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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Straßen der Altstadt ein, überquerte den Stadt-Hügel, umrundete die Bucht mit ihren Felsen und erreichte den Pinienwald. Sie hatten die Fenster herabgekurbelt. Algengeruch. Piniengeruch. Eine beinahe heimatliche Erinnerung an seine vielen Mittelmeer-Fahrten.
    Maya hatte bisher kein Wort gesprochen. Still und aufmerksam saß sie in ihrem Sitz.
    Rick Martin wiederum empfand eine distanzierte, fast heitere Neugierde: chinesische Triaden-Typen in dieser friedlichen Mittelmeer-Welt? Na ja, es gab sie schließlich überall. In London wie in Moskau. Aber ein geköpftes Huhn auf Mayas Bett? Das bedeute in China nicht nur Warnung, sondern auch Verachtung, hatte sie gesagt. Es bedeutet vor allem zwei Dinge, dachte er: Sie sind auf sie aufmerksam geworden und wollen wissen, wen sie da vor sich haben. Und vermutlich wollen sie tatsächlich sagen: Laß die Finger vom Geschäft!
    Nur, die Finger wovon genau? Nahmen sie an, daß Maya beabsichtigte, ihnen die Behörden auf den Hals zu jagen? Wahrscheinlicher war, daß sie sie davon abhalten wollten, einen Presse-Wirbel zu veranstalten. Es gab noch eine dritte, eine besonders einfache und naheliegende Möglichkeit: Es handelte sich schlicht um brutale Gewalttypen, die sich hier so sicher fühlten, daß sie jedem, der mit den Fingern auf sie zeigte, gleich die Hand abschneiden wollten. Aber dies wiederum schien in einem Ort wie Porto Colom doch eher unwahrscheinlich …
    »Ich weiß nicht«, hörte er Maya sagen, »mag ja sein, daß ich in letzter Zeit hysterisch geworden bin. Aber nachdem ich heute nachmittag diese üblen Figuren dort oben beim Haus gesehen habe, bin ich einfach froh, daß ich jemand bei mir habe.«
    »Jemand?«
    »Dich. Ist es das, was du hören willst?« Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. Ihre Zähne schimmerten.
    »Ja.«
    Ihre linke Hand berührte leicht sein Knie. Er hätte sie gerne festgehalten.
    Sie hatten die Kurve erreicht, die durch einen kleinen Wald und viel Gestrüpp zu ihrem Appartementhaus führte. Er schaltete das Abblendlicht an.
    »Fahr ein bißchen langsamer. Gleich dort vorne ist die Einfahrt zur Baustelle …«
    Da war sie, noch dazu von einer Straßenlampe erleuchtet. Kein Wagen zu sehen. Niemand. Nichts.
    »Fahren wir weiter.«
    Sie parkten vor dem rosafarbenen Appartementhaus, das sich nun wie ein schwarzer, wuchtiger, lebloser Block gegen die letzte Helligkeit des Himmels abhob.
    Sie stieg zuerst aus.
    Er gab ihr die Lampe und griff nach seinem Stock. Sie ging auf den Garteneingang zu und er folgte ihr. Sie beugte sich über eine der Zementsäulen und streckte die Hand aus. Doch kein Licht flammte auf.
    Sie sah ihn an. »Komisch, nicht?«
    Er schwieg.
    »Na ja«, sagte sie, »vielleicht ist es die Sicherung? Seit ich hier bin, ist das Licht im Garten und im Treppenhaus schon zweimal ausgefallen.«
    »Gehen wir«, sagte er.
    Der Lichtkegel tanzte über die Steinplatten, als sie vor ihm herschritt. Sie bewegte sich leicht, elegant und fast vollkommen lautlos. Und er, er ärgerte sich wieder einmal über den blöden Stock und seinen Muskel, der ihn zum Hinken zwang. Er ging schneller. Fast gleichzeitig hatten sie nun die Tür erreicht. Er sah das abgesprungene Furnier, die drei verrosteten, schmiedeeisernen Stäbe, die das schmale Panzerglasfenster dekorieren sollten, sah die Tür sich nach innen drehen und erkannte dann im Licht der Lampe, die sie in der linken Hand hielt, die braunschimmernden Tonfliesen.
    Drei Stufen. Links das blaue Lackband der Briefkästen. Und nun ihre Silhouette, die eine jähe, abrupte, fast konvulsivische Bewegung machte und erstarrte.
    Nun sah er noch etwas.
    Ein kurzes, rundes Stahlstück.
    Ein schwarzschimmerndes Rohr, das sich gegen ihr Genick preßte.
    Der Schalldämpfer einer Pistole.
    Später, wenn er versuchte, sich die Situation ins Gedächtnis zurückzurufen, erinnerte sich Rick Martin, nichts anderes empfunden zu haben, als eine vollkommene Leere, in der sich jede Regung wie Panik oder Schrecken auflöste. Es kam zu überraschend. Und auf irgendeine Weise erschien ihm der Anblick absurd. Verrückt, ja. Aber auch gefährlich genug, um ihn sofort zu beenden. Das war einfach. Er brauchte nur den Stock hochzureißen.
    Und das tat er auch. Er tat es mit jeder Unze Kraft, die in ihm steckte. Eichenholz knallte auf Stahl. Eine Stimme, die schrie. Eine Frauenstimme. Maya …
    Dann der Metallklang der Waffe, die auf die Fliesen knallte, dort weiterrutschte und dabei schepperte.
    Und dieser Schlag …
    Er war mit

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