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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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ihn an. Er war schwerer, als Ché erwartet hatte. Er trug ihn zum Zelt, schritt durch den Vorhang, der den Eingang verdeckte, und betrat das schattige Innere.
    Er begab sich in den hinteren Teil, wo das Gefäß mit der Königlichen Milch in einem Alkoven stand. Sanft legte er den Kopf auf dem Podest ab, bevor er den Verschluss des Behälters aufschraubte.
    Ché hob den Kopf wieder an, so dass sich ihre Blicke trafen. Lucians Augen waren von einem schwachen Gelb.
    »Wie geht es dir?«, fragte Ché.
    Der Mann betrachtete sein Gesicht. » Müde «, sagte er. » Kann. Nicht. Schlafen .«
    »Vielleicht schläfst du die ganze Zeit über. Vielleicht ist das alles nur ein Alptraum.«
    Der Mann blinzelte, als ob er wieder zu Verstand käme. » Beende. Meine. Schande .«
    Ché seufzte und runzelte die Stirn, bewegte sich aber nicht.
    » Bitte. Dich «, krächzte Lucian.
    Ché streckte die Hand aus und zupfte das Blatt von der Wange des Kopfes. Das Fleisch fühlte sich kalt an. Vorsichtig legte er den Kopf wieder in den Behälter mit der Königlichen Milch. Die Augen des Mannes beobachteten ihn, als sie unter die Oberfläche der Flüssigkeit glitten.
    Ché stand eine Weile da und sah zu, wie Blasen nach oben trieben. Langsam und mit großem Vergnügen leckte er sich die Fingerspitzen und summte gebannt, als die Lebenskraft ihn plötzlich durchpulste.
    Ché drehte sich um und ließ das Gefäß tief in den Schatten zurück.
    *
    In dieser Nacht saß Asch allein da und schaute über die Zelte des Gepäcktrosses und das Lager der Reichsarmee zu den Ruinen der Stadt Turm, die noch immer brannte.
    Die Soldaten waren laut; sie waren berauscht vom Kampf des Tages und der Beute, die sie bei der Plünderung gemacht hatten. Schon tauschten sie ihre Habseligkeiten bei den Huren und Kaufleuten des Gepäcktrosses ein. Es waren auch Sklaven darunter, die in stillen Reihen zu den Sklavenhändlern und ihren Käfigwagen geführt wurden.
    Asch dachte über den Widerstand nach, den die Stadt geleistet hatte. Ihm erschien er sinnlos, denn gegen die Kanonen der Reichsarmee hatten die Verteidiger nicht das Geringste ausrichten können. Dennoch war das kleine Kontingent von Soldaten auf die Wehrmauern gestürmt und hatte so lange wie möglich gekämpft.
    Vielleicht hatten sie einfach nur gehofft, das Vordringen der Angreifer einen oder zwei Tage hinauszögern zu können. Vielleicht hatten sie mit ihrem Tod der khosischen Armee, die den Gerüchten zufolge bereits auf dem Weg hierher war, Zeit verschafft und den Einwohnern zur Flucht nach Westen verholfen.
    Einige Städte der Volksrevolution hatten damals das Gleiche getan. Sie hatten versucht, die feindlichen Streitkräfte aufzuhalten, während sich die Revolutionsarmee für die letzte Schlacht im Meer des Windes und des Grases gesammelt hatte. Doch am Ende waren ihre Opfer und ihr ganzer Widerstand umsonst gewesen.
    » Umsonst «, brummte Asch und schüttelte seine Kürbisflasche der zerstörten Siedlung entgegen.
    Betrunken knirschte er mit den Zähnen und lehnte sich zitternd zurück. In der Nähe rauschten die schwarzen Nachtwasser eines Stromes durch ein felsiges Bett. Die Schwestern des Verlustes und der Sehnsucht waren heute Nacht voll. Fett wie von aufgesogenem Blut hingen sie über der brennenden Stadt. Er hielt es für ein schlechtes Omen.
    Asch hegte tiefe Bewunderung für das, was hier in den Freien Häfen erreicht worden war. Die Menschen waren weit über das hinausgegangen, was die Bewohner von Honschu sich je erträumt hatten. Doch ein Teil von ihm hatte schon immer gewusst, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Er wusste genau, wie zerbrechlich die Freiheit war. Sie war eine einsame Flamme in der schützenden Hand eines Kindes und leuchtete in einer Welt, in der die Dunkelheit das Licht fraß.
    Ein Pochen erfüllte seinen Kopf, und knurrend griff er sich an die Schläfen. Bei der Plünderung der Stadt war der Schmerz zu ihm zurückgekehrt und damit auch das Zittern seiner Hände. Bevor er sich an dieses grasbewachsene Flussufer zurückgezogen hatte, hatte Asch ein kleines Vermögen in Münzen für eine Flasche mit Cheemfeuer ausgegeben, weil er sich wärmen und seine Schmerzen betäuben wollte.
    Er nahm einen weiteren großen Schluck und betrachtete die Sterne über den Lagerfeuern im Tal. Ninschis Auge leuchtete hart, rot und starr unter ihrer Haube.
    Er dachte an Nico, an eine Nacht wie diese hoch droben in den Bergen von Cheem. Er dachte daran, wie sie sich betrunken und vor das

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