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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Gesicht herabschaute, murmelte er: »Tamar, Tamar, meine schöne und durchtriebene Tamar.«
    Sie kicherte geschmeichelt. Er strich ihr übers Haar, während ihre Hand unter seiner Tunika seine Schenkel liebkoste. Nichts fühlte sich so gut an wie der Körper eines Mannes. Sie konnte es nicht erwarten, seine Frau zu sein, ihn jede Nacht zu spüren.
    Er stützte sich auf einem Ellbogen auf und sagte ungewohnt ernst: »Bei Dagon, es tut mir leid, dir das sagen zu müssen. Aber es muss sein. Ich liebe dich, Tamar, aber heiraten kann ich dich nicht.«
    Sie zwinkerte.
    »Mein Vater hat mit Jotham enge geschäftliche Beziehungen. Seine Oliven und sein Öl werden mit Jothams Schiffen in die ganze Welt verschickt. Wenn ich ins Haus des Elias einheirate, wird Jotham nicht länger mit meinem Vater zusammenarbeiten.«
    Tamar rang nach Luft. »Du machst Witze!«
    Er setzte sich auf, seine Miene war bekümmert. »Dagon sei mir gnädig, aber ich kann nicht anders. Deine Schwester und dein Vater haben Jotham und Zira gekränkt. Und sie haben sich nicht dafür entschuldigt. Ganz Ugarit spricht davon.«
    »Dafür kann ich doch nichts! Ich liebe dich, Baruch.«
    »Und ich liebe dich.« Damit stand er auf und ordnete seine Kleidung. Verständnislos starrte Tamar den jungen Mann an, den sie anbetete, der durch ihre Träume geisterte, ihre Gedanken beherrschte, sie vor Verlangen erbeben ließ. Und der ihr soeben ihre Unschuld geraubt hatte.
    Halla! Was habe ich denn getan?
»Bitte«, hob sie an, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Es tut mir leid, Tamar. Dagon ist mein Zeuge, wie sehr es mir leidtut. Aber ich muss die Anordnungen meines Vaters befolgen. Ich darf dich nicht wiedersehen. Meine Mutter hat Vorkehrungen getroffen, dass ich eine Cousine in Ebla heirate. Ich breche noch vor Ablauf des Monats auf.«
    Er sank auf die Knie, umschloss mit den Händen impulsiv ihr Gesicht und sagte mit belegter Stimme: »Für eine Weile wird dein Kummer groß sein, aber mit der Zeit wirst du mich vergessen, Tamar. Schon weil andere Männer kommen und deinem Zauber erliegen werden.«
    Sie hielt den Atem an, gebannt von Baruchs eigenem überwältigenden Zauber. »Bei meinen Ahnen, liebste Tamar, schwöre ich, dass das, was ich sage, die Wahrheit ist. Du kannst es an meiner Stimme hören, in meinen Augen lesen. Du wirst es wissen, wenn du schläfst, wenn du träumst. Du bist schön, Tamar, auch wenn dir das noch keiner in deiner Familie gesagt hat. Weil du nicht als Knabe geboren wurdest, hältst du dich für minderwertig. Ich dagegen schwöre bei Dagon und Baal, dass du mehr als nur schön bist, Tamar. Du bist stark, stärker, als du meinst. Die Männer werden dir zu Füßen liegen. Reichtümer werden sie dir bieten. In deiner Hand wird die Welt zu einer köstlichen Frucht. Und Baruch wird in Vergessenheit geraten.«
    Er stand auf und wandte sich zum Gehen. Tamar verharrte kniend auf dem mit Laub bedeckten Boden und sah zu, wie der Geliebte mit seinen breiten Schultern, den kräftigen Schenkeln und dem aufrechten Gang durch den Olivenhain entschwand. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Was geschah hier gerade mit ihr? Wie konnte er sie verlassen?
    Tamar rang nach Atem. Die Worte, die er ihr zum Abschied gesagt hatte, brannten sich in ihr Gedächtnis ein. Dass sie stark war. Dass sie schön war. Wirklich? Werden mir die Männer tatsächlich zu Füßen liegen?
    Regungslos kniete Tamar unter dem Olivenbaum, zitterte noch vom Nachklang der Erregung und spürte gleichzeitig den frischen, unfassbaren Schmerz, der in ihr aufwallte. Sie war allein. Ja, sie war schön und begehrenswert für viele Männer. War das ein Trost?
    Nein, befand sie, hin- und hergerissen zwischen Traurigkeit und Wut. Ich will keine anderen Männer. Ich will Baruch. Und bei Asherah schwöre ich, dafür zu sorgen, dass er mich nicht verlässt. Ich werde alles daransetzen, dass Baruch seinem Vater die Stirn bietet und zu mir zurückkommt.

    Shemuel der Schreiber bewohnte mit seiner Ehefrau und einem Stab Bediensteter ein eigenes Haus. Er war ausschließlich für Elias tätig, da im Weingeschäft viel Schriftliches anfiel – Krüge und die Weine selbst mussten mit Etiketten versehen, Bestandsaufnahmen katalogisiert, Versanddokumente und Empfangsbestätigungen ausgestellt werden; ferner war Shemuel als Buchhalter tätig, als der er die vielen Konten von Elias zu führen und den Überblick darüber zu bewahren hatte, wer was schuldete und wer bezahlt werden musste; in die

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