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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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dieser Sache betrifft? «
    Für einen Moment schloss er die Augen, um sich zu sammeln. Dann öffnete er sie und schüttelte gleichzeitig den Kopf. » Ganz ehrlich, Helen, du siehst Gespenster. Du kannst froh sein, dass wir befreundet sind. Jeder andere würde dich wegen solcher unausgesprochener Unterstellungen ganz entschieden in deine Schranken weisen. Ich schlage vor, du schläfst dich mal richtig aus, und dann reden wir weiter. « Er trat hinter mich und schob mich mit sehr bestimmtem Griff vor sich her durch die Tür. » Solltest du etwas zum Schlafen benötigen, gib uns Bescheid, dann bekommst du ein Rezept. Und jetzt muss ich nach nebe n an. Du findest sicher alleine hinaus. « Mit einem knappen Nicken ließ er mich stehen.
    Ich sah ihn hinter einer Tür verschwinden, die gleic h d arauf geschlossen wurde. Mein Herz raste, während meine Gedanken sich überschlugen. Hatte mir mein Gedächtnis einen Streich gespielt? Waren mir seine Worte falsch in Erinnerung gebli e ben? War es möglich, dass ich wegen meines Schlafmangels die Dinge durcheinander brachte? Hatte Joost Recht –sah ich tatsächlich Gespenster?
    19
    An diesem Abend fand ich keine Ruhe. Wie auch immer ich es drehte und wendete –mein Gefühl sagte mir, dass Joost mir ausgewichen war. Aber warum? Hatte er etwas zu verbergen, oder hatte ihn die Enttäuschung über meine insistierenden Fragen dazu bewogen?
    Annette und schließlich Joost zu verdächtigen bedeutete, eine unsichtbare Grenze zu überschreiten. Was wurde aus einer Freundschaft, wenn erst einmal Misstrauen gesät war? Würden sich die Risse, die dadurch unweigerlich entstanden, jemals wieder kitten lassen? Es gab so viele Fragen, auf die ich keine Antworten wusste.
    Mit einem Seufzer ließ ich mich in den Schaukelstuhl neben Janas Bett sinken. Ich war froh, dass wenigstens sie so selig schlief, und ich wünschte ihr, dass ihr Vater sie in ihren Trä u men besuchte. Mein Blick wanderte zu ihren abstehenden Ohren, und ich lächelte.
    Dein Vater hatte Humor und ein sehr gesundes Selbstb e wusstsein , J ana. Er wäre nie auf die Idee gekommen, seine Ohren operieren zu lassen. Im Gegenteil: Er war der Überzeugung, wegen ihrer exponierten Ausrichtung könne er die Flöhe husten hören. Außerdem würden sie ihm eine ganz besondere Note verleihen, der die Frau seines Herzens auf Dauer nicht würde widerstehen können. Das sagte er mir bei unserer zweiten Begegnung in diesem Café. Dabei grif f e r wie zufällig nach meiner Hand und starrte versonnen auf meinen Ehering. Mein Blick folgte seinem.
    » Wann hast du begonnen, es zu bereuen? « , fragte er. » Bei Patricks erster Affäre? «
    Während meine Hand nach wie vor in seiner ruhte und sich dabei sehr geborgen fühlte, schüttelte ich langsam den Kopf. » Nein, das war schon eher, obwohl ich es mir da noch nicht eingestanden habe. Vier Wochen nach unserer Hochzeit bekam ich einen ekligen Hautausschlag. Patrick schaute mich zwei Tage lang mit unverkennbarem Widerwillen an. Dann verzog er sich für die nächsten zwei Wochen ins Gästezimmer. Er meinte, mein Anblick sei einer noch jungen Ehe und vor allem der so sensiblen Erotik nicht zuträglich. Er halte es für klüger, diese Klippe elegant zu umrunden. Das sei schließlich auch in meinem Interesse. « Inzwischen konnte ich bei der Erinnerung an diese Szene schon wieder lachen.
    Gregor war ganz offensichtlich nicht zum Lachen zumute. In seinen Augen funkelte es. » Nenn mir einen Grund, warum du noch bei ihm bist. «
    Mir fehlte der Mut, seinem Blick standzuhalten.
    » Sieh mich an, Helen! «
    Wie in Zeitlupe hob ich den Kopf und entzog ihm meine Hand. » Ich schäme mich vor mir selbst. Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, aber Patrick zu heiraten war eine so idiotische Idee … «
    » Da kann ich dir nur beipflichten. «
    » … mit diesem Mann aufs Standesamt zu gehen ist, als würde man einer doppelten Täuschung aufsitzen. Er ist der Prototyp eines Blenders, und ich habe mir mit einer fatalen Mischung aus Naivität und Überheblichkeit etwas vorgemacht. «
    » Warum hast du so lange gewartet? Warum bist du nicht eher zu mir gekommen? «
    » Ich bin nicht direkt zu dir gekommen « , druckste ich herum, » ich habe nur … «
    Millimeter entfernt von meiner Hand trommelten seine Finger auf den Tisch. » Bitte keine Spielchen, Helen. Mir gegenüber kannst du die Dinge ruhig beim Namen nennen. «
    Ich holte tief Luft und atmete sie langsam wieder aus.
    » Könntest du mich bei

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