Im Auftrag der Liebe
gestern erwähnt, als er reingeschaut hat, um sich zu verabschieden. Das hat mich gewundert – ich wusste gar nicht, dass du dich für seine Arbeit interessierst.«
Kellner sausten durch den Raum, der in luxuriösen, satten Farben gestaltet war. Die Schlange am Take-away-Schalter wurde immer länger. Raphael war spät dran.
Ich rutschte unbehaglich hin und her. Ganz ehrlich? Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als ein Teil des Familienunternehmens zu sein. Menschen zusammenzuführen, wahre Liebe zu finden, die Gabe sinnvoll zu nutzen, die in unserer Familie seit Generationen vererbt wurde.
Aber das konnte ich nicht. Nicht seit jenem Abend, als ich mit vierzehn während eines Gewitters mit Marisol telefoniert hatte.
Seitdem war das Leben nicht mehr so gewesen wie zuvor.
Und vierzehn Jahre später war mir immer noch nicht ganz klar, was ich eigentlich mit mir selbst anfangen sollte.
»Lass es uns mal so sagen, man hat mich überzeugt«, entgegnete ich ausweichend und hoffte, dass Maggie nicht nachbohren würde.
»Störe ich?«, fragte Raphael aus diskreter Entfernung.
»Überhaupt nicht«, winkte ich ab. »Du erinnerst dich sicher noch an Maggie?«
»Wir haben uns schon ein paarmal gesehen.« Er nickte ihr auf altmodische Gentleman-Art zu, die ich zauberhaft fand. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Ms Constantine.«
Maggie verbat sich mit einer Handbewegung sämtliche Förmlichkeiten und forderte ihn auf, sich zu setzen. »Nennen Sie mich doch bitte Maggie.«
Raphael nickte abermals.
Sie füllte auch sein Glas, während er sich die Serviette auf den Schoß legte. »Dann lasse ich euch beide mal in Ruhe essen. Bestell deinem Vater schöne Grüße, wenn du mit ihm sprichst.«
»Das mache ich.«
Sobald sie außer Sichtweite war, rieb Raphael mit seiner Serviette über das Glas, um einen Fleck zu entfernen. »Was denn?«, fragte er, als ich die Augenbrauen hochzog.
»Du kannst nicht anders, oder?«
»Meinst du, sie würde mich mal mit Meister Proper in ihre Küche lassen?«
»Nein.«
Er lehnte sich auf der gepolsterten Bank zurück und fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln. »Das ist ja wirklich ein zauberhaftes Lokal.«
»Das klingt so, als hättest du echte Probleme.«
»Zieh keine voreiligen Schlüsse, Uva.«
»Hm-hm«, machte ich.
Er lachte. »Jetzt fang du nicht auch mit den Hm-hms an. Ja, ich gebe zu, ich würde hier einiges anders machen.«
»Zum Beispiel?«
»Diese Farben. Die sind so feminin. Ich würde neutraler dekorieren.«
»Langweiliger, meinst du.« Ich liebte Raphael von ganzem Herzen, aber von Innenausstattung hatte er keine Ahnung.
Er ignorierte mich. »Und ich würde umbauen, sodass die Take-away-Theke ihren eigenen Eingang hat – so lenkt das die Kunden, die hier essen, doch viel zu sehr ab.« Er warf einen Blick auf den Speisezettel. »Und ich würde einige neue Gerichte auf die Karte setzen. Und für mehr gesunde Alternativen sorgen, damit Menschen wie dein Vater eine größere Auswahl haben.«
Da hatte er allerdings Recht. Mein Vater war ein Gesundheitsfanatiker und bestellte selten etwas anderes als den mediterranen Hühnchensalat. »Es wundert mich, dass du überhaupt je essen gehst.«
»Was ich ja auch äußerst selten tue. Was ist das?«, fragte er und gab den Mappen auf dem Tisch einen Stups.
»Mögliche Partnerinnen.«
»Für wen?«
»Für dich.«
Er riss die Augen weit auf, erschauderte plötzlich und warf einen anklagenden Blick auf die Lautsprecher über seinem Kopf. »Mit dieser Musik wäre auch Schluss.«
Klassik war definitiv nicht Raphaels Stil.
Ein Kellner kam an den Tisch, um unsere Bestellung aufzunehmen. Raphael entschied sich für den Fish-and-Chips-Teller mit frischem Kabeljau und selbst gemachten Pommes frites, und ich nahm das Gourmet-Sandwich mit der köstlichen Grillpaprika-Mayo.
Ich griff nach der obersten Mappe und schlug sie auf. »Marcia Bigelow, einundfünfzig. Sie unterrichtet Naturwissenschaften in der siebten Klasse, mag den Herbst, Schokoladenkekse und Kreuzfahrten.«
»Aber keine Piña Coladas, und sie mag es auch nicht, vom Regen überrascht zu werden oder sich nachts in den Dünen am Kap zu lieben?«
Meine Wangen brannten. Auch wenn er damit auf einen Songtext anspielte, sah ich Raphael einfach nicht in diesem Licht. Meinen Vater schon (abgesehen vom Sand), aber ihn nicht.
Was viel über meine Kindheit aussagte.
»Jetzt mach dich nicht über sie lustig. Zumindest auf dem Papier sieht sie wie eine tolle Kandidatin
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