Im Auftrag der Rache
stand. Die Gesichter der beiden Männer waren gerötet. »Wie sieht unsere Lage aus?«
»Matriarchin«, begann Sparus und neigte den Kopf. »Glaub hat in Tume Zuflucht gesucht. Er evakuiert die Stadt und hat die Brücke in Brand gesetzt, aber wir halten die unversehrte Hälfte. Beim ersten Licht des Morgens werden wir sie wieder aufbauen. Unsere leichte Kavallerie und die Stoßtruppen stehen am Ufer des Simmersees, während wir uns hier miteinander unterhalten. Unsere Artillerie nimmt ihre Position ein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Stadt fällt.«
»Worum geht es bei Eurem Streit?«
Sparus senkte den Blick und presste die Lippen zusammen.
»General Romano?«
Der junge Mann versteifte sich. Er sah sie an, wie ein Wolf seine verwundete Beute betrachtet. Sie bemerkte, dass er sich nicht verneigte, und sofort kam all ihre Verachtung für ihn zurück. »Matriarchin.«
»Sagt Eure Meinung.«
»Wir haben keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis Tume fällt. Unseren örtlichen Führern zufolge könnte der Winter in diesem Jahr früh über die Inseln hereinbrechen. Er wird uns sehr behindern, wenn es uns nicht gelingen sollte, Bar-Khos vor seiner Ankunft einzunehmen.«
»Und?«
»Wir könnten die Hälfte der Armee nehmen und sie auf einem harten Marsch so schnell wie möglich nach Bar-Khos schicken. Jetzt steht uns nichts mehr im Weg.«
»Erzgeneral?«
Noch immer wollte Sparus sie nicht ansehen. Schließlich war es ihr Arzt Klint, der sagte: »In Eurem Zustand dürfen wir Euch nicht weit bewegen. Ein einziger Stoß auf der unebenen Straße könnte Euch töten.«
Sie sah zuerst den rotgesichtigen Mann und dann Romano an.
»Ich verstehe«, sagte Sascheen, als sie die Klemme begriffen hatte, in der sie sich befand.
Romano wollte nach Bar-Khos marschieren und den Ruhm für sich allein haben, denn das würde seinen Anspruch auf den Thron festigen. Und wenn sie stattdessen Sparus losschickte, wäre sie Romano ausgeliefert, der von Männern umgeben war, deren Loyalität er sich erkauft hatte.
Ich behindere unsere Pläne , erkannte sie. Ihre Blicke flogen durch das Zelt, ruhten auf den gesenkten Gesichtern. Niemand wollte ihr in die Augen sehen. Sie musste erbarmungswürdig erscheinen – die göttliche Anführerin des Heiligen Reiches, die gelähmt in ihrem Bett lag, während ihr Arzt sich um sie sorgte.
Sie verkrallte die Hände in den Laken. Sascheen versuchte von der Matratze aufzustehen.
Sool eilte zu ihr und drückte sie heftig zurück aufs Bett. » Jetzt reicht es! «, zischte die Frau. Ganz kurz versuchte Sascheen, gegen sie anzukämpfen, aber das kostete sie die wenige Kraft, die in ihr verblieben war. Sie gab ihre Bemühungen auf und fiel auf die Matratze zurück. Ihre Nasenflügel bebten. Ein Gefühl der Hilflosigkeit überspülte sie und erfüllte sie mit Übelkeit.
Sascheens Seufzen füllte die unangenehme Stille im Zelt aus. Es gab nie eine Ruhepause, dachte sie. Sogar hier, mitten im Feldzug, musste sie um ihre Position kämpfen. Bei diesem Gedanken spürte sie, wie ihr Körper plötzlich schwer wurde, als ob die Last all dieser Jahre sie nun zu zerschmettern versuchte.
Vielleicht ließ die Wirkung der Königlichen Milch allmählich nach.
»Wir müssen zusammenbleiben«, krächzte sie. »Wir alle. Zumindest bis wir Tume eingenommen haben.«
Bei ihren Worten runzelte Romano die Stirn. Sparus hingegen verneigte sich tief, wie der Rest der um sie Versammelten.
Ganz kurz schloss Sascheen die Augen und trieb davon.
»Matriarchin«, ertönte eine ferne Stimme. Sie öffnete die Augen wieder und stellte fest, dass einige Zeit vergangen sein musste.
»Lasst mich allein«, flüsterte sie, doch dann sah sie, dass alle außer Klint bereits gegangen waren. Er wärmte sich die Hände an der Kohlenpfanne. Die Zwillinge Schwan und Guan waren eingetroffen und standen über ihrem Bett.
»Matriarchin«, sagte Guan erneut. Sein Gesicht war feucht, und er rieb sich mit der Hand durch die Haare, um das Wasser daraus zu entfernen. »Es gibt etwas, das Ihr wissen müsst. Euer Diplomat ist desertiert.«
»Ché?«
Einige Tropfen fielen von seinem Kinn, als er nickte.
»Du musst dich irren.«
»Es wurde beobachtet, wie er nach Eurem Sturz das Lager verlassen hat«, sagte Schwan zu ihr.
Sascheen war zu müde für so etwas. »Ihr irrt euch«, keuchte sie. »Er ist mir treu ergeben. Das hat er mir bewiesen.«
»Heilige Matriarchin, er ist verschwunden .«
Klint trat neben die beiden Diplomaten, aber sie
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