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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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laut. »Ich weiß nicht, was heute in dich gefahren ist, Mädchen. Du sagst nichts davon zu den Kindern, sonst setzt es etwas. Mit deinem Gerede wirst du den armen Dingern bloß das Herz brechen.«
    Die Tür zur Küche flog auf, und Mischa und Neese stürmten herein. » Raus, raus! «, rief Rosa. »Ihr verteilt überall euren ganzen Dreck!« Aber die Mädchen waren so tapfer, sie einen Augenblick lang nicht zu beachten. Sie blieben vor Löckchen stehen, rissen Münder und Augen auf, spielten Überraschung und stießen im Chor Schreie aus, als sie Löckchens abstehende Haare sahen.
    »Raus!«, schrie Rosa. Endlich gehorchten sie, doch auf dem Weg schrien sie weiter.
    »Sehr lustig, Mädchen«, rief Löckchen hinter ihnen her.
    Pea stand mit laufender Nase in der Tür und lutschte am Daumen. Sie war neu im Haus und hatte noch nicht gelernt, Rosas Gebrüll richtig einzuschätzen.
    Das Mädchen hielt sich die Hand vor den kleinen Bauch. »Ich habe Hunger«, sagte es.
    »Du musst noch etwas warten«, erwiderte Rosa. »Und jetzt lauf, Kleines.«
    Als das Mädchen nach draußen ging, seufzte Rosa und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Sie stand im Licht, das durch das Fenster fiel, hatte die andere Hand in die Hüfte gelegt und betrachtete die Kinder im Hof mit zärtlicher Sorge.
    Es besänftigte Löckchen, als sie Rosa so sah. Seit sie hier war, hatte sie die Frau lieben gelernt.
    Löckchen wusste, dass sie großes Glück gehabt hatte, als sie vor so vielen Monaten in der Stadt Bar-Khos angekommen war, auf der Suche nach einer Unterkunft das Zeichen an der Tür gesehen und angeklopft hatte. Sie hatte gebrauchte Kleidungsstücke getragen, die sie von den Freiwilligen aus dem Flüchtlingslager geschenkt bekommen hatte, und war sich in dieser großen Stadt verloren vorgekommen, denn sie hatte nicht die leiseste Vorstellung davon gehabt, wie sie sich ernähren sollte. Dann war die Tür plötzlich geöffnet worden, und Rosa hatte sie aus müden, freundlichen Augen angesehen.
    Aber jetzt waren die Mhannier gekommen und wollten ihre Welt abermals vernichten, so als wären ihre Alpträume Wirklichkeit geworden.
    »Es ist bloß …«, sagte sie vorsichtig. »Ich muss das Gefühl haben, etwas zu tun .«
    Rosa drehte den Kopf und betrachtete sie eine Weile mit großer Sympathie.
    »Du könntest etwas Nützliches für mich tun, Mädchen.«
    »Ja?«
    Rosa deutete mit dem Kopf auf den Tisch voller schmutzigem Geschirr, und etwas Verschmitztes lag in ihrem Blick.
    Löckchen klopfte sich mit den Händen gegen die Wangen und stieß verzweifelt die Luft aus.
    *
    Die Fensterläden waren zurückgeklappt, so dass Löckchen über dem Donnern der Kanonen die gebrüllten Befehle sowie das schwache Marschieren von unzähligen Stiefeln hören konnte. Sie saß auf ihrem Bett und hielt ihr Kästchen auf dem Schoß. Das halb ausgepackte Schlack lag auf dem offenen Deckel. Die Laute, die von draußen hereindrangen, verlockten sie dazu, das Rauschmittel beiseitezulegen und zum Fenster zu gehen.
    Es gab nichts zu sehen außer den Häusern gegenüber und einem Handkarren, der von einem alten Lumpensammler die Straße entlanggezogen wurde, während einige Kinder still an ihm vorbeiliefen. Kein einziges leichtes Mädchen war zu sehen. Vermutlich befanden sie sich draußen auf der Straße der Lügen und machten rasche Geschäfte mit den Truppen, die aus der Stadt auf den Sammelplatz unter der nördlichen Mauer liefen.
    Löckchen verspürte einen Augenblick der Erleichterung darüber, dass sie nicht mehr auf der Straße arbeiten musste. Sie war nicht stolz darüber, wie schnell sie sich in ihren Beruf gefügt hatte und wie beliebt sie bei den Herumtreibern in diesem Bezirk geworden war. Nach nur wenigen Monaten hatte sie sich eine große Anzahl verlässlicher Kunden geschaffen, so dass sie nun in ihrem Zimmer arbeiten und dafür noch mehr verlangen konnte.
    Sie dachte daran, dass sie heute Abend diesen alten Lüstling Bostani unterhalten sollte, der nach Teerkraut, Bier und altem Schweiß stank und dessen Schweinsäuglein sich nicht einmal im Moment höchster Luft mit Leben füllten. Sie ging wieder zum Bett, legte sich das offene Kästchen erneut in den Schoß und schaute starr hinein.
    Der graue Staub war ebenfalls etwas, worauf sie nicht stolz war. Auch an ihn hatte sie sich zu schnell gewöhnt und in ihm etwas gefunden, das ihr durch die langen Tage und die noch längeren Nächte half. Jetzt bist du eine schlackabhängige Prostituierte ,

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