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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Und er war nicht alleine. Ihn begleiteten drei Männer, die Gewehre trugen.
    Ich stürzte nach vorne, ergriff die Notbremse und zog mit aller Kraft.
    Nichts geschah.
    Ich hängte mich mit meinem vollen Gewicht daran. Urplötzlich gab die Kette nach und ich stürzte beinahe zu Boden. Zeitgleich ging ein mörderischer Ruck durch den Zug. Metall kreischte protestierend auf, als sich die Bremsen in die Räder schlugen. Ich wurde nach vorne geworfen, prallte auf den Sitz, wo kurz zuvor noch der Alte gesessen hatte.
    Der Zug bewegte sich mit einem durchdringenden Quietschen weiter. Dann spürte ich, wie sich der hintere Teil unseres Abteils in die Höhe hob. Kurz verharrten wir, halb in der Luft schwebend, bevor alles in einem ungeheuren Getöse zusammenfiel.
    Ich wurde wie von einer unsichtbaren Hand auf den Mittelgang geworfen und schlitterte weit über den Boden. Wir kippten erst auf eine Seite, dann wieder zurück. Passagiere flogen wie Stoffpuppen durcheinander. Einzelne Schreie ertönten. Holz splitterte, als die Vertäfelung brach. Sitze wurden aus ihren Verankerungen gerissen und segelten als Geschosse durch die Luft.
    Mit einem Mal verlor ich die Orientierung. Oben war unten und umgekehrt und wieder anders. Das Krachen wurde immer lauter. Unser Abteil bohrte sich in den Waggon vor uns. Die Wände wurden zerdrückt, sie kamen immer näher. Für mich schien kein Platz mehr zu sein. Mit einem ohrenbetäubenden Lärm entgleiste der Zug.
    Ich wurde zwischen zwei Sitzen eingeklemmt. Mein Kopf schlug gegen eine Wand.
    Dunkelheit.
    Der Schmerz trieb mich dazu, die Augen zu öffnen. Ich konnte nicht sagen, wie lange ich bewusstlos gewesen war. Um mich herum vernahm ich Stöhnen, Jammern und Weinen. Dichter Staub hing in der Luft. Ich musste husten.
    Ein Motor wurde angelassen. Kurz darauf biss eine Säge kreischend in Metall. Unser Waggon vibrierte. Mir wurde klar, dass von außen versucht wurde, sich zu uns hineinzuschneiden.
    Das Weinen der Kinder nahm an Intensität zu. Die Schreie der Frauen hallten verzweifelt. Licht drang durch einen ersten Spalt, in den sich die Säge fraß. Der Spalt wurde größer, ein Loch entstand. Ein Ausgang.
    Hände wurden hereingereicht, erste Fahrgäste vorsichtig ins Freie gezogen.
    „Schnell!“, hörte ich jemanden rufen. „Macht schneller!“
    Die Rettungsmannschaft würde sich um uns kümmern.
    Die Verwundeten schöpften neue Hoffnung. Für einen Moment ebbte ihr Wehklagen ab und ich konnte hören, was vor dem Notausgang gesprochen wurde.
    „Beeilt euch! Wir müssen sie finden! Schaut euch jeden genau an. Lilith Stolzen, die Rothaarige - sie darf uns nicht entkommen!“
    Sie warteten draußen auf mich. Der Alte hatte recht gehabt. Sie wollten mich töten. Warum, wusste ich nicht. Es war auch ohne Belang. Ich musste hier weg.
    Ich sah hinter zu dem Fenster, das heil geblieben war. Das Fenster, auf das der Alte gezeigt hatte.
    Ich drückte gegen die Sitze, unter denen ich halb begraben lag und stemmte mich mühsam frei.
    Zitternd erhob ich mich. Mein Blick irrte durch das demolierte Abteil. Schwankend begann ich, mich in den hinteren Bereich des Waggons vorzuarbeiten, weg vom Ausgang, hin zum Fenster. Der Boden unter meinen Füßen war schräg und mit Trümmern übersät. Ich rutschte mehrmals aus, während ich mich in entgegengesetzter Richtung an den nach außen drängenden Fahrgästen vorbeischubste und -rempelte.
    Ich fand die Ledertasche des Alten, hob sie auf und schlug mit ihr gegen das Fenster. Das dicke Glas gab keinen Millimeter nach. Ich hämmerte mit der Faust dagegen – ohne jeden Erfolg.
    Keuchend stand ich davor. Ich ließ die Tasche los. Meine Hände fanden einen Teil der an der Decke befestigten Reling, die noch intakt war. Ich hängte mich daran, schwang hin und her und trat mit beiden Beinen gegen das Glas. Es knirschte unter der Wucht des Aufpralls.
    Ich nahm erneut Anlauf und trat wieder zu. Beim vierten Versuch bildeten sich unzählige kleine Risse in der Oberfläche der Scheibe, sie zerbarst aber nicht.
    Mein nächster Tritt riss das gesamte Fenster aus seiner Verankerung. Es schwenkte nach außen und blieb schief hängen.
    Ich ließ die Reling los, packte den Koffer des Alten und zwängte mich hindurch. Während ich noch halb in der Öffnung steckte, hörte ich Rufe. „Achtung! Sie ist da hinten! Sie flieht!“
    Gleichzeitig ertönten Schüsse.
    Kugeln hämmerten neben mir in die Wand des Zuges. Ich ließ mich fallen und landete auf dem Koffer. Mit beiden

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