Im Auftrag des Tigers
alles. Ich habe einen Verbindungsmann zu den Ipaks. Er heißt Tara.«
»Tara?« Sie drehte überrascht den Kopf. »Den Namen kenne ich … Ein gutaussehender Ipak, an die dreißig. Und größer, erheblich größer als die anderen … Er hat eine kleine Narbe über der rechten Braue?«
»Genau. Der Mann mit der kleinen Narbe über der rechten Braue. Und du erinnerst dich noch an ihn?«
»Das ist ziemlich einfach. Als ich fünfzehn war, hat mein Vater ihn und seine Frau ins Hospital nach Moong gebracht. Die Frau hatte eine Fehlgeburt erlitten. Sie haben alles versucht, auch mein Vater, aber sie war nicht zu retten.«
»Sie hieß Nia und soll wunderschön gewesen sein. Sie ist eine Schwester von Tan.«
Dans Zigarette leuchtete auf. Wie auf ein Signal hin begann es in den Büschen dort zu glühen, ein wahrer Tanz phosphoreszierender Punkte, die nun eine Girlande bildeten … Die Glühwürmchen waren allgegenwärtig. Sie hatte sie vergessen.
Auch im Dschungel am anderen Ufer wurde es lebendig. Der Uru meldete sich, ein heiseres, tiefes › töf-töf-töf ‹, das nicht an einen Vogel erinnerte. Und bald waren es viele, ein ganzer Chor.
»Schön, damit wir weiterkommen: Tara ist der intelligenteste unter den Ipak. Er spricht sogar Englisch. Hat mal bei Ungung für eine der Companies gearbeitet. Die United. Übrigens dieselbe taiwanesische Gangsterbande, die uns jetzt zu schaffen macht …«
»Was heißt das?«
Die Zigarette flog über die Brüstung. In der Dämmerung war Dans Gesicht nur schattenhaft zu erkennen. »Die United ist ein Riesenladen, der auch in Borneo und Sawarak die Wälder umholzt.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich habe Material über sie.«
»Na, um so besser. Und damit kommen wir zum Kern: Es sieht ganz so aus, als hätten die Taiwanesen Pa Ulay, unseren District Officer, gekauft. Pa Ulay marschiert seit Monaten von Stamm zu Stamm. Er war auch verschiedene Male bei den Ipak und den Panan, sogar oben auf dem Berg bei den Kerit, obwohl das nun wirklich kein Logging-Platz ist … Die United will anscheinend nichts auslassen. Die gehen vor wie ein Rasenmäher, verstehst du?«
»Kein Wort. Was wollen sie bei den Stämmen?«
»Sie legen ihnen Verträge vor, versprechen ihnen das Blaue vom Himmel, zahlen auch, bringen Geschenke, und das nicht zu knapp.«
»Und was steht in den Verträgen?«
»Daß die einzelnen Stämme für die Hilfe, die sie von der United erhalten, dankbar und daher mit dem Vorgehen der Gesellschaft völlig einverstanden sind. Es stehen auch noch andere wunderbare Dinge drin, so etwas wie ›selektives Logging‹ und ›Schonung des Vitalbestands des Waldes‹ … Der ganze Quatsch, den sie immer versprechen und an den sie sich nie halten.«
Das Geschrei der Affen dort drüben wurde lauter – oder schien es ihr nur so? Sie fühlte, wie sich an ihrer Halsbeuge eine Sehne verspannte. Sie schlug nach einem Moskito, fuhr über ihr Haar, wollte etwas tun, irgend etwas, um die jähe Spannung, die sie plötzlich erfaßte hatte, loszuwerden. Jetzt begann sie zu begreifen. Mein Gott! Sie konnte nichts anderes denken: Mein Gott!
»Und du meinst, daß der D.O. mit dem Einverständnis der Regierung handelt?«
»Was ich meine, spielt doch gar keine Rolle, Maya. Hier geht's um Tatsachen. Und Tatsache ist, daß diese Provinz-Zampanos schon immer unter einer Decke steckten.«
»Aber die Stämme, Dan! Warum das alles? Was meinst du?«
»Das ist doch ganz einfach: Sie versuchen sich eine neue Art von Legitimität zu verschaffen. Sie wollen den Stiftungs-Charakter von Tenenga aushebeln, indem sie Volksrecht oder das, was sie so nennen, gegen Sultans-Recht setzen, damit sie wieder mal einen Verfassungsstreit anzetteln und Lizenzen gegen Schmiergeld verteilen können. Irgend etwas in der Richtung …«
»Aber das ist doch ein Witz. Die Stämme machen nie mit.«
»Bist du dir da sicher? Der D.O. war gestern bei den Ipak. Das erste Mal kam er vor etwa drei Monaten. Damals brachte er gleich ein paar United-Vertreter mit. Und nicht nur das: auch den Vertrag. Als sich die Leute weigerten, ihn auch nur anzuhören, kam er mit einer neuen Taktik. Diesmal brachte er keine Taiwanesen, sondern einen ganzen Hubschrauber voll Geschenke. Nicht die üblichen Plastik-Klamotten, sondern Palangs, Hacken, sogar zwei Gewehre.«
»Und?«
»Und, und … Sie haben wieder nicht unterschrieben. Tara hat dafür gesorgt. Aber du kannst dir denken, wie scharf sie auf den Krempel waren. Und das Stärkste ist, er hat ihnen
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