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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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folgte David seinem Dienstherrn tiefer in den Lagerschuppen hinein, in dem erlesene Jahrgänge in Holzfässern darauf warteten, auf Flaschen gezogen und zur Verschiffung bereitgestellt zu werden. Obwohl er versuchte, Elias’ Ausführungen zu folgen, kreisten seine Gedanken nur um Leah. Sie hatte sich gestern Abend frühzeitig zurückgezogen und Kopfschmerzen vorgeschützt, um der Gesellschaft ihrer Großmutter oder ihren Schwestern zu entfliehen, die sicherlich gemerkt hätten, dass etwas nicht stimmte. David war die ganze Nacht über wütend und verstört auf dem Dach auf und ab gelaufen und hatte versucht, die Gefühle, die ihn nach den Ereignissen tagsüber umtrieben, in den Griff zu bekommen – erst die schwere Enttäuschung, die er bei der Bruderschaft erlebt, dann als er von Calebs und Tamars ungeheuerlichem Verhalten erfahren hatte. Was die beiden Letzteren betraf, wollte er sich, wie er Leah versprochen hatte, etwas einfallen lassen. Aber er hatte keine Lösung gefunden.
    Sollte er Elias von dem schamlosen Verhalten seines Schwiegersohns unterrichten?, überlegte er, während er zwischen den Weinfässern umherwanderte und Elias’ neuem Plan zur Rettung der Familienehre und des Weinhandels lauschte.
    Zur Abwicklung von Geschäften bedienten sich gestandene Kaufleute wie Elias und Jotham der Wechselstube, die neben dem Haus des Goldes lag. Hier boten Geldverleiher sichere Verwahrung von Gold und Silber an, hier konnten Kreditgeber und Händler Wechsel präsentieren und einlösen. Den Großteil des Vermögens bewahrte man aber stets bei sich zu Hause auf, wo man ein Auge darauf haben konnte.
    »Ich habe einen Mann ausfindig gemacht, der bereit ist, mit seinem Schiff meine Weine die Küste entlang bis hinüber nach Zypern zu bringen«, sagte Elias und blieb vor einem großen Weinfass stehen. »Außerdem vier Besitzer von Karawanen, die meine Weine nach Norden und Osten transportieren. Allerdings fordern sie Vorauszahlung, anstatt die Versandkosten vom Verkauf am Zielort abzuziehen. Darüber hinaus werde ich die letzten meiner Gläubiger bezahlen, um alle weiteren üblen Tricks von Jotham zu unterbinden.«
    Er wuchtete das Fass zur Seite. Auf dem Boden wurde eine hölzerne Falltür sichtbar. Er nahm eine brennende Fackel aus der Wandhalterung, ging in die Hocke und öffnete die Falltür, durch die eine Treppe hinunter in einen Keller führte. »Folge mir«, sagte er zu David.
    »Da ich bei der Wechselstube kein Geld mehr habe, muss ich jetzt mein persönliches Vermögen angreifen. Das ist zwar bitter, aber damit soll der Talfahrt, die Jotham ausgelöst hat, ein für alle Mal ein Ende bereitet werden. In diesem Kellergewölbe ist genug, um uns Jothams Drohung vom Halse zu schaffen, und es bleibt immer noch so viel, um …« Seine Stimme erstarb, als sie die letzte Stufe erreichten und die Fackel einen unterirdischen Raum erhellte.
    Der Raum war vollständig leer.
    David schaute sich verständnislos um, Elias stand wie versteinert da. Auf dem staubigen Fußboden zeichneten sich unverkennbar Rechtecke ab, wo einstmals Truhen gestanden haben mussten. Leere Regale zogen sich die Wände entlang, die eingelassenen Nischen waren ebenfalls leer.
    »Halla!
«, stieß Elias aus und ging tiefer in den Raum hinein. »Dagon beschütze uns! Was soll das? Erst vor einem Monat war ich hier unten, und da war dieses Gewölbe von oben bis unten gefüllt.« Mit weit aufgerissenen Augen starrte er fassungslos in die Leere. Wo waren die polierten Steine abgeblieben – Onyx, Achat, Karneol, Türkis? Wo die Juwelen, die sich seit Generationen in seiner Familie befanden, kunstvoll gefertigt aus Perlen, Kristall und Korallen? Die silbernen Vasen aus Babylon, die Teller aus feinstem Gold, eine hübsche mit Bernstein eingelegte Urne aus Malachit – unendlich kostbar!
    Eine Figurine aus Sumer

eine auf ihre Hinterläufe aufgerichtete Ziege beim Abknabbern der Blätter von einem Baum, alles aus purem Gold gefertigt und mit poliertem Lapislazuli überzogen. Eine goldene Statue von Damuzi aus Ur, die Augen Rubine, die Krone aus Elfenbein. Ein Bronzeschild aus einer berühmten Schlacht vor fast hundert Jahren, ein Schwert mit Edelsteinen am Griff.
    Tränen stiegen Elias in die Augen. Eine Sammlung von Kostbarkeiten, seit mehr als einem Jahrhundert zum Wohle kommender Generationen zusammengetragen.
    Alles verschwunden.
    »Herr«, sagte David, »wer außer dir wusste von diesem geheimen Gewölbe?« Aber noch ehe Elias antworten konnte,

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