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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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hinter uns gelassen. Die Landschaft machte einen lieblichen Eindruck. Allerdings schien sie unbewohnt und verlassen – nirgends konnte ich ein Lebewesen entdecken.
    Ein drittes Mal schwang die Verbindungstür geräuschvoll zurück. Diesmal erschien ein kräftiger Mann in Uniform. Auf seinem Kopf trug er eine blaugoldene Schirmmütze.
    „Die Fahrkarten und Ihre Pässe bitte“, hörte ich ihn zu den Passagieren sagen, die am Anfang des Abteils saßen.
    Ich sah, wie alle anfingen, in ihren Taschen zu suchen und dem Schaffner wortlos schwarze Karten und schwarze Pässe entgegenzustrecken, sobald er sich ihnen näherte. Der Schaffner kontrollierte jedes einzelne Dokument und stempelte die Billets mit einer Art Zwicker ab. Danach neigte er den Kopf als Zeichen seines Dankes. Er reichte die Papiere an den jeweiligen Inhaber zurück und wandte sich dem nächsten zu.
    Auch um mich herum begannen alle, ihre Unterlagen zusammenzusammeln. Ich schaute ihnen eine Weile zu. Ich konnte mich an keine Fahrkarte oder gar an einen Pass erinnern. Aber dann griff ich einfach in die Innentasche meiner Jacke. Es raschelte, meine Finger fanden Papier und ich zog die Dokumente hervor – keinen Moment zu früh, denn der Kontrolleur befand sich bereits direkt neben mir.
    Ich öffnete meinen Ausweis und schlug die Seite mit dem Lichtbild auf. Eine junge Frau mit rotem Haar lächelte mich an. Darunter stand ihr Name: Lilith Stolzen.
    Die Frau und der Name waren mir unbekannt.
    Ich zögerte, dem Schaffner den Ausweis auszuhändigen. Der Kontrolleur wirkte etwas ungeduldig und nahm ihn mir schließlich selbst aus der Hand. Unverzüglich stempelte er die Fahrkarte ab, den Pass jedoch betrachtete er lange und eingehend. Als er wieder aufblickte, bemühte er sich um ein Lächeln. Es wirkte gekünstelt.
    „Frau Stolzen?“
    „Ja?“, sagte ich und auch in meiner Antwort schwang mehr als eine Unsicherheit mit.
    „Frau Lilith Stolzen?“, wiederholte er.
    Ich nickte stumm.
    „Wir müssen Ihren Pass noch registrieren. Es dauert nicht lange.“
    „Aber es ist doch alles in Ordnung damit?“
    „Keine Sorge. Reine Routine.“
    Ich hatte das starke Gefühl, dass er mich anlog.
    Sein Lächeln war verschwunden, als er sich wegdrehte und das Abteil verließ. Auch für ihn schien der Alte, der mir gegenüber saß, unsichtbar zu sein.
    Der Alte beugte sich zu mir herüber. Er legte die Hand auf meinen Unterarm und zwang mich, ihn anzusehen.
    „Lilith“, sagte er.
    Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich diesen Namen hörte.
    „Lilith“, wiederholte er. „Der Kontrolleur.“
    „Was ist mit ihm?“
    Der Ausdruck des Alten war angespannt und hochkonzentriert. „Der Schaffner geht jetzt nach vorne und holt drei Wachleute. Sie werden bewaffnet zurückkommen und sie werden dich töten.“
    Ohne auch nur eine Sekunde zu zweifeln, wusste ich, dass er die Wahrheit sagte. Lähmendes Entsetzen packte mich. Panisch blickte ich mich um.
    Der Zug fuhr jetzt sehr schnell. Es ging einen Abhang hinunter. Wir hatten den Grüngürtel, der sich entlang des Flusses gezogen hatte, verlassen. Die Umgebung war felsig und trocken. Sie ging langsam in eine leblose Wüste über. Die Sonne stach mittlerweile so grell vom Himmel, dass sie in den Augen schmerzte. Ich sah keine Möglichkeit, aus dem rasenden Zug zu entkommen. Nirgends war eine Haltestelle zu entdecken.
    „Lilith!“ – die eindringliche Stimme riss mich aus meiner Angst.
    Der Alte hatte jetzt meine Hände gepackt und sich noch weiter zu mir vorgebeugt. Unsere Gesichter berührten sich fast.
    „Schnell, du musst dich beeilen! Oben rechts an der Decke, der rote Hebel - siehst du ihn?“
    Ich folgte seiner Anweisung und entdeckte eine Art Griff, der an einer Kette hing.
    „Gut. Genau den meine ich.“ – Der Alte schien meine Gedanken lesen zu können. „Steh auf und zieh die Notbremse! Das wird den Zug stoppen. Er wird sogar entgleisen.“
    „Aber die anderen Passagiere…“, setzte ich an.
    „Kümmere dich nicht um sie, denen kann nicht viel passieren. Ich verspreche es dir. Wenn alles zum Stehen gekommen ist, trittst du hier gegen das Fenster. Es wird nicht einfach werden, aber du kannst es zerbrechen. Und dann musst du schnell hinaus. Vergiss nicht, meine Tasche mitzunehmen. Sie ist lebensnotwendig für dich. Hast du verstanden? Lebensnotwendig !“
    Ich nickte.
    Über seiner rechten Schulter konnte ich durch das Glas der Verbindungstür die Konturen des Schaffners erkennen. Er eilte herbei.

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