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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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hinzu: „Hast du gut geschlafen?“
    Fast meinte ich, er würde rot werden. „Habe ich dich etwa …“, er zögerte, „…geweckt?“
    „Nein“, erwiderte ich. „Ich war schon wach.“
    „Etwas Warmes wäre jetzt wunderbar“, meinte er und klopfte sich mit übertriebener Sorgfalt den Sand von seiner schwarzen Kleidung.
    „Ich kümmere mich um das Frühstück und du schaust nach den Pferden“, beeilte ich mich zu sagen, um die Situation zu überspielen. Ohne seine Reaktion abzuwarten, ging ich geschäftig zu seinem Gepäck, holte eine Blechkanne, die ich am Vortag schon gesehen hatte und füllte sie mit Wasser. In der Feuerstelle leuchtete noch ein kleiner Rest Glut. Ich legte die letzten Holzstücke der Trage nach und wartete, bis sich eine kräftige Flamme entwickelt hatte. Aus meiner Satteltasche fischte ich das schwarze Pulver, welches ich einem der Verbrecher am Vortag abgenommen hatte und schüttete die Hälfte davon in die Kanne, bevor ich sie direkt in das Feuer stellte.
    Bald darauf zog ein verlockendes Aroma durch unsere kleine Oase.
    Kaffee! – schoss es mir durch den Kopf.
    Johannes kam von den Pferden zurück. Er hatte uns einige Stücke hartes Brot mitgebracht und seinen Becher. Ich goss uns von dem Kaffee ein. Johannes probierte zuerst.
    „Hmmm, großartig“, meinte er und reichte mir die Blechtasse. Ich packte sie am Rand um meine Finger nicht zu verbrennen und kostete ebenfalls. Es schmeckte heiß, würzig und stark. Wir ließen den Becher zwischen uns hin und her wandern und tauchten unsere Brote hinein, um sie aufzuweichen. Dabei hielten wir uns gegenseitig mit den Augen fest, lachten und brauchten kein Wort zu sagen, weil wir wussten, was der jeweils andere dachte.
    Ich musste wohl unbewusst an meiner Kette gespielt haben, die um meinen Hals hing. Wie von einem inneren Zwang getrieben betätigte ich den geheimen Mechanismus. Das Medaillon klappte auf und seine Musik begann zu spielen. Gemeinsam lauschten wir, wie einzelnen Töne unsere Einsamkeit durchdrangen und sich zu einer einzigartigen Melodie zusammenfügten.
    Als das Spielwerk geendet hatte, dauerte es eine Zeitlang, bis wir in unsere Gegenwart zurückfanden.
    „Darf ich einmal sehen?“, fragte Johannes und streckte mir seine Hand entgegen.
    Widerstrebend streifte ich die Kette über meinen Kopf und reichte ihm das Schmuckstück. Johannes nahm es behutsam und fuhr mit seinem Finger über die Diamanten, die auf der Außenseite angebracht waren, bevor er hineinblickte - auf die Miniaturmalerei im Inneren.
    „Wer sind die zwei Kinder?“
    Vage zuckte ich mit den Schultern. „Ich kann es dir nicht sagen. Sie kommen mir zwar bekannt vor, aber…“, ich stockte, „…aber das ist auch schon alles. Wenn ich ehrlich bin, geht es mir ähnlich wie dir. Mein bisheriges Leben ist wie ausgelöscht. Ich kenne nur diese Wüste, diesen Sand, diese Hitze. Und jetzt dich.“
    Johannes bemühte sich, zu lächeln. „Da haben wir vieles gemeinsam.“ Er reichte mir das Medaillon zurück. Sofort legte ich es wieder an.
    „Manchmal“, begann ich, „…manchmal überfallen mich Fetzen von Erinnerungen. Dann sehe ich Bilder, die ich nicht einordnen kann, von denen ich aber weiß, dass sie mir früher einmal viel bedeutet haben müssen. Geht es dir auch so?“
    „Nein“, Johannes wirkte bitter. „Offensichtlich machst du mehr Fortschritte, als ich. Wenn du bereits schon Teile deines früheren Ichs zurückgewonnen hast, dann ist es sicher nur eine Frage der Zeit, bis sich alles zusammenfügt und du die Herrin über deine gesamte Vergangenheit bist.“
    „Das ist doch ein schöner Gedanke“, sagte ich.
    Wir lachten, um die Trostlosigkeit zu vertreiben, die in uns aufstieg.
    „Übrigens weiß ich ganz sicher, dass ich dich von früher kenne. Dass wir uns schon einmal begegnet sind. Dass wir uns….“ – ich brach ab, sah ihn an und fügte nach einer Weile hinzu. „Spürst du das nicht auch?“
    Johannes benetzte seine Lippen mit der Zunge und suchte nach einer Antwort. Er nickte zunächst zögerlich, dann bestimmter. „“Ja. Manchmal…“ auch er führte seinen Satz nicht zu Ende. Diesmal vermieden wir es, uns in die Augen zu sehen.
    Ich vernahm deutlich, wie ein Windhauch über die Ebene strich und in den Büschen unserer Oase die wenigen Äste aneinander rieb. Der Atem der Luft verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    „Warum willst du eigentlich nach Snowhill?“, wechselte Johannes das Thema.
    „Ein alter Mann ist mir

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