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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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erstaunlicher Kraft packte er Asmodeos Hand und zog sie von sich weg. „Komm, ich muss dir noch etwas zeigen.“
    Asmodeo seufzte resignierend und folgte dem Abt, der den roten Sessel aufstellte, bevor er sich eine weitere Sitzgelegenheit heranzog. Er nahm darauf Platz und signalisierte Asmodeo, es ihm gleich zu tun. Asmodeo ließ sich niedersinken, während seine Augen blicklos auf das mittlere Gemälde gerichtet waren.
    „Du musst auch die anderen zwei Bilder betrachten.“
    Erst jetzt bemerkte Asmodeo, dass auf der linken Leinwand eine grüne Landschaft entstanden war, durch die sich ein Zug schlängelte, gezogen von einer altmodischen Dampflok. Dichter Rauch drang aus ihrem Schornstein. In dem Gemälde ganz rechts entdeckte Asmodeo einige weißgetünchte Gebäude. Davor eine Wasserstelle, um die ein Esel trottete, geritten von einem schwarzgelockten Jungen.
    „Was hat das zu bedeuten? Diese drei Bilder - hängen die irgendwie zusammen?“
    „Du hast es erfasst. Im Fegefeuer hat die Zeit aufgehört, zu existieren. Dort ist alles miteinander verwoben. Wenn wir in die drei Gemälde blicken, können wir von links nach rechts die Vergangenheit, die Gegenwart und eine mögliche Zukunft unserer Seelen betrachten.“
    Asmodeo ballte seine Hand und schlug mit der Faust auf die Lehne seines Sessels. Das Holzgestell brach mit lautem Knacken.
    Der Abt zog tadelnd eine Augenbraue hoch.
    „Was bringt uns das, zuzusehen, wie sich Lilith dort unten quält, wenn ich ihr nicht helfen kann?“, brauste Asmodeo auf.
    „Da hast du recht. Niemand kann ihr helfen. Sie ist auf sich gestellt. Lediglich eine kleine Unterstützung ist möglich. Durch einen Heiligen. Der kann nämlich für kurze Zeit quasi zu Besuch in die Zwischenwelt kommen. Er kann wichtige Tipps geben, weil er ja die Zukunft kennt und er kann auch in begrenztem Umfang einige Gegenstände hineinbringen.“
    Asmodeo sah ihn ungläubig an. „Das soll tatsächlich funktionieren?“
    Der Abt nickte. „Und wie das funktioniert.“
    Asmodeo schnaubte erneut. „Bedauerlicherweise kenne ich viele Wesen und auch viele Menschen. Aber darunter ist kein Heiliger.“
    Diesmal grinste der Abt über beide Backen. „Das kann man so nicht sagen. …Und bevor du mich jetzt wieder würgst, sage ich es dir gleich: Ich kann hinein. Ich habe es schon mehrmals erfolgreich getan. Ich kann Lilith und Johannes unterstützen.“

Kapitel 2
– Lilith und Johannes
     
     
    1
     
    D a war ein ständiges Rattern. Es wiederholte sich ohne Unterlass – schwer und rhythmisch. Darunter mischte sich ein Geräusch, ein tiefes Schnauben. Stetig kehrte es zurück. Als würde ein gigantischer Drache ein- und ausatmen.
    Mein Kopf wackelte kraftlos hin und her, er schlug leicht nach hinten.
    Ich wusste, dass ich saß. Es war eine Art Sessel, in dem ich mich befand. Ein Sessel mit geradem Rücken und einer Nackenstütze.
    Ich hatte nicht viel Platz. Meine Beine waren angewinkelt, ich konnte sie nicht ausstrecken. Unter meinen Händen, die auf schmalen Lehnen ruhten, spürte ich kaltes Leder.
    Mir fröstelte. Unwillkürlich tastete ich nach meiner Jacke und versuchte, sie enger an mich zu drücken. Doch die Kälte blieb.
    Ich musste mich dazu zwingen, meine Augen zu öffnen – kein leichtes Unterfangen, aber schließlich schaffte ich es.
    Zuerst konnte ich nichts erkennen. Dann schälten sich langsam Umrisse aus dem Dunkeln, dem Rattern und dem Schnauben. Ein schmaler Gang, links und rechts Sitze, allesamt verwaist. Vor den Fenstern Schwärze. Keine Sterne, kein Mond, nur das fahle Licht in dem Raum.
    Ich befand mich in einem Zugabteil. Ich bewegte mich durch die Nacht.
    Der Schlaf übermannte mich.
    Als ich das nächste Mal zu mir kam, gelang mir das vergleichsweise leicht. Meine Augen gehorchten mir besser. Ein seltsames Zwielicht hüllte das Zugabteil ein. Wir fuhren durch einen Wald. Hohe dichte Baumkronen verdeckten den Blick auf den Himmel.
    Die Abstände zwischen den Bäumen vergrößerten sich. Vor den Fenstern wurde es heller. Der Morgen graute. Nirgends waren eine Stadt oder auch nur Häuser zu sehen. Rußige Rauchschwaden einer Dampflok zogen an meinem Fenster vorbei.
    Die Bremsen quietschten. Metall rieb auf Metall. Der Zug kam zum Stehen. Ächzend ließ die Lokomotive Druck ab.
    Irgendwo wurde eine Tür geöffnet. Ich hörte Schritte.
    Neue Passagiere strömten in das Abteil, in dem bislang nur ich gesessen hatte. Frauen und Kinder drängten herein, alte Männer und junge Kerle

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