Im Auftrag der Rache
gedämpfter Schrei durch das offene Fenster folgte. Es erschütterte ihn, und seine Hände zitterten, als er auf den Balkon hinausstieg und sich selbst für seine Achtlosigkeit schalt.
Der Schrei aus dem Badezimmer wurde schriller, bis er plötzlich vom Dampf übertönt wurde, der kreischend aus einer Pfeife drang.
*
Im frühabendlichen Chaos des Hafens von Chir wartete Ché in der Schlange vor der überfüllten Planke. Er wollte unbedingt das Schiff verlassen und einige der Attraktionen dieser uralten Stadt erkunden.
Auf der anderen Seite der Planke wimmelten die Sklaven auf dem Kai und brachten frische Vorräte zu den wartenden Schiffen, während große Gruppen von Einwanderern aus allen Gegenden des Reiches auf die Insel strömten, die nun fast vollkommen verlassen war. Zwischen diesen Menschenmengen marschierten die düsteren Truppen der Sechsten Armee in ordentlichen Kolonnen zu den Transportschiffen, die in der Morgendämmerung auslaufen würden, wenn die neu zusammengestellte Streitmacht und Flotte nach Khos absegelte.
Er erkannte, dass es Schwierigkeiten geben würde, als er deutliche Rufe aus dem Achterdeck heraufdringen hörte. Instinktiv drehte er sich zu Sascheens Quartier um und sah, dass die Tür zu den Gemächern der Matriarchin offen stand. Ihre Ehrengarde war nirgendwo zu sehen.
Ché fluchte leise und rannte auf die Treppe und die offen stehende Tür zu. Dabei kam er an den beiden Zwillingen Guan und Schwan vorbei, die mit völlig ausdruckslosen Gesichtern am oberen Ende der Treppe standen.
Drinnen kämpften die Wachen mit einer Gruppe von Priestern, die verzweifelt versuchten, General Romano zu beschützen. Der Mann tobte wie ein Wahnsinniger; sein Speichel flog auf die Heilige Matriarchin zu, die zwischen ihren beiden Leibwächtern auf einem Stuhl saß und seine Raserei mit einem selbstzufriedenen Lächeln beobachtete. Chés Augen weiteten sich, als er eine Klinge in der Hand des jungen Generals aufblitzen sah. Ein Priester schrie etwas und versuchte sie ihm abzunehmen. Dahinter hockte der bizarre Kopf Lucians auf einem Tisch und betrachtete die Szenerie mit einem Ausdruck verrückter Freude.
Schritte ertönten hinter ihm. Der Erzgeneral Sparus marschierte in den Raum. Mit einem einzigen ruhigen Blick aus seinem gesunden Auge erfasste er die Lage.
»Dafür bringe ich Euch um!«, kreischte Romano. »Ich habe nichts gesagt, was ich Euch nicht ins Gesicht sagen würde. Euer Sohn war ein Feigling, und Ihr … Ihr seid die …« Einer seiner Priester zischte etwas und legte ihm die Hand auf den Mund. Romano versuchte die Hand abzuschütteln, aber sogleich legte sich die eines anderen Priesters darüber.
Ché trat beiseite, als die Wächter die kämpfende Gruppe rückwärts aus dem Raum drängten. Erzgeneral Sparus sah Romano mit unbewegter Miene an, als dieser nach draußen gezerrt wurde, und schloss dann die Tür hinter ihm.
Von der Treppe draußen waren Flüche und Gebalge zu hören. Dann setzte Stille ein.
»Er weiß nicht, was er sagt«, flehte ein älterer Priester auf den Knien die Matriarchin an. »Er ist berauscht und verzweifelt wegen seines Verlustes. Er hat kurzzeitig den Verstand verloren, das ist alles.«
Sascheen warf ihrem Verwalter Heelas einen raschen Blick zu.
»Hinaus«, sagte Heelas zu dem knienden Priester, zerrte ihn an seiner Robe hoch und warf ihn aus dem Zimmer.
Ein feuchtes Schnauben kam von dem abgetrennten Kopf auf dem Tisch. Lucian versuchte zu lachen.
»Und du …«, brüllte Heelas und durchquerte den Raum. »Zurück in dein Gefäß, kleiner Mann.« Heelas hob den Kopf mit beiden Händen an und tauchte ihn in die Königliche Milch.
Es vergingen einige Augenblicke, ohne dass jemand ein Wort sprach. Alle sahen Sascheen an, die nicht mehr lächelte, sondern finster die Tür anstarrte, durch die Romano soeben geschleppt worden war. Dann flackerte ihr Blick hinüber zu Ché.
Sie nickte anmutig und sah schließlich den Rest der Priester an, die noch in der Kajüte versammelt waren. »Ihr alle seid Zeugen dafür, dass ich einen sehr guten Grund habe, ihn hinrichten zu lassen.«
»Matriarchin«, sagte Sool und beugte sich zu ihr vor. »Er wird sich bald wieder beruhigen und seine Lage begreifen. Wenn Ihr es wollt, wird es dabei bleiben. Er wird die Botschaft verstehen, die Ihr ihm gegeben habt. Er wird sich unterordnen.«
»Ansonsten könnte es einen Bürgerkrieg geben«, fügte Erzgeneral Sparus hinzu, »und zwar sowohl in Q’os, sobald seine Familie
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