Im Anhang mein Herz
weil es fabrikneu ist.
Meine Oma war gestern wieder ansprechbar. Sie hat gesagt, dass sie nicht glaubt, dass sie es diesmal noch schaffen wird. Vielleicht muss sie wirklich bald sterben.
Du fragst, wie du mich denn angesehen hättest damals. So wortgewaltig bin ich leider nicht, das beschreiben zu können.
Ein Versuch: Offen und distanziert, interessiert und reserviert, erstaunt und gelassen, lebhaft, intelligent, ernst und belustigt.
Verwirrend und umwerfend.
Du schreibst, ich hätte viel Unglück erlebt. Ja, und zum Teil ist es selbst verschuldet.
Du schreibst, es koste dich viel Zeit, dass du mir schreibst.
Das glaube ich. Ich hoffe, dir nicht zu viel Zeit zu stehlen. Am Vernünftigsten wäre es, wenn du mir ein bestimmtes Kontingent zuteiltest, das ich dann nicht überschreiten darf.
Ich denke auch, dass es vernünftig ist, dass ich bald einmal auch den Führerschein mache. Nur, klein darf ein Auto nicht sein, sonst fühle ich mich nicht sicher, leider.
Es ist für mich überhaupt nicht unehrenhaft, Stand-by neben deinem Mann zu stehen, im Gegenteil, es ehrt mich.
Und nicht dass du glaubst, ich würde gegen deinen Mann eingestellt sein. Am liebsten wäre mir, du dürftest mehrere Männer haben, denen du gleichermaßen die Treue hieltest und wir alle wären glücklich und zufrieden.
Von mir aus kann es auch den umgekehrten Fall geben, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, mehrere Frauen auszuhalten, es sei denn, sie wären alle so toll wie du.
Du schreibst, ich solle mir nicht gleich eine neue Frau suchen. Also, wenn überhaupt, dann hätte es schon gleich sein müssen. Denke bitte daran, wie alt ich schon bin. Es will mich doch sonst keine mehr. Später hätte das doch keinen Sinn. In der Pension? Sie arbeitet dann noch, und ich bin dann schon zu Hause? Das ist doch absurd.
Wann es bei mir begonnen hat‚ schief zu laufen? Ich denke, als ich dann bei meiner Großmutter wohnte. Das Internatsgeld wurde meiner Großmutter zu viel. Im Internat war die heile Welt um mich gewesen. Ich war sogar Ministrant und im Kirchenchor und wirklich ziemlich fromm.
In der öffentlichen Schule wusste ich nicht, war das jetzt die richtige und eigentliche Welt oder war doch meine vorige Umwelt höher zu schätzen. Daher stellte ich beide infrage.
So etwas passiert Kindern nun einmal und müsste von den Erziehungspersonen aufgefangen werden. Meine Oma war aber definitiv zu alt, es mit zu bekommen.
Ich hatte keinen Anschluss zu den Mitschülern und wollte mich auch mit niemandem abgeben, sondern saß meistens zu Hause und las. Mit meiner Großmutter gab es mehr und mehr Krach, ich weiß aber eigentlich nicht mehr, worum es dabei ging. Alles drang nicht richtig zu mir durch.
Ich hätte mich schon gerne mit jemandem angefreundet, doch mich konnte niemand leiden.
In den Sommerferien war ich meistens alleine zu Hause, Oma war auf Kuren. Kein Mensch kümmerte sich um mich.
Nachdem ich in weiterer Folge lange die Schule geschwänzt hatte, bis meine Großmutter endlich davon informiert wurde, kam ich wieder in ein Internat. Mit meinen halbwegs guten Noten bekam Oma eine Förderung für mich.
Im Internat gab es dann viel zu viele Vorschriften, die ich nicht mehr gewohnt war. Dort waren vorwiegend reichere Jugendliche. Die waren an teuren Dingen interessiert , hatten reiche und tolle Väter und waren untereinander bereits seit Langem befreundet. Ich wurde unzufrieden und neidisch. Ich wurde dort höchstens als gescheit geachtet, als jemand, der einem schnell mal Nachhilfe vor der Schularbeit geben konnte, darüber hinaus aber komplett unbedeutend war. Die Mitschüler sahen besser aus, gingen zum Friseur!, kleideten sich modisch, lernten tanzen. Ich kann bis heute nicht tanzen.
Ich aß zu viel, wurde dick und fühlte mich dadurch noch miserabler. Es war niemand da, der mir hätte ausreden wollen und können, dass ich nur die zweite Klasse war.
Höchstens die Schwester meiner Oma, die mich in dieser Zeit manchmal eingeladen hat, nahm mich ernst. Einmal hat sie meine vielen im Internat gemalten Bilder zu einer akademischen Malerin, mit der sie befreundet ist, getragen, die mir Talent bescheinigt hat wie der Zeichenlehrer auch.
Leider war ich dennoch der Meinung, dass ich nichts wirklich lernen könnte. Ich dachte, ich sei minderbegabt.
Im letzten Schuljahr habe ich mich verliebt in ein intelligentes, hübsches Mädchen, das neu in meine Klasse gekommen war. Blond mit blauen Augen. Ich war ihr leider total egal. Sie liierte
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