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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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voller Wucht geführt, traf ihn in die Magengrube kurz unter dem Brustbein, schleuderte ihn in die linke Ecke des Treppenhauses neben der Tür.
    Sein Hinterkopf knallte gegen den harten Verputz. Er versuchte sich festzuhalten, aber das elende Bein gab nach. Er sackte zusammen, hielt sich am linken Knie fest, und hinter dem dunklen, summenden und pulsierenden Schmerz in seinem Schädel meldete sich endlich ein Gedanke: Du, das hätte schiefgehen können! Wahnsinn ist das doch … Purer Wahnsinn!
    »Rick?«
    »Ja.«
    »Bist du verletzt?«
    Stille …
    »Quatsch«, knurrte er. »'Ne Beule hab' ich.«
    »Oh, Rick …« Ihre Hand kam aus dem Dunkel. Er hielt sie fest und ließ sich hochziehen.
    Für ein paar Sekunden hatte er Mühe mit dem Gleichgewicht, dann ging es wieder. Er konnte sie sehen: einen grauverfließenden Schatten in dem bißchen Licht, das durch die Tür hereinfiel. Er spürte ihre Hand auf seiner rechten Schulter.
    »War knapp, Rick.«
    »Ja«, sagte er lahm. »Wenn ich nur wüßte, was da knapp war und warum. Wie ist er abgehauen?«
    »Durch die Tür. In den Wald, nehme ich an.«
    Er zog sie an sich. Er spürte ihren Atem und ein bißchen Haar, das seine Wange kitzelte.
    »Er ist über die Straße, in das Gestrüpp dort draußen.«
    »Hast du ihn gesehen?« fragte er.
    »Gesehen? Einen Schatten. Eigentlich konnte ich nichts erkennen. Nicht mal sein Gesicht. Aber ich glaube …«
    »Was denn?«
    »Es war ein Chinese«, sagte sie. »Da bin ich mir sogar eigentlich absolut sicher.«
    Sie ließ die Hand von seiner Schulter sinken. Er griff nach ihr und hielt sie fest. Sie ließ es geschehen. Ihre Finger und der Handteller waren kühl und ein wenig feucht. »Wie willst du das wissen, wenn du ihn nicht gesehen hast?«
    »Ich spüre so etwas … Nein, das ist keine Einbildung, glaub mir. Vielleicht hat es etwas mit Chemie zu tun. Oder mit der Art, wie er plötzlich zugriff, um mir die Pistole ins Genick zu setzen. Es war ein Chinese. Ich weiß es. Warum auch nicht, Rick? Schließlich bin ich in einer Gegend großgeworden, wo alle zusammenleben: Malaien, Inder, Chinesen … Die Chinesen sind es, die das Sagen haben. Verstehst du?«
    Es gab nichts zu verstehen.
    Die Wohnung im ersten Stock war verschlossen. Sie packten das Wenige, das sie besaß, Kleider, Wäsche, Papier, Bücher, in einen Koffer. Dann ein letzter Blick ins Schlafzimmer. Die Balkontür war geöffnet. Er ließ sie offen und schloß die Tür wieder ab.
    Fünf Minuten später kehrten sie zurück an den Hafen …
    Rick Martin hob die Nase: Es roch elend gut, was da aus der Küchenluke im Salon quoll, was zu der Bank am Heck, auf deren Polster er es sich gemütlich gemacht hatte, zog und über das andere Dutzend Boote am Steg hinwehte. Aber die schliefen, schliefen unter ihren Persennings , grau und gut vertäut.
    Mango-Chutney-Fischgeruch, dachte er. Von allem etwas. Und wie auch nicht? Der Supermarkt macht's möglich. Calamares und Gambas. Die Fische? Barsch wohl … Er versuchte sich an den Namen zu erinnern. Dorado fiel ihm ein.
    Sie hatte ihm verboten, unter Deck zu kommen, ehe das Essen fertig war.
    Er zündete sich eine Zigarette an und hing seinen Gedanken nach: Ein neuer Rick Martin ist im Begriff auszuschlüpfen. Wenn dir das zu aufwendig klingt, schön, dann zumindest ein Mann mit einer brennenden Beule am Kopf, aber auch einem anderen Konzept.
    Und Maya, die indische Malaien-Prinzessin oder die malaiische Inderin, die Wahnsinns-Frau? Vor zwei Stunden hat sie noch den Lauf einer Pistole am Hinterkopf gespürt. Und jetzt? Jetzt steht sie dort unten und kocht für dich.
    Maya Nandi, – siebenundzwanzig, geboren in Ipoh, West-Malaysia. Schule in Singapur. Ein abgebrochenes Biologie-Studium in NY. Das Zugpferd im Stall … Was sagt dir das alles? Nichts. Nichts zumindest im Vergleich mit der Tatsache, daß sie einen Killer nebst Pistole einfach wegsteckt, um für dich zu kochen …
    Er betrachtete das Ende seiner Zigarette, dieses warme, rote Glutpünktchen vor all dem eisigen Flimmerglanz der Sterne dort oben. Ein neuer Rick Martin? Hoffentlich einer, der die Dinge nimmt wie sie sind, damit umgeht und trotzdem glücklich ist. Würde das gelingen?
    »Rick!«
    Er ließ sie seinen Namen rufen. Aber gegen den Höllenlärm, der nun erklang, war er machtlos. Anscheinend bearbeitete sie eine Pfanne mit dem Küchenlöffel.
    Er stieg in den Salon und hielt sich erst mal am Geländer fest: Grüne, wunderschöne grüne Ranken mit breiten, stilisierten

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