Im Auftrag der Rache
dem nicht zu scherzen war, und sie hatte keinen Grund gesehen, den Männern ihre Illusionen zu rauben.
»Ich will sehen«, sagte Jonsol laut und warf ein paar Kupfermünzen auf den Haufen. Nur er und Löckchen waren noch im Spiel, und die letzte Karte lag aufgedeckt auf dem Tisch zwischen ihnen. Es war ein Großkönig.
Löckchen legte die drei Karten, die sie in der Hand hatte, offen auf den Tisch. Weiteres Gelächter erschallte, als die Männer begriffen, dass sie schon wieder gewonnen hatte. Löckchen nahm ihr Lob und ihre Flüche entgegen und schob den kleinen Münzhaufen auf sich zu.
»Du bist ein Dummkopf, Jonsol. Du bist mir wieder in die Falle gegangen.«
»Sie mag zwar ein Welpe sein, aber ich muss ihr zugestehen, dass sie spielen kann.«
Das stimmte; sie war recht gut im Kartenspiel. Aber heute betrog sie, weil es sie besonders erregte. Immer wenn sie gab, benutzte Löckchen einen der vielen Mischtricks, die ihr alter Liebhaber ihr einmal gezeigt hatte. Sie machte es so gut, dass es nur eine andere Person im Raum bisher bemerkt zu haben schien, und das war Kris, die dem Spiel nur mit belustigtem Blick zusah.
Sie alle schauten auf, als die Zeltklappe beiseitegeschoben wurde und Koolas, der Kriegsplauder o ¯ , eintrat. »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich mich zu euch geselle?«, stieß er aus.
Übertriebenes Stöhnen erklang im Zelt. »Heute Abend wird bestimmt in hundert Zelten Hastel gespielt«, flötete Milos. »Aber du kommst immer zu uns.«
»Nun ja«, erwiderte Koolas, während er sich einen freien Sitz am Tisch suchte, »das liegt daran, dass ihr Medicos all die guten Drogen habt.«
Gejohle und Buhrufe explodierten um ihn herum. Kris verneigte sich vor ihm und bereitete ihm ein Getränk aus Wein und Sansamen zu, während Andolson ein anderes Lied spielte und dabei den Text aus dem Stegreif erfand. Er sang über einen fetten Kriegsplauder o ¯ , der so verliebt in die Schlacht war, dass er zu jeder einzelnen ritt und ihr zuschaute.
»Außerdem denke ich daran, eine Geschichte über euch alle zu ersinnen«, rief Koolas. »Über die Medicos. Ihr seid die unbesungenen Helden, die allein in dem ganzen Gemetzel hinausgehen, um alle zu retten, die ihr retten könnt, und dem Rest den Schmuck zu klauen.«
In dem ganzen Gejohle rief Milos: »Wir sind eher unbesungene Narren!«
»Na ja, wenn die Kopierhäuser die Wahrheit haben wollten, dann würde ich über sie schreiben. Vielen Dank«, fügte er hinzu, als Kris ihm das Getränk brachte.
Sie schrien ihn gerade nieder, als Major Bolz ins Zelt trat.
»Wir sind heute Abend anscheinend sehr beliebt«, murmelte Milos, als es still im Zelt wurde und Kris die Flasche mit Sansamen schnell hinter ihrem Rücken versteckte.
»Rührt euch«, sagte Bolz zu ihnen. »Ich bin nur hier, weil ich sehen will, wie es euch geht und ob ihr etwas braucht.«
»Es geht uns prima, Major, einfach prima«, sagte Andolson schläfrig hinter seiner Jitar.
Bolz betrachtete jeden Einzelnen von ihnen. Sein Blick blieb einen Moment lang an Kris hängen, die die Hände hinter dem Rücken verborgen hatte. »Dann macht weiter«, sagte er schließlich.
Als er sich umdrehte und gehen wollte, sah er Löckchen kurz an und nickte ihr zu.
Sie beachtete die Bemerkungen der anderen nicht und folgte ihm durch die Zeltklappe nach draußen.
In der frischen Luft erlebte Löckchen einen seltsamen Augenblick des Übergangs. Plötzlich stand sie wieder in einem Kriegslager, und die Erinnerung an das, was sie taten und was noch vor ihnen lag, kam langsam zurück zu ihr. Irgendwo da draußen befand sich die Reichsarmee.
Sie zitterte, bekam eine Gänsehaut und hielt den Arm vor die Brust.
»Wie geht es dir?«, fragte Bolz. »Du scheinst dich ihnen angepasst zu haben.«
»Es sind gute Leute«, erwiderte sie und sah ihn nur kurz an. In der Gegenwart dieses Mannes war sie immer nervös, denn sie wusste nie, was er gerade dachte.
»Hier«, sagte er und gab ihr etwas. Sie schaute hinunter und sah einige eingewickelte Grafblätter in seiner ausgestreckten Hand.
»Ich habe die Anzeichen bemerkt«, sagte er und schaute auf ihre Nasenflügel, die etwas weniger stark gerötet waren, seit sie die Stadt verlassen hatte, denn ihr Vorrat an Schlack war aufgebraucht. »Es ist nur ein wenig Muscado, aber es wird dir helfen und Linderung bringen.«
»Es geht mir gut«, sagte sie zu ihm. »Wirklich.«
»Nimm es«, beharrte er. Sie tat es und steckte sich die zusammengefalteten Blätter in die Tasche. »Du
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