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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit. Er kam mit der rechten Schulter auf, schlitterte zehn Meter weiter, drehte sich wie ein Kreisel um sich selbst, kam zum Stehen, hockte sich schließlich auf und rieb den schmerzenden Rücken. Er fluchte nicht. Er hatte keinen Gedanken. Er wartete nur darauf, daß das dumpfe Gefühl in seinen Schultern zu weichen begann, streckte die Arme, bewegte die Hände, die Beine, die Füße … alles okay!
    Dann stand er auf, sah zu seiner Maschine zurück, ging einige Schritte weiter.
    Rechts und links gewaltige Bäume. Und hier – ein verdammtes Dreckloch, mit Wasser und Ästen halb gefüllt. Wie hatte dieser Typ mit dem Toyota bloß da hinüberkommen können? Glühwürmchen huschten zwischen den Schatten. In der Dunkelheit konnte er kaum noch etwas ausmachen. Zuvor die Brücke, dann das … Und rechts und links gab es keine Chance weiterzukommen: Dschungel. Rattan. Blätterpflanzen. Dornen. Und alles so dick und dicht, daß man nicht mal mit dem Arm durchkam.
    Was jetzt? Umdrehen? Er gab der Yamaha einen Stoß. Dann bückte er sich schuldbewußt und richtete die Maschine wieder auf. So oder so, er würde sie noch brauchen. Es mußte einen Weg geben … Hättest du dir aus Moong wenigstens so ein beschissenes Buschmesser mitgenommen. Moskitonetz und Hängematte hast du dabei dazu noch die Plastikfolie gegen den Regen, ist schließlich nicht deine erste Nacht im Dschungel, nicht wahr?
    Na also, dachte J.P. was soll's? Aufgeben wirst du nicht …
    Sie fühlte sich wie in Trance, als im Scheinwerferlicht endlich die großen Torpfeiler mit den gebogenen Eisenrohren auftauchten, die das Wappen des Sultanats Jorak trugen: drei Elefanten. Die Elefanten schienen ziemlich verrostet. Der hohe Drahtzaun, der die Station umgab, auch.
    »Willkommen zuhause!« sagte Dan.
    Maya nickte dankbar. Er parkte den Jeep, sie stieg aus und schüttelte die Beine.
    »Mein Gott, Dan, diesmal bin ich wirklich geschafft …«
    »Oder du hast Hunger.«
    »Auch.«
    Sie sah sich um. Alles war so vertraut wie die Bilder eines sich ständig wiederholenden Traumes: der Hang, der zum Fluß führte … Die Lichtung … Die Bäume, die Mondsichel dort oben, der Wald mit seinen Nachtstimmen. Und dann die Gebäude: der flache, dreieckige Giebel des großen Wohnhauses, das Labor und die Arbeitsräume, dort drüben die beiden Personal-Häuser, der Proviant-Schuppen, daneben das Kochgebäude und das kleine Tier-Lazarett.
    Der Mond goß über alles sein sanftes Licht. Und die Nebelfahnen trieben vom Fluß herauf, so wie früher, wenn sie mit ihrem Vater nach Hause kam. Nein, nicht ganz. Damals gehörte noch das vertraute Tuckern des Generators dazu. Und wenn sie ankamen, waren der Parkplatz, alle Gebäude hell erleuchtet. Nun schien alles so dunkel … Nur hinter den Fenstern des Haupthauses brannte Licht.
    »Ich hab' mir eine Solar-Anlage besorgt«, erläuterte Dan. »Der verdammte Generator ging schon vor drei Jahren in den Arsch. Und ich konnte toben wie ich wollte, niemand machte sich die Mühe, mir einen neuen oder auch nur die Ersatzteile zu schicken … Komm! Ausladen können wir später.«
    Sie folgte ihm.
    »Dan!« rief eine Stimme durch die Nacht. Es war die Stimme einer Frau, eines Mädchens.
    »Da ist sie«, sagte Dan. »Und willst du wissen, wie sie heißt? Tan. Nein, im Ernst, das ist ihr wirklicher Name. Dan und Tan. Wie gefällt dir das?«
    Tan trug ein langes, kaftanähnliches Kleid. Sie näherte sich zögernd, aber als Maya ihr beide Hände entgegenstreckte und sie an sich zog, um sie dann zu küssen, lachte sie hell wie ein Kind. Und so sah sie auch aus: Tan, die Kind-Frau. Ein Blütenstengel-Hals, ein wunderschönes Dreiecksgesicht, die Haare hochgebunden, die Augen so dunkel, schwimmend wie die eines Rehs.
    »Komm! Du Hunger … Komm, du essen …«
    Nachher, als sie am Tisch saßen, bei gewürzten Reisbällchen und Fischen, berührte sie Mayas Kopf: »Schönes Haar. So viel schönes Haar … Du bist die Tochter des großen Tuan … Alle kennen ihn. Alle reden von ihm … Morgen zeige ich dir die Tiere. Jetzt schlafen …«
    »Du auch?«
    »Ja.« Sie verschwand so lautlos wie ein Schatten.
    Sie saßen auf der Terrasse. Der Fluß funkelte im Licht. Dan Carpenter sog an seiner Zigarette.
    »Also, Dan, was ist?« fragte Maya nach einer Weile.
    »Wo soll ich anfangen? Es ist eine lange Geschichte. Und eine ziemlich miese dazu … Oder genauer: Es sind eine Menge mieser Geschichten. Aber beginnen wir bei der aktuellsten. Die erklärt so ziemlich

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