Im Auftrag des Tigers
ordentlich abgeschlossen. Auch die Jalousien waren nicht angetastet. Aber in der Wohnung sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Alles herausgerissen, alles durchgewühlt. Sie müssen einen Nachschlüssel benutzt haben.«
»Sie?«
»Ja, sie. Es muß irgendwas mit diesem Restaurant-Typen zu tun haben. Ja, jedenfalls kamen sie umsonst. Finden konnten sie nichts. Nichts Wichtiges. Das trage ich immer bei mir.«
»Sie haben also nichts mitgenommen?«
»Im Gegenteil, sie haben etwas dagelassen.«
»Und was war das?«
»Auf dem Bett, Rick, auf dem Bett lag ein geköpftes Huhn …«
Er hieß Don Edwards. Das stand wenigstens draußen auf dem Agentur-Schild unter dem ›Porto Colom Chartering SA‹. Er war vielleicht achtundvierzig, dick, breitschultrig, braungebrannt, trug ein blauweiß gestreiftes T-Shirt mit irgendeinem Yacht-Sticker darauf und einen roten Seehund-Schnauzer und war gerade dabei, sich über einen Haufen von Kellog-Crusties in seinem Teller herzumachen.
»Mein Abendessen. Was bleibt einem schon übrig als abzuspecken? Ist noch Winterspeck. In dieser Gegend wird man einfach zu fett …«
Er ließ zwei Eßlöffel Flocken zwischen den Zähnen zerkrachen und studierte die Ausweise, die Rick Martin ihm auf den Schreibtisch gelegt hatte.
»Royal Folkstone? Was sonst? Soll ich Ihnen mal sagen, was einfach fantastisch ist? Der Club ist klein, der Folkstone hat höchstens sechshundert Mitglieder, oder?«
»Weniger.«
»Weniger. Natürlich. Und nun erklären Sie mal, wieso durch die Tür, durch die Sie gerade gekommen sind, jeden Tag einer 'reinmarschiert und mir einen Folkstone-Ausweis und ein Segel-Patent auf den Tisch legt?«
»In Folkstone ist es kalt«, sagte Rick. »Und regnen tut's auch ziemlich viel. Das fördert vermutlich die Lust auf's Mittelmeer.«
»Aber Porto Colom?«
»Ist doch schön hier …«
»Ist es auch.«
Rick hatte Lust, diesen auf Mallorca gestrandeten englischen Geschäftemacher nach einem Fischer namens Pere Pons zu fragen, doch wie er ihn einschätzte, waren Edwards Kontakte zu den Einheimischen dürftig.
Der Korbstuhl krachte unter seinem Gewicht. Er hielt seinen Stock umklammert.
»Unfall?« fragte Don Edwards.
»Kann man so nennen.«
»An Bord?«
Er nickte.
»Na, damit zu segeln wär' wohl ziemlich schwierig. Obwohl, ich kannte einen Typ … Aber lassen wir das. Also, reine Übernachtung? Glück haben Sie. Im Moment ist nichts, aber auch gar nichts los hier. Sonst müßte ich Ihnen sechzig Prozent aufbrummen. Und das würde teuer. Aber so kommen wir ins Geschäft. Besser, als in die hohle Hand geschissen, sag ich immer …«
Er nahm noch einen Löffel, zog die Schublade seines abgewetzten Stahlschreibtischs auf, holte eine Kleenex-Schachtel heraus, nahm ein Blatt und machte sich umständlich daran, seinen Mund abzuwischen. »Tote Hose, wie gesagt. Die Schiffe liegen fest, die Hotelzimmer sind noch leer. Wieso nehmen Sie sich eigentlich nicht ein Zimmer? Wäre billiger.«
»Sagen wir so, ich habe nun mal Spaß an Schiffen.«
Edwards nickte. »Kann ich verstehen. Sind Sie allein?«
Er schüttelte den Kopf.
»Dann ist es also auch noch romantisch.«
Rick schwieg.
»Ich kann Ihnen die Estragon geben. Ist unser größtes Boot. Und auch das bequemste. Swan-Klasse. Was das heißt, wissen Sie ja. Hat nicht nur Platz für zwei, sondern für acht Leute. Zwei Bäder, Küche, einen Traum-Salon und in der Eigner-Kabine ein Zwei-Meter-auf-einssechzig-Bett. King-size .« Er grinste erneut: »Müßte wohl reichen.«
Maya hatte ihren kleinen Leih-Panda vor dem Club Náutico geparkt und stieg in Rick Martins Cordoba um.
»Die Kassetten?« fragte er.
»Keine Sorge.« Sie klopfte auf die große Segeltuchhängetasche: »Die lasse ich nie in fremden Wohnungen. Wenn ich keinen sicheren Platz für sie finde, schleppe ich sie halt so mit mir rum. Es sind übrigens nur zwei.«
Er nickte und schaltete die Scheinwerfer ein. Aus dem Koffer hatte er sich eine lichtstarke Stablaterne geholt und sie bereitgelegt.
Der Wagen glitt an Bars, Fisch-Restaurants und der schwarzen, klaren Schraffierung vorbei, die die Masten vor einen himbeerrot-türkisfarbenen Abendhimmel setzten.
Auf den meisten Yachten regte sich nichts. Auf zwei größeren Schiffen liefen die Vorbereitungen für das Abendessen. Die Beleuchtung war eingeschaltet und ließ einen Blick auf die verschwenderisch ausgestatteten Salons und ihre schmerbäuchigen Besitzer zu.
Der Cordoba tauchte nun in die engen
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