Im Auftrag der Rache
des alten Forias von einem unerwarteten Sieg in Coros zurückgekehrt und als Held begrüßt worden, und nun wurde er von vielen als der Retter angesehen. Die Einwohner der Stadt waren auf die Straße gegangen und hatten verlangt, dass er der neue Protektor wurde. Am Ende war den Michinè nichts anderes übriggeblieben, als der Bevölkerung nachzugeben.
Und so hatte sich General Glaub daran gemacht, dem Widerstand zu leisten, was bisher als der natürliche und unabwendbare Verlauf dieses Krieges angesehen worden war. Er befahl waghalsige Ausfälle gegen die Reichsarmee, entwickelte die Idee eines Netzwerkes von Kampftunneln unter den Mauern, damit diese nicht mehr untergraben wurden, und weckte die Hoffnungen der Soldaten und Bewohner durch das Beispiel, das er für sie alle abgab. Allmählich wurde das Voranschreiten der Reichsarmee langsamer, und inzwischen dauerte die Belagerung schon so lange, wie es niemand für möglich gehalten hätte.
Und nun hofften Bahm und die anderen auf ein weiteres Wunder von diesem Mann.
»General!«
Kurz vor dem Kommandozelt drehten sie sich um. Zwei khosische Kavalleriespäher eilten mit einem Reiter in Zivil zwischen ihnen herbei; es war ein Mann mit einem Tuch um den Kopf und einem Goldring im Ohr. Sie hielten vor Glaub an; aus den Nüstern ihrer Zele drangen rasch sich auflösende Dampfwolken. »Ein mhannischer Botschafter, General«, verkündete einer der Reiter. »Er will mit Euch sprechen. Wir haben ihn bereits nach Waffen abgesucht.«
Alle drei betrachteten den Zivilisten, der krumm im Sattel saß und etwas von einem Straßenräuber an sich hatte.
»Seid gegrüßt, Bärenhaut«, sagte der Mann mit einem reuevollen Grinsen.
*
»Na komm schon! Du musst uns noch mehr erzählen!«
»Lasst mich in Ruhe, ja? Es ist mir peinlich.«
Löckchen lachte genauso laut wie die anderen Männer und Frauen in dem warmen Ärztezelt. Sie saßen um einen Operationstisch herum, auf dem ihre Karten und Münzen lagen, und ihre fahlen Gesichter leuchteten im Schein der einzigen Laterne, die vom Dach herabhing.
Andolson spielte auf einer Jitar im hinteren Teil des Raumes und sang dazu etwas Obszönes und Lächerliches über den gestürzten König von Parthia. Kris stand hinter einem Beistelltisch, auf dem sich etliche Flaschen und Lederbecher befanden, und träufelte in jeden der Becher Tropfen aus einer Medizinflasche mit Sansamen. Die übrigen Medicos unterhielten sich miteinander, machten trunkene Handbewegungen über den Tisch hinweg und teilten damit den dichten Haziirauch, der das Zelt erfüllte.
Der junge Coop taumelte wieder einmal heraus und musste sich übergeben.
»Was für eine verdammte Verschwendung von gutem Wein!«, brüllte Milos hinter ihm her.
Diese Medicos des Sonderoperationskommandos, denen sich Löckchen angeschlossen hatte, waren schon ein seltsamer Haufen. Viele hatten sich Wörter und Symbole auf ihr schwarzes Leder gemalt: den daoistischen Kreis der Einheit, oder Zitate aus allen möglichen Quellen, sogar aus mhannischen. Manche trugen das Haar lang, manche kurz; ihre Gesichter waren vernarbt, sie waren oft gereizt, und ihre Stimmungen waren unvorhersehbar. Sie waren daran gewöhnt, in den Tunneln unter den Mauern des Schildes zu arbeiten, und sie waren eine wilde und schwierige Gruppe von Einzelgängern. Sie hatten Löckchen schnell in ihr Herz geschlossen, und bei ihr war es nicht anders.
Kris ging mit ihren gemixten Getränken ein weiteres Mal um den Tisch herum. »Noch eines, Madame?«
»Danke«, sagte Löckchen, nahm einen der Becher und nippte daran. Der Wein war stark, aber sie schmeckte noch die kleine Menge Sansamen darin; es war im Prinzip flüssiges Schlack, das als Schmerzmittel für die Verwundeten benutzt wurde. »Wenn ich gewusst hätte, dass ich dieses Zeug hier kostenlos bekommen kann, hätte ich mich schon viel früher eingeschrieben.«
»Das ist der Grund, warum der alte Jonsol zu uns gekommen ist«, scherzte Milos. »Das stimmt doch, oder, Jonsol?«
Jonsol warf ihr quer über den Tisch einen anzüglichen Blick zu. Der grauhaarige Mann bedachte jede Frau in Reichweite mit dem gleichen Blick, und Löckchens Empörung darüber war keineswegs ernst gemeint. Jonsol lehnte sich zurück und heulte die Zeltdecke an wie ein verlorener Hund.
Löckchen hatte von Anfang an Glück gehabt, denn die Geschichte ihres Wutanfalls im Rekrutierungsbüro war ihr vorausgeeilt. Das Medico-Korps der Sondereinheit war der Meinung, dass sie ein Hitzkopf war, mit
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