Im Auftrag der Rache
die breite Arkade, die unter den Tribünen entlanglief.
Hier bäumte sich ein Zel auf, als einige Männer versuchten, es vor einen Karren zu spannen. Seine Hufe klapperten auf den Steinplatten. Schmiede hämmerten auf Schwertern und Speerspitzen herum; Soldaten huschten ohne einen zweiten Blick an Löckchen vorbei oder scheuchten sie fluchend aus dem Weg. Sie spürte, wie sie angesichts der allgemeinen Verwirrung nervös wurde. Mit einem kurzen Lächeln hielt sie einen jungen Mann an und fragte ihn, wo sie das Rekrutierungsbüro finden konnte.
Zuerst glaubte er, sie hätte einen Scherz gemacht, aber sie sah ihn finster an, bis er nachgab. »Da rechts«, sagte er, während seine Blicke über ihren Körper flogen und er eine vage Handbewegung machte. »Durch die Tür, und dann die zweite von links.«
Löckchen folgte seinen Anweisungen und fand sich in einem Abort wieder. Eine Reihe von Männern in Rüstungen stand gegen den Trog gerichtet; sie pinkelten und unterhielten sich dabei. Sofort drehte sich ihr ein Dutzend Gesichter in dem engen, stinkenden Raum zu, und sie versuchten Löckchens Trommelfelle mit ihren schrillen Pfiffen zu durchbohren. Sie beachtete die Blicke nicht, die sie ihr zuwarfen, sondern hob nur eine Braue und stieß, während sie wieder wegging, eine ganze Tirade von Flüchen aus, die ihr mühelos von den Lippen kullerten.
Ihr war heiß, und sie war verwirrt, als sie endlich die Tür des Rekrutierungsbüros fand. Der Raum dahinter stellte sich als der vollste und chaotischste heraus, den sie je gesehen hatte. Sie schlüpfte an einem jungen Mann vorbei, der gerade durch die Tür eilte, und bahnte sich einen Weg in die Mitte des Zimmers, wo ein schwerer Schreibtisch voller Papiere stand, hinter dem ein Mann saß, der sich allem Anschein nach mitten in einem Herzanfall befand. Sein Gesicht war röter als jedes, das Löckchen je gesehen hatte. Der Schweiß floss in Rinnsalen an ihm herunter.
»Das ist mir egal!«, rief er mit rauer und erstickter Stimme einem nervösen Mann zu, der neben ihm stand. »Wenn sie marschieren können, dann gehen sie!«
»Aber ihre Ausrüstung ist vom Wetter zerstört«, sagte der nervöse Mann zu ihm. »Vollständig.«
»Das ist mir egal! Bring sie bloß auf den Weg!«
Löckchen wartete, damit er Luft holen konnte, bevor sie sich ihm näherte. »Entschuldigung«, sagte sie vorsichtig, dann beugte sie sich über den Schreibtisch, damit sie besser zu hören war, und stützte die Hände so auf der Platte ab, dass sie keine Papiere und auch nicht den Stift oder das Tintenfässchen durcheinanderbrachte. »Entschuldigung«, sagte sie etwas lauter.
Der Offizier richtete seine runden Augen auf sie. Sie beobachtete, wie seine Blicke an ihrer Gestalt herunter fuhren. »Was ist denn jetzt schon wieder?«, knurrte er. »Willst du deinem Herzblättchen einen Abschiedskuss geben?«
Sie ballte die Hände auf der Platte zu kleinen, festen Fäusten. »Ich bin hier, um mich zu verpflichten«, sagte sie zu ihm.
Der Mann machte den Mund auf – und schloss ihn nicht wieder. Schweigen breitete sich um ihn herum aus, bis es bald im ganzen Raum still war und jeder Mann sie anstarrte.
»Geh nach Hause, Mädchen«, sagte er und machte eine abschätzige Handbewegung. »Glaube mir, wir haben keinen Bedarf mehr an Lagerhuren.«
Löckchen packte das Tintenfässchen, ohne nachzudenken. Sie warf es auf den Mann zu und beobachtete, wie es von seiner Stirn abprallte. Erst jetzt begriff sie, was sie getan hatte.
»Du kleine Schlampe!«, kreischte er, während er sich schockiert an den Kopf griff. Sie packte auch den Stift und holte damit aus.
Doch dann wurde ihre Hand von hinten gepackt und die Feder aus ihrem Griff gewunden.
Wütend wirbelte sie herum und schaute dabei hoch. Ein Mann in schwarzer Lederrüstung ragte über ihr auf; tiefe Narben bedeckten Gesicht und Hals.
»Böses Mädchen«, sagte er durch seinen dichten Bart hindurch. »Du hättest dem Mann fast das Auge ausgeschlagen.«
»Genau das wollte ich«, keuchte sie.
Er lachte, und auch die Männer um ihn herum kicherten nun.
»Willst du tatsächlich in den Krieg ziehen?«
»Das hier ist doch ein Rekrutierungsbüro, oder etwa nicht?«
Der Mann sah den Offizier hinter dem Schreibtisch an und betrachtete dann Löckchen eingehender.
»Kannst du Wunden vernähen?«
Sie dachte an ihren Vater, den Arzt, an seine Kopfwunde, die sie einmal hatte nähen müssen, und daran, wie er währenddessen mit ihr gesprochen und sie dabei
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