Im Auftrag der Rache
abgebrochenen Zweig nach ihm und lachte erneut, als er sie mit der Hand abwehrte.
Und dann kam Guan von links heran und ritt mit einem Ast in der Hand auf ihn zu, der auf Chés Kopf zielte. Ché duckte sich und spürte den Luftzug des Astes über den Stoppeln auf seinem Kopf.
Er zerrte heftig an der Mähne des Zel, bis es zum Stillstand gekommen war. Es rutschte einige Schritte, bäumte sich auf und beruhigte sich dann. Dampf trieb aus seinen Nüstern. Reglos saß Ché da, während die Zwillinge langsam zu ihm zurückkamen und sich rechts und links von ihm hielten, als wollten sie ihn einkreisen.
Ché sah vom einen zum anderen und wartete.
Schließlich hielten sie gemeinsam vor ihm an. In dem unangenehmen Schweigen senkten die Zele ihre Mäuler zu Boden und rupften das lange Gras aus, das aus dem Schnee herausragte.
»Wildholzsaft«, sagte er und nickte Guan zu. »Um die Reflexe der Pulsdrüse zu dämpfen.«
Seine Worte verursachten lediglich amüsierte Mienen bei den Zwillingen. »Also bitte«, antwortete Schwan für sie beide, »hast du geglaubt, du bist der einzige Diplomat in diesem Feldzug?«
»Das hatte man mir gegenüber angedeutet«, sagte er säuerlich. »Weiß die Matriarchin davon?«
»Natürlich«, sagte Guan langgedehnt.
Schweigen setzte ein; der Wind rauschte ihm um die Ohren.
»Wir sind zur Unterstützung hier, das ist alles«, meinte Guan. Schwan warf ihrem Bruder einen finsteren Blick zu.
Ché lehnte sich auf seinem Zel zurück und sah die beiden nacheinander an. Er versuchte ruhig zu atmen und einen klaren Kopf zu bekommen.
Sie fragen mich nicht nach meinem eigenen Auftrag .
»Ihr wisst, was ich tun soll«, erkannte er.
Guan machte den Mund auf und wollte etwas sagen, aber Schwan trieb ihr Zel vorwärts, so dass es das ihres Bruders beiseiteschob.
»Deine Arbeit scheint dir Sorgen zu bereiten, Ché«, sagte Schwan. »Hält sie dich nachts wach, und wälzt du dich wegen ihr im Bett herum?«
Er betrachtete die Frau und sah, dass ihre sonst so hübschen Gesichtszüge an diesem windigen Ort durch eine Miene der bitteren Verachtung ersetzt worden waren.
»Wir befolgen unsere Befehle«, fuhr sie fort. »Es wäre gut für dich, wenn du das ebenfalls tätest.«
»Wie bitte? Bezweifelt ihr etwa, dass ich sie ausführen werde, wenn es dazu kommen sollte?«
»Du klingst so, als seiest du dir selbst nicht sicher. Was meinst du, Guan?«
Der Bruder, der auf etwas herumkaute, sagte: »Vielleicht mangelt es ihm an Hingabe. Vielleicht ist er nicht mehr mit dem Herzen dabei.«
»Ich habe meine Treue bereits bewiesen«, erwiderte Ché erhitzt und bedauerte die Worte bereits, während er sie aussprach.
»O bitte«, sagte Schwan. »Als ob die Sektion sich je auf Treue verlassen hätte! Du solltest so gut wie jeder andere wissen, was passiert, wenn ein Diplomat von seiner Mission abweicht. Deine Mutter ist eine Sentiatin, oder? Eine Hure verschwinden zu lassen ist die einfachste Sache der Welt.«
Ché blinzelte. Das war das einzige äußere Anzeichen für die plötzliche Wut, die in ihm aufstieg und entfesselt werden wollte. Die Hitze dieser Wut belebte ihn neu und half ihm, sich zu konzentrieren.
Er beugte sich zu ihr vor und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.
»Wenn ihr euch gegen mich wenden solltet«, sagte er offen, »dann sorge ich dafür, dass es euch leidtun wird.«
Er wendete sein Zel und trieb es zu schnellem Lauf an. Er wollte unbedingt von den beiden wegkommen.
*
An jenem Morgen erhob sich die Sonne über einer Ebene aus gebleichter Leere, in der nun auch andere Menschen aus ihren schneeüberhäuften Zelten hervorkamen wie eine Armee der Toten, die aus dem gefrorenen Boden kroch.
Asch sah seine eigenen Atemfäden in der Luft vor ihm treiben, bevor der Wind sie wegpeitschte. Er krümmte sich unter dem kalten Biss der Böen zusammen und dachte: Verdammt früh für Schnee .
Der Kopfschmerz war endlich zu einem dumpfen Pochen herabgesunken, aber Asch litt noch immer unter dem Alkohol, den er in der vergangenen Nacht getrunken hatte. Langsam wanderte er zurück zum Lager und hörte Schreie der Trauer und des Kummers im allgemeinen Lärm des Lagers. In der Nacht hatte es Tote gegeben, hauptsächlich unter dem Gefolge und denjenigen, die bereits krank waren. Einige Männer bemühten sich, in der hart gefrorenen Erde Gräber auszuheben.
Asch kaufte sich ein Frühstück aus Leberpastete und Schleuderbrot sowie einen Becher mit heißem Chee in einer Kantine, die von zwei Eheleuten
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