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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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ihm dran, als sie es für möglich gehalten hätte.
    Ganz offensichtlich dachte sie längst in asymmetrischen Parametern. Aber
war
sie nicht im Grunde asymmetrisch?
    Sie musste lächeln. Vielleicht war’s jetzt mal zu was nütze.
    Sie blieb stehen, ließ die halb gerauchte Zigarette fallen, mit dem Rauchen hatte sie abgeschlossen, mit dem Rauchen, mit dem Trinken. Arndt Schneider und Friedrich beobachteten sie, sie winkte kurz. Keiner von beiden winkte zurück. Sie drehte das Gesicht der Sonne zu, lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Hauswand. »Hat Mats den Gully gefunden?«
    »Ja.«
    Mats Benedikt war den Wegen gefolgt, die in Frage gekommen waren. Wege, auf denen man nach ein paar Metern unsichtbar wurde, die zwischen Häusern hindurchführten, in Gärten hinein oder auch nur hinter Vorgartenhecken. Er hatte die Schritte gezählt, die Sekunden gestoppt, potenzielle Bereiche markiert. Dann hatte er die Bereiche abgesucht. »Ein Gully in einer Parallelstraße«, sagte Alfons Hoffmann, »eine Spielstraße mit Parkverbot, deswegen konnte er damit rechnen, dass kein Auto über dem Gully steht.«
    Sie nickte wieder. Kein hundertprozentig sicherer Fluchtplan. Ein bisschen Glück und Risiko durften also sein.
    An dem Gullydeckel befanden sich Spuren, sagte Alfons
Hoffmann. Er hatte ihn mit einer Eisenstange oder etwas Ähnlichem als Hebel hochgehoben. Die Techniker suchten jetzt im Schacht nach Fingerabdrücken, Fasern, weiteren Spuren.
    »Steinle und Lubowitz?«
    »Ja.«
    Sie lachte leise. Sah Steinle in einem Gullyschacht, hörte ihn fluchen, knurren, grunzen. Durch den Gullyschacht war keine Königin von Saba samt Hofstaat durchgelatscht. Dafür hing Steinle in den Eingeweiden von Merzhausen.
    Eine Frauenstimme drang an ihr Ohr, eine Kinderstimme antwortete. Sie öffnete die Augen einen Spalt. Gelbe Chrysanthemen leuchteten im Sonnenlicht, immer mehr Menschen, immer mehr Hektik. »Was haben wir gestern falsch gemacht, Alfons?«
    »Nichts. Erst war’s neblig, und dann war’s dunkel.«
    »Wir hätten darauf kommen können. Ich meine, ein Gully, das ist nicht
so
originell.«
    »Ich weiß nicht. Wir müssen ihn doch erst kennenlernen.«
    »Ja«, sagte Louise. Und langsam lernten sie ihn kennen. Sie wussten, dass er anders war und handelte, als sie es erwarteten. Dass er nicht weglief, wenn es so aussah, dass er sich nicht um Spuren scherte, wenn er in ein fremdes Haus einbrach. Dass er eine Pistole hatte, aber nicht schoss, nicht einmal dann, wenn er in Gefahr geriet.
    Und sie wussten, dass ein einzelner Kriminaler mehr erreichte als Dutzende Beamte mit Hunden, einem Hubschrauber, der ganzen Technik. Ein Kriminaler, der auf der richtigen Spur war. Doch auf diese Spur schienen nicht die üblichen Fragen zu führen – wie denkt er, wie geht er vor, wie reagiert so einer in der und der Situation?
    Was also waren die zentralen Fragen bei diesem Mann, der so anders war und handelte?
    Warum er dachte, wie er dachte? Wie er zu dem Menschen geworden war, der so dachte?
    »Louise?«
    »Ich hab ein blödes Gefühl.«
    »Hab ich immer.«
    Paul Niemanns Fragen kamen ihr in den Sinn. Wie zählte er? Wann würde er kommen? Was, wenn sich der alte Krieger auch in diesem Punkt anders verhielt, als sie es erwarteten?
    »Wie viele Streifen haben wir in Merzhausen?«
    »Die bei den Niemanns vorbeifahren? Zwei.«
    »Wir brauchen mehr. Wir brauchen mindestens vier. Sie sollen in kurzen, unregelmäßigen Abständen vorbeifahren.«
    »Ich kümmere mich drum.«
    »Und wir brauchen eine Soko.«
    »Werden wir noch nicht bekommen, Louise.«
    »Sag Rolf Bescheid.«
    Alfons Hoffmann seufzte ein bisschen. Aber er sagte ja.
    Sie mussten jetzt schnell sein. Sie brauchten alle Infos, die sie haben konnten, und zwar so schnell, wie es nur irgendwie ging. Abgleiche der Fingerabdrücke, Informationen zu den Schuhen, zu den Fasern, die Ergebnisse der DNA -Untersuchung. Sokos arbeiteten schneller und effizienter als einfache Ermittlungsgruppen. Bekamen schneller, was sie wollten.
    Ein Problem war die DNA -Untersuchung. Sobald der richterliche Beschluss da wäre, würde Alfons Hoffmann die Probe, da kein Mord vorlag, zum LKA nach Stuttgart schicken. Das hieß: vier Wochen, wenn sie Glück hatten, sechs Monate, wenn sie Pech hatten. Louise sagte: »Schick die
Probe an die Rechtsmedizin in Freiburg. Wir brauchen das Ergebnis in vierundzwanzig Stunden. Sag ihnen das. Wenn wir verhindern wollen, dass was Schlimmeres passiert, brauchen wir das Ergebnis in

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