenwelt, das Fegefeuer – was weißt du davon?“, fragte der Abt.
    Asmodeo lachte kalt auf. „Was soll ich da groß wissen? Wenn ich hinein gerate, zieht es mich in die Hölle. Und von dort gibt es keine Wiederkehr.“
    „Korrekt.“ Der Abt tätschelte zustimmend Asmodeos Schulter. „Das trifft für Dämonen zu. Aber kennst du den eigentlichen Zweck des Fegefeuers?“
    „Ich weiß, wie jeder, was in der Bibel steht. Da geht es um Läuterung und solchen Kram.“ Asmodeo klang gereizt.
    „Wenn jemand stirbt oder in ein lebensbedrohliches Koma fällt, verlässt seine Seele den Körper und zieht weiter in den Himmel oder eben in die Hölle. Du kennst das ja. Es ist wie bei Aschenputtel. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins …- na ja, vielleicht ist der Vergleich doch nicht ganz gelungen.“
    Asmodeo zog seine Lippe zu der Andeutung eines grimmigen Lächelns hoch.
    „Doch leider sind die meisten Menschen weder ganz gut, noch absolut böse. Diese Menschen kommen dann zunächst einmal ins Fegefeuer. Dort bleiben sie und können sich bewähren – oder auch nicht. Sie erhalten quasi eine zweite Chance. Verstehst du das?“
    Asmodeo schnaubte. Er hatte kaum noch zugehört. Sein Blick war auf das Bild vor ihm geheftet. Er beobachtete Lilith, wie sie versuchte, die Düne zu überwinden, ausrutschte, durch den Sand rollte und entkräftet liegen blieb.
    „Aber diese zweite Chance müssen sich die Seelen hart verdienen“, fuhr der Abt unbeirrt fort. „Sie müssen unzählige Prüfungen bestehen und sie erleiden oftmals die entsetzlichsten Qualen. Aber wie gesagt - manchmal geht es für sie gut aus.“
    Asmodeo zwang sich mit eiserner Disziplin dazu, seine Augen von Lilith abzuwenden. Er fixierte den Abt und als dieser das Ausmaß des Leids in Asmodeos Augen las, wurde seine Miene weich und mitfühlend. „Vergiss nicht, Asmodeo. Lilith ist ein Engel. Wenn es jemand in der Zwischenwelt schafft zu überleben, dann sie. Und sie wird Johannes beschützen. Das weiß ich hundertprozentig.“
    Asmodeo senkte die Lider als Zeichen, dass er verstanden hatte.
    Der Abt räusperte sich. „Die Seelen haben keinerlei Erinnerung an ihr irdisches Leben, wenn sie sich im Fegefeuer befinden. Sie wissen nicht einmal, dass sie Seelen sind, sondern sie halten sich für Lebewesen aus Fleisch und Blut. Das Einzige, was sie von hier in diesen Abgrund der Ewigkeit mitbringen, ist ihr Lebensskript.“
    Asmodeo runzelte die Stirn. „Lebensskript?“
    „Jeder von uns hat in dieser, unserer Welt eine Hauptaufgabe, die er lösen muss. Das ist das einzige Gut, das er mit ins Fegefeuer nimmt.“
    Asmodeo hatte sich erneut dem Gemälde zugewandt und war dabei, sich darin zu verlieren.
    Der Abt schüttelte ihn unsanft an der Schulter, was Asmodeo dazu brachte, herumzufahren. Seine Hand zuckte nach oben und legte sich wie eine stählerne Klammer um den Hals des alten Mannes. Dessen Augen blieben ruhig. „Krieg …dich …wieder …ein! Das hilft uns …in keiner Weise, …wenn du …jetzt …die Beherrschung …verlierst!“, brachte er krächzend heraus. Mit

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