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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Nacken, dort, wo der Knoten des Seils gelegen hatte, brannte noch unerträglich.
    „Das wird große Blutergüsse geben“, meinte Carlitos und ich antwortete: „Vermutlich wird man sie für Knutschflecke halten.“ Kaum dass ich meinen Satz zu Ende gesprochen hatte, versuchte eine fahle Erinnerung aus der Vergangenheit Kontakt mit mir aufzunehmen. Aber wieder gelang es ihr nicht und ich blieb hilflos und frustriert zurück.
    „Komm Carlitos, wir stellen die Tische auf. Wie sieht das aus, wenn sich die Männer abrackern und wir hier untätig herumstehen“, sagte ich, in dem Versuch, meine trüben Gedanken zu vertreiben.
    Der Junge nickte, holte einen Mopp und einen Eimer voll Wasser. Während er den Boden aufwischte, platzierte ich das Mobiliar an seinen ursprünglichen Platz und legte zwei zerbrochene Stühle in eine hintere Ecke. Direkt vor mir huschte etwas über den Boden. Eine fette Ratte mit roten Augen rannte geduckt über die Holzbohlen. Meine Hand zuckte zur Hüfte, aber der Revolver war fort. Einer der Banditen hatte ihn an sich genommen, bevor sie mich aufhängen wollten.
    Das Tier flüchtete auf den Tresen, wo es innehielt. Es drehte sich zu mir um und fixierte mich, in dem Wissen, dass von mir momentan keine Gefahr ausging.
    „Dreckiges Monster!“, hörte ich Carlitos schimpfen.
    Ich packte einen der zerbrochenen Stuhlbeine und spurtete in Richtung der Ratte. Sie rannte quer durch die Küche, zog sich kratzend die Wand empor und entkam durch eines der kleinen Fenster ins Freie. Das Letzte, was ich von ihr sah, war ihr langer haarloser Schwanz, bevor sie im Gestrüpp verschwand.
    „Die Anführer haben immer eine dabei“, sagte Carlitos neben mir.
    „Das ist mir auch schon aufgefallen. Was wollen die damit?“
    Carlitos zuckte die Schultern. „Das ist eine Art Erkennungszeichen. Jede Gruppe dieser Verbrecher hat ihr eigenes Maskottchen. Niemand konnte uns bisher erklären, was das zu bedeuten hat.“
    Schritte ertönten hinter uns, als die Männer in den Schankraum zurückkehrten.
    „Na, hier sieht es ja wieder aus, wie bei Menschen!“ Clement schien bester Laune. Er setzte sich an einen der großen Tische, nahm den Hut ab und fuhr sich durch seine blonden, fast weißen Haare. „Lieber Manuel, ich bin hungrig wie ein Wolf.“
    „Einen Moment, die Herren“, rief Manuel dienstbeflissen.
    „Soll ich helfen?“, bot ich mich an.
    „Nein, nein, wo denken Sie hin, Señorita. Das ist eine Kantina. Die beste weit und breit. Niemand bedient hier außer mir und meinem Sohn.“
    Leicht widerstrebend nahm ich gegenüber von Clement Platz. Johannes trat neben mich, wo er wie unschlüssig einen Moment verharrte. Dann griff er in die Tasche seines schwarzen Mantels und holte mein Medaillon hervor. Selbst in dem trüben Licht der Kantina funkelten die Diamanten wie Sterne am Himmel. Johannes öffnete den Verschluss der Kette und legte das Schmuckstück behutsam um meinen Hals.
    Clement schien das nicht weiter zu beachten, aber ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er versuchte, uns mit seinem Desinteresse zu täuschen.
    Johannes setzte sich zu mir.
    Clement langte an seinen Gürtel und zog meinen Revolver heraus, den er einem der toten Rattenmenschen offensichtlich wieder abgenommen hatte. Er blickte nachdenklich auf die Waffe, dann platzierte er sie vor sich auf den Tisch, gab ihr einen Schubs, sodass sie in meine Richtung glitt. Schräg vor mir blieb sie liegen.
    Ich streckte den Zeigefinger aus, und drehte die Waffe, bis ihre Mündung genau auf Clement zielte. Dann lehnte ich mich auf dem Stuhl zurück und beobachtete Clement aus halb gesenkten Lidern.
    Clements Augen begannen zu leuchten. Ein amüsiertes Grinsen überzog sein Gesicht, doch unter dieser Fassade waberte eine völlig andere Emotion auf, die mich in meiner Einschätzung bestätigte, auf der Hut zu sein.
    „Wie ich sehe, hast du dich nicht verändert, Lilith. Immer noch so misstrauisch wie früher.“
    „Wir kennen dich nicht“, sagte ich. „Du behauptest, der Bruder von Johannes zu sein. Aber du kannst es nicht beweisen.“
    „Nein, kann ich nicht.“ Clement lehnte sich ebenfalls auf seinem Stuhl zurück. Seine Jacke rutschte wie zufällig zur Seite und gab den Griff seiner Automatikpistole frei.
    Manuel kam und stellte einen großen Topf aus Gusseisen in die Mitte des Tisches. Ein unbeschreiblicher Duft drang in meine Nase. Schlagartig wurde mir bewusst, wie sehr ich ausgehungert war. Carlitos brachte Teller und Löffel

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