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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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um es entmutigt wieder sinken zu lassen. Nichts.
    Wie lange würde er noch auf diesem gottverdammten Felsen sitzen müssen, während es sich seine Kollegen im Schatten des Zuges gemütlich machten? Zugegeben – vielleicht hatten die da unten auch viel zu tun, aber sie hatten definitiv nicht mit der Sonne zu kämpfen.
    Eine weiße Schlange kroch aus der Hitze am Horizont hervor. Er presste seine Augen zusammen. Eindeutig keine Einbildung. Hastig blickte er durch das Fernglas: Im Vordergrund flirrende Luft, verdorrte Steppe, dahinter die letzten Ausläufer des grünen Pflanzengürtels. Fast vermochte er, den Fluss zu erahnen. Und endlich, ein weißer Lkw, gefolgt von drei Bussen.
    Er hatte es beinahe geschafft. Der Abholdienst nahte. Bald hatte sein Warten ein Ende.
    Als er die Wagen deutlich sehen konnte, stand er auf und winkte. Das Geräusch der Motoren drang bis zu ihm hinauf.
    Die Transporter hielten am Fuße des Hügels an. Eine Fahrertür wurde geöffnet und ein großer schlanker Mann sprang heraus. Er trug einen hellen Anzug und Reitstiefel. Zielstrebig schritt er den Abhang empor. Der Wachmann wusste nicht genau warum, aber er ging dem Mann entgegen. Auf halbem Wege trafen sie sich.
    Der Fremde hatte eine beeindruckende Ausstrahlung. Seine Haare waren hellblond, fast weiß, seine Augen von einem stechenden, alles durchdringenden Grün.
    Irgendwie beängstigend – dachte der Wachmann.
    „Und?“, fragte der Fremde.
    Beim Klang der Stimme, lief dem Wachmann ein kalter Schauer über den Rücken.
    „Wir hatten einen Unfall“, antwortete er. „Vielleicht wollen Sie es sich einmal anschauen?“
    Der Fremde nickte als Erwiderung und deutete mit seiner Hand nach oben. „Sie gehen voran!“
    Der Wachmann gehorchte umgehend, wenn auch widerstrebend. Eine innere Stimme warnte ihn davor, dem Fremden den Rücken zuzukehren. Zugleich wurde er wütend auf sich selbst, weil er sich derartig herumkommandieren ließ. Wer glaubte denn dieser Fremde, zu sein, dass er sich diesen Ton erlaubte? Schließlich verdiente er als Chef der Wachtruppe durchaus Respekt. Seit vielen Jahren hatte er diese Position bereits inne. Wohingegen es sich bei diesem Fremden ganz offensichtlich um einen Neuankömmling handelte.
    Missmutig stapfte der Wachmann den Hügel empor, bis er dort ankam, wo er die letzten Stunden gewartet hatte. Fast geräuschlos schob sich der Fremde neben ihn. Der Wachmann registrierte voll Verwunderung und Neid, dass dieser kein bisschen zu schwitzen schien.
    Gemeinsam sahen sie hinunter zu dem, was einmal ein Zug gewesen war. Dort sah es aus, wie auf einem Schrottplatz. Die Eisenbahn glich einer gigantischen Ziehharmonika, die ein Riese zunächst zusammengepresst, dann auseinandergerissen und schließlich voller Wut um sich geschmissen hatte. Die Lok lag quer auf den Schienen, ihr Kessel geborsten. Der Tender mit der Kohle hatte sich an die hundert Meter entfernt in den Sand gebohrt. Schwarze Briketts waren  überall verstreut. Einige Waggons hatten sich ineinandergeschoben, andere lagen kreuz und quer mit aufgerissenen Seiten auf dem Bahndamm.
    Die Passagiere hockten oder standen in dem geringen Schatten, den die Trümmer boten. Dutzende von Verletzten ruhten dazwischen auf provisorischen Bahren, die man aus den herausgerissenen Sitzen gefertigt hatte.
    Der Fremde pfiff leise durch seine Zähne.
    „So was haben Sie noch nicht gesehen!“, fuhr ihn der Wachmann beinahe herausfordernd an.
    Der Fremde lächelte milde. „Da scheint jemand seinen Spaß gehabt zu haben.“
    Der Wachmann wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Wieder kroch die Angst ihn ihm empor und diesmal konnte er sie nicht verdrängen.
    „Lilith Stolzen“, sagte der Fremde.
    „Sie ist geflohen“, erwiderte der Wachmann. Seine Stimme war krächzend, fast versagte sie.
    „Geflohen?“.
    „Wir hatten sie. Beinahe. Aber sie hat den Zug entgleisen lassen.“
    „Das kann ich sehen. Wie konnte sie entkommen?“
    „Sie hat ein Sicherheitsfenster aufgetreten, hat sich hindurchgezwängt und ist weggerannt.“
    „Und Sie haben sie ziehen lassen?“
    „Wir haben auf sie geschossen, bis sie den Hügel dort vorne überquert hat.“ Der Wachmann deutete in Richtung der Wüste.
    Die Augen des Fremden verengten sich, als er der Handbewegung des Wachmanns folgte. „Warum sind Sie nicht hinterher?“
    „Ja wie denn?“, entrüstete sich der Wachmann.„ Nur ein absolut Wahnsinniger wäre ihr nach. Der feste Boden dieser Einöde geht bald in lockeren

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