Im Auftrag der Rache
guttun.«
Er konnte sich nicht vorstellen, gerade jetzt etwas zu sich zu nehmen.
In seinem Hals pochte es, und allmählich dämmerte es ihm, dass das mehr als nur Kopfschmerz war. Wie lange ist es her, seit ich den Wildholzsaft genommen habe? , fragte er sich plötzlich.
»Sie kommen mich holen«, murmelte Ché, während er aufzustehen versuchte. Die Worte wurden von seiner lahmen Zunge undeutlich gemacht.
»Sie kommen uns alle holen«, hörte er die Antwort des Mädchens.
Seine Hand glitt vom Tisch, und er sackte auf den Stuhl zurück. Er konnte nicht mehr aufrecht sitzen und beugte sich vor, bis seine Stirn auf der kühlen Tischplatte lag. Er drehte den Kopf so, dass nun die Wange auf dem Holz ruhte. Speichel rann ihm aus dem Mundwinkel.
Er bemerkte, dass der Weinschlauch noch in seinem Schoß lag. Er entschied, dass er etwas zu trinken brauchte, richtete sich mit einem Seufzer wieder auf und machte sich an die schwierige Aufgabe, den Keratsch in seinen Mund zu bekommen.
Bevor er ihn herunterschlucken konnte, stieß ihm die junge Frau den Ellbogen in die Rippen, und er zuckte zusammen.
Verschwommen sah er, dass nun jemand vor dem Tisch stand, und jemand anderes schloss gerade die Tür hinter ihnen.
Sie trugen Zivilkleidung unter ihren dünnen Mänteln, die in Hüfthöhe geteilt waren und je eine Pistole enthüllten, die auf Chés Herz gerichtet war.
Sofort setzte er sich aufrecht.
»Habt ihr etwas dagegen, wenn wir Platz nehmen?«, fragte Guan und zog einen der Stühle unter dem Tisch hervor, während seine Schwester dasselbe tat. Schwan warf einen Blick auf das Essen und steckte sich eine kleine Pastete in den Mund.
Löckchen saß wie erstarrt auf ihrem Stuhl. Schwan sah sie mit ihren dunklen Augen an. »Wer ist deine hübsche Freundin?«, fragte sie säuerlich, und Ché fragte sich, wie er diese Frau je als attraktiv hatte ansehen können.
Er sagte nichts, denn Guan bedachte ihn mit einem kalten Blick. »Ich würde nicht nach deiner Pistole greifen, wenn ich an deiner Stelle wäre«, sagte der Mann. »Ich stehe kurz davor, den Abzug zu betätigen.«
Ché nahm die Hand von dem Holzgriff der Pistole in seinem Gürtel.
»Hände auf den Tisch«, sagte Guan zu ihm. Ché legte den Weinschlauch darauf ab und seine Hände daneben. »Du auch«, fuhr Guan das Mädchen an.
Es fiel Ché schwer, das Gesicht des Diplomaten anzusehen. Es schien ihn im schwachen Kerzenschein anzugrinsen; die Schatten erschufen Höhlen in den Augen und machten aus den Lippen eine verzerrte Scharte. Er roch das Wasser des Sees. Chés Blick glitt hinüber zu Löckchens Händen auf dem Tisch. Sie zitterten. Er blinzelte und sah wieder das Gesicht des Mannes an.
»Sag doch endlich etwas«, meinte Guan. »Warum erklärst du uns nicht, wie du zum Verräter geworden bist?«
Ché erkannte, dass sein Schweigen den anderen wütend machte. Er hob die Mundwinkel ein wenig und reizte ihn dadurch noch mehr.
Der Mann sah seine Schwester an. Sie zuckte die Achseln und nahm sich eine weitere Pastete.
Guan hob die Pistole über den Tisch und zielte auf Chés Gesicht. Seine Schwester wischte sich über die Lippen und schluckte den letzten Bissen der Pastete, dann stand sie auf. Mit gezogener Pistole ging sie zur Tür und wartete dort. Sie nickte.
Ché hob den Finger. Einen Augenblick . Guan zögerte. Ché beobachtete das Ende des Pistolenlaufs hinter der flackernden Kerzenflamme. Er beugte sich vor.
Ché schürzte die Lippen und blies.
Der Keratsch in seinem Mund schoss auf die Flamme zu, entzündete sich daran, und Feuer überspülte den Diplomaten. Die Pistole ging mit einem entsetzlich lauten Knall los. Guan kippte nach hinten, während seine Kleidung brannte. Ché stieß gegen den Tisch und warf ihn auf Guan.
Dann sprang er hoch, schwankte, brachte sich wieder ins Gleichgewicht und rannte auf das Fenster zu. Der Rauch erstickte ihn fast. Er riss die Vorhänge zur Seite und versuchte das Fenster zu öffnen. Es widersetzte sich ihm.
Schwan kniete über ihrem Bruder und versuchte die Flammen zu ersticken.
Ché packte Löckchen am Handgelenk und zerrte sie zum Fenster. Es gelang ihr, sich aus seinem Griff zu befreien. »Sie werden dich ebenfalls umbringen!«, fuhr er sie an, drehte sich zum Fenster um und rammte die Schulter dagegen.
Es sprang schneller auf, als er erwartet hatte, und mit einem Schrei stolperte Ché hinaus und landete mit dem Rücken auf weichem Seekraut. Löckchen fiel auf ihn, und gemeinsam rutschten und rollten sie den
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