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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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glänzende Nadelstiche in Davids Gesicht bohrten. Sie traute Ägyptens hässlichem König nicht. Genauso wenig wie sie dem Arzt Reshef traute oder den anderen an diesem Hof. Gefahren umgaben sie hier überall. Wie sollte es ihr nur gelingen, mit David und Nobu den Ägyptern zu entkommen?
    »Das Ersuchen ist verständlich«, sagte Thutmosis. »Wir werden uns an die Götter wenden und Weisung erbitten.«
    Er deutete auf den Dolch, der um Davids nackten Arm geschnallt war. »Was hat es mit dieser Waffe auf sich?«
    »Sie ist ein Symbol vergangener Zeiten, Majestät«, sagte David so wahrheitsgemäß wie nötig.
    »Du bist kein Kämpfer?«
    »Ich kämpfe nicht, Majestät.«
    Thutmosis schlenkerte mit dem Handgelenk, worauf Reshef mit zwei Wachen neben die drei aus Ugarit trat, und nachdem der Pharao den Dolmetscher angewiesen hatte, das Folgende nicht zu übersetzen, besprach er sich mit dem Obersten Arzt Reshef.
    Als er geendet hatte, vollzog Reshef eine tiefe Verbeugung und forderte dann David, Leah und Nobu auf, das Gleiche zu tun und sich zurückzuziehen. In der Vorhalle dann ließ er ihnen durch den Dolmetscher mitteilen, dass sie für ihre Unterkunft die freie Wahl hätten. »Es stehen ausreichend Zimmer zur Verfügung. Sucht euch selbst aus, was euch genehm ist. Wir sind noch immer dabei, uns hier einzurichten, vieles liegt noch im Argen. Sobald Seine Majestät seine Minister bestimmt und einen verlässlichen Stab zusammengestellt hat, wird im Palast jedoch Ruhe und Ordnung einkehren und alles nach altbewährter ägyptischer Weise laufen. Wachen kann ich euch heute Nacht nicht stellen. Aber für die Sicherheit jedes Einzelnen hier drinnen ist gesorgt: Keiner kommt nachts hier herein und keiner hinaus. Mögen euch die Götter beschützen.« Damit ließ er die drei stehen und verschwand mit seinem Begleiter.
    Kaum war er außer Reichweite, wandte sich Leah an David: »Was hat der Pharao gesagt, was uns nicht übersetzt wurde?«
    »Er sagte, dass wir den Palast nicht verlassen dürfen. Dass wir Gefangene bleiben, bis Thutmosis Ugarit zerstört und seinen König zum Sklaven gemacht hat.« Er klopfte auf das Stilett an seinem Arm. »Deshalb habe ich ihm nicht die volle Wahrheit über meine Waffe erzählt. Für den Fall, dass sie gebraucht wird.«
     
    »Du hast gut daran getan, Meister«, sagte Nobu, als sie durch die vielen Gänge und Korridore hasteten, die den Eindruck vermittelten, der Palast von Megiddo sei ein riesiger Kaninchenbau, »den Ägyptern nicht zu verraten, dass du ihre Sprache beherrschst. Wirklich klug war das. Aber wie lange kannst du das geheim halten? Früher oder später werden sie merken, dass du verstehst, was sie untereinander besprechen, und dann sind wir geliefert!«
    »Bis es so weit ist, haben wir Megiddo hoffentlich längst den Rücken gekehrt, mein Freund.«
    »Ich traue den Ägyptern nicht«, murrte Nobu.
    »Ich auch nicht. Eins steht jedenfalls fest: Wir sind Kriegsgefangene.«
    Sie stießen auf leerstehende Räume und solche, in denen sich viele Menschen aufhielten. Und wie Reshef gewarnt hatte, war jede Tür, die nach draußen führte, versperrt und schwer bewacht. David aber gab nicht auf. Sie mussten fliehen.
    Als sie über eine lange Marmortreppe nach oben gelangten und David eine Tür aufstieß, fanden sich die drei unvermittelt auf dem Dach des Palasts wieder, unter dem Mond und den Sternen und inmitten eines üppigen Gartens mit Büschen, kleinen Bäumen, Blumen und einem plätschernden Springbrunnen. David begab sich schnurstracks zum Rand des Daches, wo in Hüfthöhe eine Mauer den Garten begrenzte und von wo aus er unten die Wachen sehen konnte, die den Palast umstanden.
    Er kam zu Leah und Nobu zurück. »Keine Chance. Fürs Erste sitzen wir hier fest.«
    »Ich werde einen Weg nach draußen ausfindig machen, Meister«, sagte Nobu und klopfte sich an die Brust. Keinem war mehr daran gelegen als ihm, schnellstmöglich nach Ugarit zurückzukehren.
    Und schon hastete er die Treppe wieder hinunter, so dass David und Leah zum ersten Mal seit ihrer hitzigen Auseinandersetzung im Palast von Ugarit wieder allein waren. Vier Jahre hatten sie sich nicht gesehen.
    Leahs Herz hatte einen freudigen Satz gemacht, als sie ihn heute erblickt hatte. Dann hatte die Angst um ihn alle anderen Gefühle fast erstickt. Jetzt aber, da sie ihm auf diesem kleinen Dachgarten gegenüberstand, war sie verlegen, wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Ich hatte so große Angst, dich nicht wiederzufinden«,

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