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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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meinem rasselnden Atem.
    Der Rattenkerl musterte Johannes eingehend. Dann fragte er voller Verwunderung: „Was stellst du denn dar?“
    Kein Muskel zuckte in Johannes Gesicht, als er antwortete: „Das siehst du doch. Ich bin ein Priester.“
    Nichts rührte sich, bis sich der Rücken des Anführers abrupt auf und ab bewegte. Sein kreischendes Gelächter drang mir durch Mark und Bein. Die anderen Männer im Raum stimmten mit ein, der Lärm war ohrenbetäubend.
    „Lasst den Trottel da stehen! Hochwürden ist harmlos! Wir schicken die rothaarige Nutte in die Hölle – mit dem priesterlichen Segen unseres neuen Freundes hier!“, wieherte der Rattenkerl. Den zwei Männern, die Johannes hereingebracht hatten, befahl er: „Und ihr zwei, ihr geht wieder nach draußen zu den anderen. Auf den Pfaffen muss niemand aufpassen! Auf unsere Pferde schon.“
    Die restlichen Männer versammelten sich um mich. Der Anführer packte wieder die Tischplatte, die roten Augen der Ratte musterten mich unverwandt. „Passt mal auf“, rief er, „wie schön das Weibsstück tanzen kann!“ Er begann, den Tisch zu sich zu ziehen.
    Meine Blicke waren auf Johannes gerichtet. Der hatte seinen Geigenkasten auf der Theke abgestellt und langte in seine Jackentasche. Als seine Hand zum Vorschein kam, glitzerte etwas darin. Er hob mein Medaillon bis auf Schulterhöhe. Die Diamanten funkelten im spärlichen Licht der Kantina.
    Johannes betätigte den Auslösemechanismus. Zart und zögerlich drangen die ersten Töne durch den Raum, purzelten grotesk durcheinander und bildeten allmählich ihre wehmütige Melodie.
    Der Anführer verharrte in seiner Bewegung, das Gegröle seiner Leute erstarb. Die Ratte auf seiner Schulter kroch nach hinten. Alle Augen wandten sich Johannes zu.
    Die Musik schwebte kurze Zeit durch die Luft, dann erstarb sie. Johannes klappte das Medaillon zu und steckte es in seine Tasche.
    „Was soll das?“, schnappte der Anführer.
    Johannes ließ sich Zeit mit der Antwort. „Die Musik sagt, dass uns bald der Tod besucht“, antwortete er schließlich.
    Der Anführer nickte. „Und wie recht du damit hast! Zuerst stirbt die blöde Hure, und dann du.“
    Johannes schüttelte den Kopf. In aller Ruhe, als hätte er alle Zeit der Welt, beugte er sich zu seinem Geigenkasten und öffnete den Verschluss. Die Hände der Banditen ruhten jetzt auf ihren Waffen. Sprungbereit beobachteten sie jede noch so kleine Bewegung, die Johannes machte. Dieser klappte den Kasten auf, griff hinein und holte die Geige heraus. Er setzte sie an seine Schulter, korrigierte deren Sitz und legte schließlich den Bogen auf die Saiten.
    Die Männer betrachteten ihn zuerst ungläubig. Dann entspannten sie sich. Von einem Musikinstrument ging keine Gefahr für sie aus. Ihre Arme, die eben noch nach ihren Waffen gegriffen hatten, sanken locker herab.
    Die Geige blieb stumm.
    Johannes atmete tief aus. „Ich merke schon“, sagte er, „ihr seid keine richtigen Kunstliebhaber. Auch das wunderschönste Konzert könnte eure steinernen Herzen nicht erweichen.“
    Das Gelächter der Männer dröhnte erneut laut, der Tisch unter meinen Füßen bebte. Johannes legte die Geige auf den Tresen vor sich, schlug den roten Samt im Geigenkasten zurück, öffnete eine weitere Innenklappe und langte hinein. Als er sich aufrichtete, hielt er eine Maschinenpistole in seinen Händen. Ich sah ihre grässliche Mündung, ihr kreisrundes Trommelmagazin.
    Die Waffe spuckte Tod und Verderben. Die Schüsse kamen so schnell hintereinander, dass sie zu einem berstenden Knall verschmolzen.
    Die Männer, die sich um meinen Tisch gruppiert hatten, wurden wie von einem stählernen Hagel umgemäht und meterweit geschleudert. Der Anführer krachte mit voller Wucht gegen meinen Tisch, der durch den Aufprall vollends unter mir weggedrückt wurde.
    Ein mörderischer Schmerz durchzuckte mich, ich strampelte in der Luft, schwang hin und her und drehte mich dabei mehrmals um die eigene Achse.
    Ich sah die Männer in den grauen Mänteln, die jetzt blutbesprenkelt waren, verzerrt und verrenkt am Boden liegen. Dann kam Johannes in mein Blickfeld. Er zielte mit der Maschinenpistole auf meinen Kopf. Ein einzelner Schuss löste sich. Das Seil, an dem ich baumelte, riss, und ich stürzte auf die Dielen.
    Johannes kümmerte sich nicht um mich. Vielmehr richtete er seine Maschinenpistole auf den schmalen Eingang, um die Männer aufzuhalten, die draußen bei den Pferden geblieben waren.
    „Hey Boss, alles o.k.

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