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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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zukam.
    Metallisches Quietschen mischte sich in den leisen Atem der Brise.
    Das Dreieck war an einen hohen hölzernen Mast gebunden und mir wurde klar, dass es sich um ein Segel handeln musste. Der Mast selbst fußte in einer Art Wagen, der scheinbar wie von selbst über die Ebene glitt.
    Als das Gefährt ein paar hundert Schritte von mir entfernt war, hörte der Wind so urplötzlich auf, wie er angefangen hatte. Das gerade noch aufgeblähte Segel fiel kraftlos in sich zusammen. Schlapp hing es am hölzernen Pfahl.
    Der Wagen rollte noch einige Meter, dann blieb er stehen.
    So schnell wie nur möglich, hastete ich über die Schwellen vorwärts, um zu dem Gefährt zu kommen. Ich konnte es nicht erwarten, zu sehen, wer sich halb hinter dem Segel und dem Mast verbarg. Denn dort war eindeutig der Umriss eines Körpers zu erkennen.
    Doch plötzlich, mitten im Laufen, packte mich die Angst. Ich verlangsamte mein Tempo und blieb schließlich stehen. Konnte das eine Falle sein? Vielleicht wollte mich die Person hinter dem Segel töten, wie es die Wachleute im Zug versucht hatten.
    Aber dann griff ich in meine Hüfttasche und das Rascheln des Papiers beruhigte mich. Wer immer dieser Asmodeo sein mochte, ich war mir sicher, dass er mich nicht verraten würde. Asmodeo wollte nur das Beste für mich. Asmodeo würde mich in keine Falle locken. Niemals.
    Zuversichtlich schritt ich weiter.
    Inzwischen konnte ich den rechten Arm der Person deutlich ausmachen, die im Wagen auf mich wartete. Der Arm steckte in einer schwarzen Jacke. Ein weißes Hemd lugte am Handgelenk hervor. Alles andere wurde weiterhin von Mast und Segel verdeckt.
    Umso genauer konnte ich jetzt das Gefährt betrachten. Es handelte sich um eine Draisine. Der Wind hatte sie offensichtlich von weit her zu mir getragen.
    „Hallo Lilith!“ Die Stimme kam mir bekannt vor.
    Ich stieg halb die Stufen der Draisine empor. In eine Ecke gekauert lag der Alte, den ich aus dem Zug kannte.
    „Hallo Lilith“, wiederholte er.
    „Hallo“, erwiderte ich und ich konnte es nicht verhindern, dass ich enttäuscht klang.
    „Du hast jemand anderen erwartet?“
    Ich schüttelte den Kopf und flüsterte dann. „Ja.“
    Das Lächeln des Alten wirkte ansteckend. Es erinnerte mich an ein anderes Lächeln. An ein Jungenlächeln, das ich nicht mehr kannte. Denn auch diese Erinnerung hatte man mir geraubt.
    „Nein und ja?“, fragte der Alte.
    Ich stieg ganz in den Wagen und ließ mich neben ihm nieder. Nach den schier endlosen Stunden in der Wüste, umgeben nur von Hitze und Einsamkeit, tat es mir unendlich gut, nicht mehr alleine zu sein, und ich kostete diesen Augenblick mit allen Sinnen aus. Ich ergriff die Hand des Alten, hielt sie in meinen Händen und betrachtete sie, während ich über sie strich. Sie war kraftlos und trotz der Hitze kalt, die Finger lang und sehnig, sensibel, wie die eines Künstlers… - aber auch diese Erinnerung, die sich in diesem Moment in mir regte, wurde durch die Schatten des Vergessens überlagert.
    „Natürlich freue ich mich, dich zu sehen“, sagte ich schließlich. „Du kommst doch von Asmodeo.“
    Das Lächeln des Alten wurde breiter. Er nickte. Dann wurde er wieder ernst. „Wir haben nicht viel Zeit, Lilith. Mir bleibt nicht viel Zeit.“
    „Aber ich habe so viele Fragen…“
    „Du wirst auch deine Antworten bekommen. Jedoch nicht heute und nicht hier.“
    Der Alte griff unter eine der Sitzbänke und zog einen weiteren Reisekoffer hervor. Er glich dem ersten, den er mir gegeben hatte, wie aufs Haar.
    „Lilith, pass jetzt gut auf. Du musst dir meine Worte merken.“
    Ich hielt seine Hand umklammert, suchte in seinem Gesicht nach dem Wissen, dass er mir schuldig blieb.
    „Lilith, hör mir gut zu. Du darfst nicht auf dieser Draisine weiterfahren. So verlockend das auch sein mag. Du darfst auch nicht am Bahndamm bleiben. Sie suchen dich jetzt überall und sie würden dich hier sehr bald finden. Und dann wärst du tot. Aber nicht nur du, sondern alle, für die du sorgen musst. Hast du das verstanden?“
    Ich nickte, um gleich darauf zu entgegnen: „Aber wo soll ich dann hin? Hier ist nur Wüste und mein Wasservorrat ist so gut wie erschöpft.“
    „In der Tasche findest du einen Plan. Einen Plan, mit Wasserstellen. Die Entfernungen sind so bemessen, dass du es schaffen wirst. Also gib nicht auf und verzweifle nicht.“
    Ich schluckte schwer. „Kommst du mit?“, fragte ich den Alten.
    Der schüttelte den Kopf. „Das geht nicht.“
    „Und

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