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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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Tür.
    »Sollen wir?«, fragte sie ihn.
    »Nach dir.«
    Fünfzig Gesichter drehten dich zur Tür, als Schwan eintrat. Augen wurden aufgerissen, als sie sich auf ihre Priesterrobe und den glattgeschorenen Schädel richteten. Sogar das weinende Kind auf dem Schoß seiner Mutter blinzelte sie durch die Tränen hindurch an.
    Schwan schnippte laut mit den Fingern, und das Kind zuckte zusammen und hörte auf zu weinen.
    Der Raum war voller sitzender Männer und Frauen und die Luft heiß und stickig von den vielen aneinandergedrängten Körpern.
    Wie halten sie es bloß in diesem Gestank aus?
    »Wir suchen nach Gant«, verkündete ihr Bruder laut. »Bitte zeigt ihn uns.«
    Niemand bewegte sich. Der Mann, der vor der Versammlung stand, rang erschrocken die Hände.
    »Bist du Gant?«, fragte Schwan ihn.
    Er sah die anderen hilfesuchend an, und Schwan bemerkte, dass einige Männer an der Seitenwand unter den Mänteln nach ihren Waffen tasteten.
    »Wer will das wissen?«
    Das hatte ein Mann gesagt, der vor dem verschlossenen Fenster stand und die Arme vor der breiten Brust verschränkt hatte. In seinem Mund steckte eine Pfeife, und auf dem Kopf trug er eine Spitzkappe, die er sich über das eine Auge geschoben hatte.
    »Ich.«
    »Und wer bist du?«
    »Man nennt mich Schwan.«
    »Also, Schwan, man nennt mich Gant. Und das hier ist eine friedliche Versammlung. Wir tun hier nichts Ungesetzliches.«
    Ihr Bruder schnaubte verächtlich. »Ich würde sagen, dass die Planung eines Aufruhrs ziemlich ungesetzlich ist.«
    Stuhlbeine schabten über den Boden. Die Versammelten standen auf und wichen gegen die Wände zurück. Eine Handvoll Männer stellte sich schützend um sie herum.
    »Ganz ruhig«, sagte Schwan und hob die Hände. Sie nickte dem Mann zu, der sich als Gant zu erkennen gegeben hatte. »Einen guten Abend wünschen wir – zumindest für das, was vom Abend noch übrig ist.«
    Langsam und vorsichtig wichen die beiden aus dem Raum; ihre Aufgabe hier war erfüllt. Schwan warf einen letzten Blick auf Gants neugierige Miene und zog die Tür hinter sich zu.
    Sofort brach ihr Bruder einen Klebestab entzwei und verband damit Tür und Rahmen. Die Klinke klapperte; jemand versuchte, nach draußen zu gelangen.
    Auf der anderen Seite wurden die Stimmen wieder laut.
    Schwan und ihr Bruder eilten die Treppe hinunter und spornten sich dabei gegenseitig an. Das Ruhehaus war ein großes Gebäude mit vielen Etagen und Zimmern. Vielleicht war es einmal ein Hostelio oder eines der berühmten Bordelle dieses Viertels gewesen. Die Bewohner hatten sich von der Treppe entfernt, als sie die beiden auf dem Weg nach oben gesehen hatten. Nun erklang Gemurmel hinter den verschlossenen Türen, und Kinderschreie wurden plötzlich erstickt. Schwan brach ihren eigenen Klebestab entzwei und half Guan, bei ihrem Abstieg die Haupttür eines jeden Stockwerks zu versiegeln.
    Dabei vermied ihr Bruder es, ihr in die Augen zu sehen.
    Draußen auf der gepflasterten Straße wehte eine stinkende Brise den schmalen Accenine, den einzigen Fluss der Insel Q’os, entlang und drang auch in die gewundenen diabolischen Straßen des Elendsquartiers ein, das allgemein unter der Bezeichnung Wirrwarr bekannt war. Die Dämpfe der nahen Stahlwerke kratzten in ihrem Hals, und dunkle Schornsteine sandten ihre Ausflüsse in den Abendhimmel. Guan versiegelte rasch die Vordertür, während Schwan zu ihrer inneren Musik mit den Fingern trommelte und die Gestalten beobachtete, die vor dem Anblick ihrer Roben flüchteten.
    Sie schaute auf den fernen Tempel des Wisperns, der sich über die anderen Gebäude erhob – ein großer, verdrehter silberner Splitter vor den niedrigeren Türmen. Er war heller erleuchtet als zuvor. Sie wusste, dass die zweite Nacht des Caucus inzwischen begonnen haben musste, und verspürte einen Augenblick der Erleichterung darüber, dass sie bald von hier verschwinden konnten.
    Viel näher, am gegenüberliegenden Ufer des schnell strömenden Flusses, erhob sich die Festung der Familie Lefall im strahlenden Schein der Gaslaternen. Am Kai füllten sich Barken mit Soldaten; es waren General Romanos eigene Truppen, die zum Hafen gebracht wurden, damit sie morgen mit der Flotte auslaufen konnten. Schwan musste noch packen und dafür sorgen, dass sich ihr neuer Haussklave gut um die Tiere kümmerte.
    Guan stupste sie an, und sie kehrte in die Gegenwart zurück.
    Er holte seine Pistole hervor und stand Wache, während sie eine der unangezündeten Fackeln anhob, die sie

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