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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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und legte den Hut über mein Gesicht, damit ich am Morgen nicht wieder die halbe Wüste in Nase, Mund und Ohren haben würde.
    Ich war unendlich einsam. Ich hätte geheult wie ein Schlosshund, doch ich konnte es mir nicht erlauben, auch nur eine einzige Träne zu vergeuden.

15
     
    D ie Kälte weckte mich derartig früh, dass nur eine Ahnung des Tages in der Dunkelheit hing. Ungelenk kam ich auf die Beine und streckte mich ausgiebig. Dabei blickte ich in die Richtung des Camps, welches ich gestern Nacht beobachtet hatte, doch vom Lagerfeuer war nichts mehr zu sehen.
    Nachdem ich meine morgendliche Routine absolviert und mich vergewissert hatte, dass sowohl mit der Feldflasche alles in Ordnung war und auch der Revolver tadellos funktionierte, setzte ich meinen Marsch fort. Inzwischen konnte ich mich nicht mehr erinnern, wie viele Tage und Nächte ich in dieser Wüste bereits verbracht hatte. Es kam mir vor, als wäre ich schon immer hier gewesen, als ob der einzige Sinn meiner Existenz darin bestand, halb verdurstet unter einer Sonne, die mehr einem glühenden Feuerball glich, einem Ziel entgegenzugehen, das nicht näherzukommen schien.
    Die ersten Strahlen blinzelten silbrig über die Ränder der Dünen und tauchten die karge Landschaft in weiß-schwarze Schattenrisse. Näher als ich es vermutet hatte, sah ich die Silhouetten zweier Pferde. Auf dem vorderen konnte ich einen Mann erkennen. Er trug einen langen Mantel und sein Kopf war unter einem breitkrempigen Hut verborgen.
    Langsam aber stetig schritten die Tiere vorwärts. Der Mann passte sich den Bewegungen der Pferde an. Ich konnte die Transporttrage ausmachen, die das Packtier hinter sich her zog. Die Trage schien schwer beladen, vermutlich mit Proviant. Der Reiter hatte sich gut ausgerüstet.
    Als die unbarmherzige Sonne weiter hochstieg, verschwand der Reiter mit seinen Pferden aus meinem Sichtfeld. Er hatte den Scheitelpunkt der Düne passiert. Ich war wieder allein.
    In meiner Feldflasche befand sich nur noch ein kläglicher Rest Wasser. Heute würde ich nichts davon trinken. Ich brauchte eine Reserve, weil ich nicht voraussehen konnte, wie lange sich der Fremde an der Oase aufhalten würde.
    Aber vielleicht konnte ich ja auch einfach zu ihm gehen. Mit ihm sprechen. Ich stellte mir vor, wie wunderbar es wäre, wieder einmal die Stimme eines anderen Menschen zu hören. Aber dann schüttelte ich den Kopf. Nein – das konnte ich einfach nicht riskieren. Die Gefahr war zu groß. Ich erinnerte mich nur allzu deutlich an den Kontrolleur im Zug, der mich zusammen mit den Wachleuten ohne Grund angreifen wollte. Sie hatten sogar auf mich geschossen. Womöglich hatte ich etwas getan, an das ich mich nicht erinnern konnte. Etwas absolut Schreckliches, wofür ich den Tod verdiente.
    Ich musste alleine bleiben.
    Wie ein Roboter bewegte ich mich vorwärts - das Knirschen meiner Füße im Sand, die sengende Hitze auf meinem Rücken, in mir selbst gähnende Leere, bis auf den gnadenlosen Durst. Längst hatte ich es aufgegeben, mich nach dem Kompass zu richten. Beinahe willenlos folgte ich der Spur des fremden Reiters.
    Manchmal, wenn ich aufsah, meinte ich, Dinge zu erkennen, von denen ich wusste, dass sie nicht hier sein konnten. Eine Zeitlang begleitete mich die alte einäugige Katze, die mich bei der ersten Oase besucht hatte. Schnurrend strich sie um meine Beine, rannte ein Stück vor mir her, blieb dann sitzen und wartete, bis ich zu ihr aufholte. Aber immer, wenn ich mich bückte, um ihr struppiges Fell zu berühren, fanden meine Hände nur den heißen körnigen Sand.
    Ein Schatten fiel auf die Fährte und als ich meinen Kopf hob, vermochte ich einen schwarzen Vogel zu sehen. Er kreiste über mir, weit entfernt, doch war dessen blauschwarzes Gefieder deutlich auszumachen. Ich wusste, dass die Augen des Vogels blutigrot glühten. Meine Hand griff wie automatisch nach meinem Revolver, ich hob die Waffe und visierte ins satte Blau des Himmels, das ich inzwischen aus ganzem Herzen hasste. Immer wenn die Kimme der Waffe kurz davor war, auf der Brust des Raben zum Ruhen zu kommen, verschwand der Vogel.
    Nichts hier war Realität.
    Als ich das Geräusch das erste Mal hörte, glaubte ich fest daran, dass es ebenfalls meiner Fantasie entsprungen war. Ein leises hohes Surren und dann ein Schlag – klatschend und bösartig. Allerdings wiederholte sich das Geräusch und wurde mit jedem Schritt, den ich machte, lauter.
    Und dann vernahm ich das Lachen eines Mannes und kurz

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