Im Abgrund der Ewigkeit
Hoffnung?“, flüsterte sie.
Asmodeo fuhr sich mit seiner Rechten über die Stirn. „Ich habe alles getan, was ich konnte. Sie hat die beste medizinische Versorgung, die es gibt. Ich habe eine der fähigsten Ärztinnen Europas für sie und Johannes verpflichtet. Aber…“, er brach ab.
„Heute Mittag“, meinte Gerti mit tonloser Stimme, „so kurz nach zwölf, fing euer Hund plötzlich an, im Garten hin- und herzulaufen. Er setzte sich und jaulte herzzerreißend. Ich konnte ihn gar nicht beruhigen. Und da wusste ich, dass etwas Furchtbares geschehen war.“
Asmodeo stützte seinen Kopf mit den Händen. Dann straffte sich sein Körper und er zwang sich, Gerti direkt anzusehen. „Lilith hat verhindert, dass Samael das Tor zur Hölle aufstößt. Und dann hat sie mit Samael gekämpft. Auf Leben und Tod.“ Asmodeo verstummte.
„Kann ich zu ihr? Nur einen Augenblick... Bitte!“
„Sie liegt im Koma. Sie ist an unzählige Geräte angeschlossen. Sie erkennt nichts und niemanden um sich herum.“
„Du weißt, ich habe sie schon einmal so erlebt. Als ich sie gefunden habe. Vor etwas mehr als vier Jahren…“ Ihre Stimme brach.
„Nanah, diesmal ist es anders. Lilith ist weitergezogen. Ich habe versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Ich habe mich bemüht, in ihr Bewusstsein einzudringen. Aber ich kann sie nicht finden. Ich habe es auch bei Johannes probiert – ohne Erfolg.“
„Was bedeutet das?“
„Hier, in dieser Klinik, auf der Intensivstation, liegen nur die Körper. Wie auch Johannes, befindet sich Lilith selbst längst in der Zwischenwelt. Und dort kann ich sie als Dämon nicht mehr erreichen. Aber das ist noch nicht alles…“
„Noch nicht alles? Was kann noch schlimmer sein?“
„Du weißt, dass Lilith kein Mensch ist. Ein Dämon jedoch, der in die Zwischenwelt gerät, ist rettungslos verloren. Er kommt nicht mehr zurück. Er wechselt innerhalb kürzester Zeit in die Hölle über. Er kann sich diesem Sog nicht entziehen. Und das Einzige, woran ich mich derzeit klammere, das einzige Fünkchen Hoffnung, ist die Tatsache, dass ich mir bei Lilith nie restlos sicher war, ob sie tatsächlich eine Dämonin ist, auch wenn alle anderen es stets behauptet haben.“
Gertis Augen zogen sich zusammen. „Natürlich ist sie anders! Ich kenne meine Lilith! Ich weiß, dass sie über besondere Fähigkeiten verfügt. Aber eines sage ich dir: nie und nimmer ist sie eine Dämonin!“
„Wenn ich sie verliere… Nanah, ich kann ohne sie nicht sein!“
Gerti kam zu ihm, legte ihre Hände auf seine Schultern, und dann strich sie behutsam über sein Haar. „Lilith hat großes Glück, dass sie dich kennenlernen durfte“
„Wir haben uns gestritten, Nanah. Wir haben uns wegen eines lächerlichen Missverständnisses entzweit. Und weil ich in meinem Stolz gekränkt war, konnte ich es ihr nicht erklären. Sie ist in dem Glauben gegangen, ich hätte sie betrogen und ausgenutzt.“
„An den Entwicklungen bist nicht du schuld. Das geht allein auf Samaels Konto.“
„Aber ich hätte das verhindern müssen! Ich hätte viel früher erkennen müssen, was Samael vorhatte. Ich war wie verblendet. Ich dachte, ich hätte alles im Griff. Wegen meiner Dummheit und Überheblichkeit ist es erst so weit gekommen.“
„Hör auf, dich mit Selbstvorwürfen zu zerfleischen, Asmo! Sie sind falsch und sie hindern uns nur daran, das zu tun, was getan werden muss. Du darfst dir jetzt keine Schwäche erlauben. Wenn du jetzt aufgibst, triumphiert Samael. Willst du das? Los sag mir, willst du das?“ Gerti griff an Asmodeos Schultern und schüttelte ihn grob.
Asmodeo zuckte vor Schmerz zusammen und schrie unterdrückt auf. Doch sein Blick klärte sich.
Gerti beugte sich nah an Asmodeos Gesicht. „Samael. Was ist mit ihr?“
Asmodeo räusperte sich. „Ihr Körper ist schwer verletzt. Mindestens genauso schwer, wie der von Lilith. Für eine Weile werden wir Ruhe vor ihr haben.“
„Aber nur für eine Weile, habe ich recht? Dann wird sie sich rächen wollen.“
„Ja. Sie wird alles daransetzen, in dem Körper zu bleiben, in dem sie sich jetzt befindet, um keine Zeit mit der Suche nach einem neuen Wirt zu verlieren. Sie wird nichts unversucht lassen, gesund zu werden. Ihr einziges Ziel wird sein, uns alle zu vernichten - je früher, desto besser.“
Gerti senkte ihren Kopf. Ihr weißes Haar fielen ihr vors Gesicht. Sie griff nach der Lehne von Asmodeos Sessel, um sich daran festzuhalten. „Sie soll nur kommen. Wir werden sie
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